
Bisher nur ein Prototyp: Die neue Wärmepumpe arbeitet mit dem Kältemittel Propan. Foto: Fraunhofer ISE
Fraunhofer: Klimafreundlichere Wärmepumpe
Eigentlich ist die Wärmepumpe bereits eine ziemlich klimafreundliche Technologie zur Erzeugung von Heizwärme. Doch die heutigen Geräte haben noch Schwachstellen. Sie nutzen nämlich überwiegend Kältemittel mit umweltschädlichen Treibhausgasen. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat deshalb nun eine noch klimafreundlichere Alternative entwickelt. Der neue Wärmepumpen-Prototyp (Arbeitsname: LC150) nutzt das natürliche Gas Propan als Kältemittel.
Heizen mit Wärmepumpe bedeutet Heizen mit Umweltwärme. Dabei entstehen deutlich weniger klimaschädliche Treibhausgase als bei der Wärmeerzeugung mit Erdgas oder gar Heizöl. Schaut man auf den gesamten bundesdeutschen Wohnungsbestand, sind Wärmepumpen bisher aber noch ein Nischenprodukt. Anders sieht es beim Wohnungsneubau aus. Hier betrug der Marktanteil 2018 bereits knapp 44 % – Tendenz steigend (siehe Grafik des Bundesverbands Wärmepumpe).
Laut dem jüngsten Heizspiegel der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft co2online emittiert eine mit Öl befeuerte Heizung pro Kilowattstunde (kWh) erzeugter Heizwärme kritische Klimagase im Umfang von 319 g CO2-Äquivalenten. Bei Erdgas sind es 250 g/kWh, bei Wärmepumpen dagegen nur 170 g/kWh. Deutlich weniger, aber eigentlich immer noch zu viel.
Wärmepumpen und Treibhausgase

Im Wohnungsneubau hat die Wärmepumpe die Gasheizung bereits überrundet. Grafik: bwp
Woher stammen die Treibhausgas-Emissionen, die auch bei der Wärmepumpe entstehen? Die Technologie zapft die Wärme der Sonne an, die in der Erde, im Grundwasser oder in der Außenluft gespeichert ist und nutzt diese für die Gebäudeheizung oder die Warmwasserbereitung. Das klingt zunächst einmal sehr klimaneutral.
Aber damit eine Wärmepumpe überhaupt läuft, benötigt sie Strom. Stammt dieser aus regenerativen Quellen – zum Beispiel aus Photovoltaik-Modulen (Sonnenenergie) oder aus Windkraftanlagen – dann bleibt in Sachen Klima alles vorbildlich. Aber in Deutschland wird eben nach wie vor noch viel Strom aus der Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle und Erdgas gewonnen. Fließt solcher Strom in die Wärmepumpe, belastet er deren CO2-Bilanz. Immerhin: Das Problem mit der Stromerzeugung wird sich größtenteils von selber lösen, wenn Deutschland wie geplant bis 2038 aus der Kohleverstromung aussteigt. Hausbesitzer haben zudem die Möglichkeit, ihren Wärmepumpenstrom bereits heute über eigene Solarmodule zu beziehen.
Doch es gibt ein weiteres Problem: Die heutigen Wärmepumpen nutzen nämlich noch überwiegend Kältemittel mit umweltschädlichen Treibhausgasen. Diese Tatsache wirkt sich natürlich wiederum negativ auf die CO2-Bilanz aus. Dabei handelt es sich nicht nur um einen kleinen Schönheitsfehler der Technologie, den man ignorieren könnte, sondern um eine reale Herausforderung für die Branche. Die Hersteller müssen in absehbarer Zeit Wärmepumpen mit klimafreundlicheren Kältemitteln auf den Markt bringen, weil es für die bisherigen Substanzen zunehmend Verwendungsverbote gibt.
Die EU-Verordnung Nr. 517/2014 über fluorierte Treibhausgase schreibt nämlich unter anderem auch eine kontinuierliche Reduktion des klimaschädlichen Potenzials von Kältemitteln vor. Ziel der Gesetzgebung ist es, die Emissionen von Kältemitteln bis 2030 um 70 % gegenüber 1990 zu reduzieren. Anfang 2020 sind erste Verwendungsverbote für Kältemittel in Kraft getreten. Sie betreffen zwar bisher nur besonders kritische Substanzen, deren „Global Warming Potential“ (GWP) das 2.500-fache von CO2 (GWP-Wert 1) übersteigen. Doch der zulässige Wert wird von nun an Jahr für Jahr sinken. Dadurch werden schon bald weitere Kältemittel verboten.
Propan als Kältemittel
In dieser Situation kommt die Neuentwicklung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE natürlich zur richtigen Zeit. Ihre Erdwärmepumpe – man spricht auch von einer Sole/Wasser-Wärmepumpe – nutzt als Kältemittel das natürliche Gas Propan. Dessen Treibhauspotenzial ist nach Angaben der Fraunhofer-Forscher rund 500-mal niedriger als das herkömmlicher Kältemittel. Das GWP von Propan liegt nur bei einem Wert von 3, zudem ist das Gas weltweit kostengünstig verfügbar und als Kältemittel sehr leistungsfähig. Der Prototyp der neuen Wärmepumpe soll bei gleicher Leistung nur ein Viertel der Kältemittelmenge benötigen wie die bisher marktverfügbaren Systeme.
