Was ist ein „Drei-Liter-Haus“?
Der Bedarf eines Hauses an Heizenergie wird meist in Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr angegeben (kWh/(m²*a) – dieselbe Einheit, in der man auch den Stromverbrauch abrechnet. Das ist praktisch, weil man so den jährlichen Mengenverbrauch unterschiedlicher Energiequellen – Strom, Gas, Öl – direkt miteinander vergleichen kann. Allerdings wird der Verbrauch von Gas eigentlich in Kubikmeter gemessen, und der von Öl in Litern. Die Werte rechnet man erst in einem zweiten Schritt in Kilowattstunden um. So entspricht 1 Liter Heizöl pro Quadratmeter und Jahr etwa 10 kWh/(m²*a).
Natürlich funktioniert die Umrechnung auch anders herum: Ein Ölverbrauch von 30 kWh/(m²*a) entspricht 3 l/(m²*a). Daher leitet sich der Begriff „Drei-Liter-Haus“ ab. Ein solches Gebäude verbraucht pro Jahr und Quadratmeter eben maximal den Heizwert von 3 Litern Öl. Es bleibt damit knapp unter 30 kWh/(m²*a), wobei die Stromkosten für die Heiztechnik (z. B. Brenner, Regelung, Wärmepumpe) mit eingerechnet werden. Vergleicht man den Gebäudetypus mit anderen Energiesparhäusern, so lässt sich sagen: Ein Drei-Liter-Haus verbraucht einerseits noch weniger Heizenergie als ein KfW-Effizienzhaus 40, andererseits aber mehr als ein Passivhaus.
Flexibles Niedrigenergie-Konzept
Beim Drei-Liter-Haus handelt es sich um einen Niedrigenergiestandard für Gebäude, den das Fraunhofer-Institut für Bauphysik Ende der 1990er-Jahre entwickelt hat. Kurz darauf ließ das Institut in Zusammenarbeit mit 50 Industriepartnern erste Modellobjekte im niedersächsischen Celle errichten, wo eine Siedlung mit insgesamt elf Drei-Liter-Häusern enstand. Von Anfang an wurde darauf Wert gelegt, dass der neue Niedrigenergie-Gebäudestandard nicht an eine bestimmte Bauweise gekoppelt ist. Stattdessen wollte man in Sachen Bau- und Haustechnik möglichst flexibel bleiben und eine individuelle Architektur zulassen.
Unter den elf Celler Häusern finden sich zum Beispiel sowohl traditionelle Ziegel-Massivbauten als auch Gebäude in Holztafelbauweise. Ebenso vielfältig ist die verwendete Heiztechnik: Das Spektrum reicht hier von normalen Brennwertkesseln über Wärmepumpen bis hin zu Holzpelletöfen. Selbst beim Thema Lüftung schreibt das Konzept grundsätzlich nichts fest. In Celle gibt es sowohl Häuser mit automatischer Lüftungsanlage inklusive Wärmerückgewinnung als auch solche, die ganz traditionell über die Fenster belüftet werden. Beim Drei-Liter-Haus ist also im Prinzip alles erlaubt, vorausgesetzt der Heizwärmeverbrauch bleibt am Ende unter 30 kWh/(m²*a). Zum Vergleich: In den meisten „normalen“ Wohnhäusern liegt der Heizwärmeverbrauch auch heute noch über 100 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr.