
Luft-Wasser-Wärmepumpe zur Außenaufstellung bei einem Bestandsgebäude. Foto: BWP
Wärmepumpen in Bestandsgebäuden?
Bei Neubauten entscheiden sich in Deutschland mittlerweile fast die Hälfte aller Gebäudeeigentümer für eine Wärmepumpe. Doch sind die Anlagen auch für Altbauten effizient einsetzbar? Genau dieser Frage ist das Fraunhofer ISE in einem Feldtest nachgegangen.
Heizen mit Wärmepumpen ist eine nachhaltige Angelegenheit. Die Anlagen zapfen nämlich die Sonnenenergie an, die in der Erde, im Grundwasser oder in der Außenluft als Wärme gespeichert ist und nutzen diese Umweltwärme für die Gebäudeheizung und Warmwasserbereitung. Im Neubaubereich hat diese Technik bereits viele Freunde. Im Jahr 2019 entschieden sich 46 % der Bauherren für eine Wärmepumpe. Im Bestand findet man die Anlagen naturgemäß noch deutlich seltener.
Feldtest „WPsmart im Bestand“

Luft-Wärmepumpe mit Ansaug-und Abluftschacht in der Gebäudehülle.
Ein aktuelles Forschungsprojekt des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE kommt aber zu dem Ergebnis, dass Wärmepumpen auch in Bestandsgebäuden zuverlässig funktionieren und ökologisch vorteilhaft sind. Für den Feldtest „WPsmart im Bestand“ untersuchten die Forschenden 56 bestehende Gebäude – überwiegend Einfamilienhäuser – mit elektrisch angetriebenen Wärmepumpen. Im Abschlussbericht heißt es: „Die Analyse der Gebäude hat gezeigt, dass keine Komplettsanierung auf einen energetischen Neubaustandard notwendig ist, um Wärmepumpen zweckmäßig zu betreiben“.
32 der untersuchten Anlagen waren Wärmepumpen mit der Wärmequelle Außenluft, die zur Raumheizung und Trinkwassererwärmung eingesetzt wurden. Neun Systeme verwendeten zwei Wärmepumpengeräte parallel: ein mit Außenluft betriebenes zur Raumheizung und eines mit der Wärmequelle Raumluft für Warmwasser. Ferner waren 13 der Wärmepumpen an Erdwärmesonden und zwei weitere an einen Eisspeicher angeschlossen.
Die im Projekt untersuchten Häuser waren zwischen 15 und 170 Jahre alt. Da sie im Laufe der Zeit in sehr unterschiedlichem Ausmaß saniert wurden, wiesen die Gebäudehüllen auch sehr unterschiedliche Dämmstandards auf. Der witterungsbereinigte spezifische Heizwärmeverbrauch reichte von 50 Kilowattstunden bis hin zu 250 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr.
Wenig Störungen – ausreichend Wärme
Das Monitoring-Projekt lief über fünf Jahre bis Mitte 2019. In dieser Zeit liefen die untersuchten Geräte meist einwandfrei – es kam nur selten zu Störungen. Trotz der enormen Unterschiede beim energetischen Zustand der Gebäudehüllen lieferten die Wärmepumpen meist überall genügend Wärme.
Das belegen auch die Energieverbräuche der Elektroheizstäbe, die bei besonders kalten Temperaturen die Wärmepumpe unterstützen sollen. Bei den mit Elektroheizstab ausgestatteten 24 Außenluft-Wärmepumpen betrug der Anteil der Heizstabsarbeit am gesamten Energieverbrauch lediglich 1,9 %. Unter den zwölf Erdreich-Wärmepumpen mit zusätzlichen Elektroheizstäben gab es nur zwei Anlagen, bei denen diese überhaupt zum Einsatz kamen.
Nach Angaben des Fraunhofer ISE wurde ein relevanter Heizstabbetrieb lediglich infolge falscher Parametrierung, bei Defekten oder infolge von Legionellen-Vermeidung gemessen. „Offensichtliche Fehler bei der Installation oder Parametrierung der Regler traten im Vergleich zu früheren Feldtests deutlich seltener auf“, berichtet Dr. Marek Miara, Koordinator Wärmepumpen am Fraunhofer ISE. „Dies ist auch auf den Zuwachs von Know-how bei Herstellern und Installateuren in den letzten zehn bis 15 Jahren zurückzuführen.
Bestimmung der Jahresarbeitszahl

Wärmepumpen nutzen Umweltwärme für Gebäudeheizung oder Warmwasser.
Als Maßstab für die Effizienz der Wärmepumpen bestimmte das Fraunhofer ISE für jede Anlage die so genannte Jahresarbeitszahl (JAZ). Dabei handelt es sich um den Quotienten aus der jährlich erzeugten Wärmemenge und dem notwendigen Stromeinsatz zum Betrieb des Geräts – also um das Verhältnis von ab- und zugeführter Energie des Systems. Die JAZ sagt damit auch etwas über die Umweltfreundlichkeit der Anlagen aus.
Im Zeitraum Juli 2018 bis Juni 2019 etwa analysierte das Institut die JAZ von 29 Außenluft-Wärmepumpen zur Raumheizung und Trinkwassererwärmung. Die Anlagen erreichten Jahresarbeitszahlen von 2,5 bis 3,8. Der Mittelwert lag bei 3,1. Bei zwölf Erdreich-Wärmepumpen ermittelten die Forschenden im selben Zeitraum JAZ-Werte zwischen 3,3 und 4,7, der Mittelwert lag bei 4,1.
Generell gilt: Je höher die JAZ, umso effektiver arbeitet die Wärmepumpe. Die im Feldtest ermittelten Werte kann man als „ganz okay“, wenngleich keineswegs als überragend einordnen. Als effizient werden Wärmepumpen häufig bezeichnet, wenn die JAZ im Bereich 3,0 bis 4,5 liegt. Ein Beispiel: Über das Programm „Heizen mit Erneuerbaren Energien“ gewährt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) finanzielle Zuschüsse für die Errichtung von Luft-Wärmepumpen im Gebäudebestand – allerdings erst ab einer Jahresarbeitszahl von 3,5.
Vorlauftemperaturen geringer als erwartet
Die maximal zur Raumbeheizung erforderlichen Vorlauftemperaturen lagen für die Außenluft-Wärmepumpen im Mittel bei knapp 44 °C, bei den Erdreich- Wärmepumpen waren es etwas über 45 °C. Unter der Vorlauftemperatur versteht man die Temperatur, auf die das Heizwasser erwärmt werden muss, damit die Heizanlage die gewünschte Wärmemenge liefert. Nach Angaben des Fraunhofer ISE waren die gemessenen maximalen Vorlauftemperaturen in den untersuchten Bestandsgebäuden geringer als erwartet.
Wenn hohe Vorlauftemperaturen notwendig werden, erhöht sich der Strombedarf des Wärmepumpen-Verdichters, und die Effizienz der Anlage nimmt ab. Allerdings ist der Effekt vernachlässigbar, wenn die Maximaltemperaturen im Jahresverlauf nur selten notwendig werden. „Im Bestandsgebäudebereich werden oft die erforderlichen Heizkreistemperaturen bei sehr geringen Außentemperaturen um minus zwölf bis minus 16 °C diskutiert“, erläutert Dr. Marek Miara. „So bitterkalte Tage treten jedoch nur äußerst selten auf. Die seltenen Extreme fallen daher in der Jahresbilanz kaum ins Gewicht.“
Kein Selbstläufer
Trotzdem sei die Nutzung von Wärmepumpen im Gebäudebestand kein Selbstläufer – heißt es aus dem Fraunhofer ISE. „Ein erfolgreicher Betrieb hängt nicht nur von der Qualität und Effizienz der Wärmepumpe ab, sondern vor allem auch von äußeren Faktoren wie dem energetischen Niveau des Gebäudes und dem installierten Wärmeübergabesystem“, erklärt Miara. Die Effizienz des Gesamtsystems hängt also nicht nur vom Wärmeerzeuger ab, sondern auch von der Effizienz der Heizrohre, Heizkörper oder Flächenheizungssysteme sowie vom Dämmzustand der Gebäudehülle.
Das Alter des Gebäudes allein ist dagegen nach den im Feldtest erhobenen Daten nicht relevant für den erfolgreichen Betrieb von Wärmepumpen. Auch ein Umstieg auf Flächenheizsysteme ist offenbar nicht zwangsläufig erforderlich. Das Fraunhofer ISE verweist hier darauf, dass auf dem Markt inzwischen auch Heizkörper angeboten würden, die wesentlich geringere Heizkreistemperaturen benötigen. „Der Gesamterfolg hängt von einer guten Planung und sorgfältigen Installation ab“, resümiert Dr. Marek Miara.
Vermeidung von CO2-Emissionen
Klimafreundlicher als fossile Heizungen sind die untersuchten Wärmepumpen allemal. Im Jahr 2018 lagen die auf Basis der Messungen errechneten Kohlendioxid-Emissionen der vermessenen Außenluft-Wärmepumpen um 19 bis 47 % niedriger als dies bei Wärmeversorgung der gleichen Gebäude mit Gas-Brennwertheizungen der Fall gewesen wäre. Bei den Erdsonde-Wärmepumpen waren die entsprechenden Werte sogar bis zu 57 % niedriger.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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