RM Rudolf Müller
Geöltes Holz im Innenraum

Holz in Innenräumen wird meist geölt, gewachst, lasiert oder lackiert. Foto: Rainer Sturm / www.pixelio.de

Boden und Wand
27. Mai 2014 | Artikel teilen Artikel teilen

Ausdunstung: Holzpflegemittel für den Innenbereich

Chemische Holzschutzmittel sollten nur im Außenbereich zum Einsatz kommen. Gleichwohl findet man auch in Innenräumen nur selten Holzoberflächen, die völlig unbehandelt sind. In der Regel werden sie geölt, gewachst, lasiert oder lackiert. Die entsprechenden Produkte enthalten aber keine Biozide gegen Pilzbefall oder holzzerstörende Insekten. Trotzdem sollte man sich auch bei der Verwendung von Holzpflegemitteln für den Innenbereich vorab über mögliche Schadstoff-Emissionen informieren.

Holzoberflächen sind in Wohnbereichen weit verbreitet. Auch wer keinen Parkett- oder Dielenboden und auch keine Wand- oder Deckenbekleidungen aus Profilhölzern sein Eigen nennt, kommt meist noch auf eine Menge Holz. Man denke nur an die vielen Möbelstücke oder an Türen, Fenster und Treppen. Solche Flächen mit Holzschutzmitteln zu behandeln, die Wirkstoffe gegen Holzschädlinge enthalten, wäre unverantwortlich, weil die Biozide auch in die Raumluft gelangen und dort die Gesundheit der Bewohner schädigen können. Zudem ist ein Befall durch Holzschädlinge im Innenraum sehr unwahrscheinlich, die Verwendung von Holzschutzmitteln ist daher überflüssig.

Schutz vor Abnutzung

Es ist aber allgemein üblich, dass Holzoberflächen in Innenräumen mit Pflege- beziehungsweise Veredelungsmitteln behandelt werden. Das sind meist Öle, Wachs, Lasuren oder Lacke. Ziel dabei ist es, das Material unempfindlicher gegen Kratz- und Stoßbelastungen zu machen und einen gewissen Schutz vor Feuchtigkeit, etwa durch Spritzwasser, zu gewährleisten. Hinzu kommt die Erleichterung der Pflege. Wer schon einmal versucht hat, auf unbehandelten Holzflächen Staub zu wischen, weiß, wovon hier die Rede ist. Schließlich finden viele Menschen eine geölte oder lasierte Holzfläche auch einfach schöner als die unbehandelte Variante. Insbesondere bei weniger edlen Holzarten hat das auch nichts mit Geschmacksverirrung zu tun. Viele Hölzer werden erst durch Pflegemittel optisch veredelt.

VOC-Belastungen beachten

Aber auch, wenn Holzpflegemittel biozidfrei sind, so dünsten sie dennoch Stoffe aus, die unter dem Aspekt der Wohngesundheit problematisch sein können. Denn natürlich enthalten Holzlacke genauso wie normale Wandfarben Lösungsmittel, die beim Trocknen verdunsten, wodurch flüchtige organische Verbindungen (VOC) freigesetzt werden. Oder sie enthalten nur Wasser als Lösungsmittel, dafür aber andere bedenkliche Additive wie Konservierungsstoffe und Verdickungsmittel. Weitere Infos zu dieser Problematik findet Ihr auch in den Fachwissenbeiträgen VOC und Innenfarben. Letztlich enthalten alle Lacksorten VOC-Substanzen, die gesundheitlich bedenklich sein können. Und was für Lacke gilt, trifft grundsätzlich auch auf die Produktgruppe der Lasuren zu – wenn auch in etwas abgeschwächter Form, weil Lasuren in der Regel nur einen sehr dünnen Film auf der Holzoberfläche bilden.

Für Naturlacke gilt im Prinzip das gleiche, was im Fachwissenbeitrag Innenfarben bereits zu den Naturfarben gesagt wurde. Sie enthalten meist ätherische Öle als Lösungsmittel, die bei manchen Menschen ebenfalls Schleimhautreizungen und Allergien auslösen. Dasselbe Gefahrenpotenzial geht natürlich auch von Holzölen aus. Und auch bei Holzwachs kann man leider nicht grundsätzlich entwarnen. Denn auch wenn die Produkte mit so natürlichen Inhaltsstoffen wie Bienenwachs werben, so müssen sie doch trotzdem immer auch mit Lösungsmitteln versetzt werden, damit man sie überhaupt auf die Holzflächen auftragen kann.

Kein absoluter Schutz

Bunter Naturlack

Holzanstrich mit einem bunten Naturlack. Foto: Auro AG / www.auro.de

Kann sich der Endverbraucher also überhaupt vor potenziell gefährlichen Ausdünstungen aus Holzpflegemitteln schützen? Wie stets beim Thema Wohngesundheit gibt es keinen absoluten Schutz vor Schadstoffen, allein schon deshalb, weil für den einen Menschen schädlich sein kann, was für den anderen völlig ungefährlich ist. Es kommt eben immer auch auf die individuelle Sensitivität der Hausbewohner an. Man kann das Risiko aber erheblich minimieren, indem man auf Lacke, Lasuren, Wachse oder Öle setzt, deren Lösungsmittel zumindest allgemein als unbedenklich gelten. Die am Markt angebotenen Pflegemittel unterscheiden sich in Sachen Schadstoffgehalte erheblich. Es ist also wichtig, dass man sich vorab gut informiert.

Allgemeingültige Aussagen über die Gesundheitsverträglichkeit der Produkte sind aber aus den genannten Gründen unmöglich. Natürlich könnte man im Innenbereich auch ganz auf Pflegemittel verzichten und ausschließlich unbehandeltes Holz einsetzen. Aber auch das verspricht keine hundertprozentige Sicherheit. Denn Holz enthält auch selbst natürliche ätherische Öle, auf die manche Individuen allergisch reagieren. Letztlich ist die VOC-freie Luft also eine Illusion. Irgendwas verdunstet immer.

Sonderfall: Statisch tragende Holzbauteile

Wenn wir oben gesagt haben, dass der Einsatz von Holzschutzmitteln mit Bioziden in Innenräumen komplett überflüssig ist, müssen wir das an dieser Stelle etwas relativieren. Für statisch tragende Holzbauteile war nämlich die Behandlung mit Holzschutzmitteln früher sogar ausdrücklich in der Holzschutznorm DIN 68800 vorgeschrieben. Die für die Statik des Gebäudes wichtigen Bauteile sollten so sicher vor Zersetzung durch Insekten und Pilze geschützt werden. Das galt auch für freiliegende Dachbalken oder Dachsparren, die baulich nicht vom Innenraumbereich abgetrennt sind. Mehr noch: Bis in die 1980er Jahre hinein wurden tragende Gebäudeteile aus Holz – insbesondere im Fertighausbau – sogar größtenteils mit Holzschutzmittel behandelt, die Fungizide wie PCP und Insektizide wie Lindan enthielten. Beide Stoffe gelten heute als extrem giftig, ihr Einsatz ist mittlerweile verboten.

In der aktuellen DIN 68800 (zuletzt 2012 überarbeitet) sind Holzschutzmittel für tragende Holzbauteile nun nicht mehr grundsätzlich vorgeschrieben. Die Norm fordert vielmehr, dass auf chemische Holzschutzmittel im Innern von Wohngebäuden möglichst ganz verzichtet wird. Auch für tragende Bauteile hat nun der baulich-konstruktive Holzschutz Vorrang. Es sollen also alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um das Holz durch bauliche Maßnahmen vor Durchfeuchtung zu schützen beziehungsweise die Anfälligkeit der Konstruktionen von vorneherein zu minimieren – etwa durch die Verwendung widerstandsfähiger und möglichst gut getrockneter Hölzer. Aber in begründeten Ausnahmefällen können nach der DIN 68800 auch weiterhin Holzschutzmittel bei tragenden Holzbauteilen im Innenraumbereich zum Einsatz kommen.



Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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