Ein weiterer entscheidender Vorteil des Fraunhofer-Prototyps: Eine auf dieser Entwicklung aufbauende Propan-Wärmepumpe wäre nach Angaben der Forscher die erste dieser Art in Deutschland, die ohne zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen in Innenräumen von Wohngebäuden aufgestellt werden darf. Dieser Punkt ist vielleicht das Revolutionärste an dem Prototyp. Denn Wärmepumpen, die mit Propan arbeiten, gibt es schon seit einiger Zeit, sie dürfen nur meist nicht im Gebäudebereich stehen, weil Propan brennbar ist.
Geeignet für Innenräume
Herkömmliche Wärmepumpen mit Propan als Kältemittel können nach Angaben des Fraunhofer ISE nur mit hohen, kostenaufwändigen Sicherheitsanforderungen auch in Innenräumen installiert werden. Das gilt zumindest, wenn sie mehr als 150 g Kältemittel benötigen. Für das Beheizen eines Einfamilienhauses sind aber meist Anlagendimensionen notwendig, bei denen die angegebene Höchstmenge nicht ausreicht.
Hier punktet die Neuentwicklung des Fraunhofer ISE, denn das Gerät erreicht mit 150 g Propan bereits rund acht Kilowatt Heizleistung und wäre so auch ohne zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen für eine Aufstellung im Inneren von Häusern einsetzbar. Für ein Einfamilienhaus benötigt man nämlich in der Regel 5–10 Kilowatt Heizleistung. Die bisher am Markt verfügbaren Propan-Wärmepumpen benötigen dagegen nach Angaben der Fraunhofer-Forscher schon mehr als 150 g Kältemittel für eine Leistung von nur etwa 2 Kilowatt. Deshalb sind sie aus Sicherheitsgründen meist nur außen aufstellbar.
Weitere Optimierungen geplant

Das Kältemittel befindet sich im Verdampfer der Wärmepumpe. Grafik: bwp
Für den Prototyp verwendeten die Wissenschaftler des Fraunhofer ISE marktverfügbare Komponenten. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor war der Einsatz asymmetrischer Platten-Wärmetauscher. Diese kommen aufgrund ihrer Bauweise mit weniger Kältemittel aus. Außerdem konnte der Kältemittelbedarf durch eine reduzierte Ölmenge im Verdichter (Kompressor) deutlich verringert werden.
Nun will das Team um Dr.-Ing. Lena Schnabel, Abteilungsleiterin Wärme- und Kältetechnik, Kompressionstechnik am Fraunhofer ISE, den Prototyp weiter optimieren und Industriepartner für eine breite Umsetzung am deutschen und europäischen Markt gewinnen. Auf der Aufgabenliste stehen etwa die Erhöhung der Effizienz und die Entwicklung eines serientauglichen Designs. Am Ende soll ein kompaktes, kostengünstiges System stehen, das standardisiert ist und den unterschiedlichen nationalen Sicherheitsanforderungen genügt.
Exkurs: Funktion der Kältemittel
In Wärmepumpen haben Kältemittel wie etwa Butan oder Fluorkohlenwasserstoffe eine zentrale Funktion. Sie sorgen dafür, dass die beispielsweise aus dem Erdreich oder dem Grundwasser gewonnene Umweltwärme, deren Temperatur meist nur bei etwa 10 °C liegt, auf ein Niveau angehoben wird, mit dem man Gebäude tatsächlich beheizen kann.
Kältemittel sind extrem flüchtige Stoffe, die bereits bei geringen Temperaturerhöhungen verdampfen und dabei Wärme aufnehmen sowie bei erhöhtem Druck effektiv Wärme abgeben können. Diese Eigenschaften macht man sich für Wärmepumpen zunutze. Deren Kältemittel befindet sich in einem Rohrkreislauf – dem so genannten Verdampfer. Über einen Wärmetauscher gelangt die angezapfte Umweltwärme in den Verdampfer der Wärmepumpe und bringt dort das Kältemittel zum Verdampfen.
Der Dampf wird anschließend zum Verdichter weitergeleitet, dem zentralen technischen Bestandteil der Wärmepumpe. Dort wird die gasförmige Substanz wieder stark verdichtet, und als Folge davon erhöht sie ihre Temperatur so weit, dass es für Heizzwecke reicht. Über einen weiteren Wärmetauscher gibt das erwärmte Kältemittelgas einen Großteil der aufgenommenen Wärme an den mit Wasser gefüllten Heizkreislauf des Hauses ab. Dadurch kühlt es ab, kondensiert und fließt im flüssigen Zustand wieder zurück in den Verdampfer, wo der Kreislauf erneut beginnen kann.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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