Alternatives Flammschutzmittel: Polymer-FR schützt Styropor vor Feuer
HBCD (Hexabromcyclodecan) bietet aufgrund seines Bromanteils eine gute Flammschutzwirkung. Der Stoff unterbindet die Brennbarkeit von EPS (Markenname: Styropor) zwar nicht grundsätzlich, er sorgt aber dafür, dass das Polystyrol als „schwer entflammbar“ eingestuft werden kann (Baustoffklasse B1). Das Material bleibt zwar brennbar, aber die Entzündbarkeit wird verzögert, und das EPS brennt dank des Additivs auch nicht selbstständig weiter, wenn die Feuerquelle erloschen ist. In den letzten Jahren hat sich allerdings die Erkenntnis durchgesetzt, dass HBCD zwar seine Funktion als Flammen hemmende Substanz solide erfüllt, sich aber zugleich negativ auf Mensch und Umwelt auswirken kann.
Weltweites Verbot
Laut Umweltbundesamt ist HBCD ein Umweltgift, das sich stark in Organismen anreichert, im Verdacht steht, fortpflanzungsschädlich zu sein und außerdem sehr langlebig ist. Der Stoff verteile sich über weite Entfernungen und reichere sich sogar weitab industrieller Aktivitäten an. Selbst in arktischen Regionen, wo weit und breit kein HBCD hergestellt wird, sei der Stoff bereits nachgewiesen worden.
Seit 2008 wird das Flammschutzmittel daher im Anhang der REACH-Verordnung als besonders besorgniserregender PBT-Stoff gelistet. Die Abkürzung PBT steht für persistent (schwer abbaubar), bioakkumulativ (Anreicherung in Lebewesen) und toxisch (giftig) – eine gefährliche Mischung von Eigenschaften also. Allerdings ist HBCD nicht so giftig, dass es für den Menschen unmittelbar gesundheitsschädigend wäre. Die Gefahr liegt eher darin, dass sich über längere Zeiträume allmählich eine höhere HBCD-Konzentration im Körper anreichert. Auch deshalb haben die Vereinten Nationen (UN) 2013 eine Regelung für das Verbot von HBCD erlassen. Ab dem 21.08.2015 soll demnach weltweit Schluss sein mit der Herstellung, Verarbeitung und Vermarktung des Flammschutzmittels.
Geringe Ausgasung
Dass der Stoff HBCD grundsätzlich giftig ist, gilt heute als unbestritten. Eine andere Frage ist es, ob von den EPS-Dämmstoffen, die das Flammschutzmittel enthalten, eine Gefahr ausgeht. Der Industrieverband Hartschaum (IVH) – Dachverband der führenden Hersteller von Dämmstoffprodukten aus EPS im deutschsprachigen Raum – verweist auf Untersuchungen und Prüfungen der TU München, des Instituts für Bauphysik der Fraunhofergesellschaft und des Forschungsinstitutes für Wärmeschutz e.V. (FIW): Diese würden belegen, dass HBCD aus EPS weder ausgast noch ausgewaschen wird. Überhaupt betrage der Anteil des Flammschutzmittels am Dämmstoff nur etwa 0,7 Gewichts-Prozent.
Das Umweltbundesamt vertritt eine ähnliche Ansicht. In einem aktuellen Hintergrund-Dossier der Behörde zu HBCD (Februar 2014) heißt es: „Auch wer in einem Haus mit HBCD-haltigen Dämmplatten wohnt, muss nach heutigem Kenntnisstand bei fachgerechter Anwendung keine negativen Effekte auf seine Gesundheit befürchten, da in der Nutzungsphase nur wenig HBCD aus den Platten austritt, das über die Luft oder den Hausstaub von den Bewohnern aufgenommen werden könnte.“ Auch durch die Entsorgung kommt es laut der Hintergrund-Broschüre zu keiner Belastung für Mensch und Umwelt: „Die HBCD-haltigen Dämmstoffe werden verbrannt und dabei zur Wärmeerzeugung genutzt (thermische Verwertung der Dämmstoffe). Dabei wird das HBCD zerstört und das enthaltene Brom als Salz in der Abgasreinigung aufgefangen.“
Alternative Polymer-FR
Gleichwohl hat die Industrie in Deutschland die Umstellung auf ein alternatives Flammschutzmittel frühzeitig vorangetrieben. Im Oktober 2013 haben Verschiedene Verbände eine Absichtserklärung seiner Mitglieder zur Umstellung von HBCD auf das Flammschutzmittel Polymer-FR bis 2014 herausgegeben. Das neue Mittel wurde vor einigen Jahren vom amerikanischen Chemiekonzern Dow entwickelt. Die Abkürzung FR steht für „flame-retardant“ (Flammen hemmend). Bereits heute werden EPS-Dämmstoffe mit Polymer-FR produziert, bis Ende 2014 soll die Umstellung gänzlich abgeschlossen sein.
Auch bei der neuen Alternative spielt Brom als Wirkstoff eine wichtige Rolle. Es handelt sich um ein bromiertes Polymer, also um einen Kunststoff mit Bromzusatz, der nach Aussage der Hersteller die REACH-Kriterien erfüllt, da er nicht giftig sei und sich auch nicht in Organismen anreichert. Bei der fertigen EPS-Dämmplatte macht das neue Flammschutzmittel etwa 1% des Gesamtgewichtes aus und hat damit insgesamt deutlich bessere Umwelteigenschaften als HBCD – bei gleicher Wirkung.