RM Rudolf Müller
U-förmige Röhrensiphons sind der Klassiker unter den Geruchsverschlüssen. Foto: christiaaane / www.pixelio.de

U-förmige Röhrensiphons sind der Klassiker unter den Geruchsverschlüssen. Foto: christiaaane / www.pixelio.de

Entwässerung
22. März 2018 | Artikel teilen Artikel teilen

Geruchsverschluss: Wie funktioniert ein Siphon?

In der Kanalisation stinkt es. Kanalarbeiter können ein Lied davon singen. Erstaunlich ist das natürlich nicht: Wo Abwasser aus Millionen von Haushalten zusammenfließt, sind üble Gerüche vorprogrammiert. Erstaunlicher ist es dagegen, dass es in Badezimmern und Küchen normalerweise nicht nach Kanalisation riecht. Verantwortlich dafür ist eine einfache, aber geniale Erfindung: der Siphon.

Wasser-Ablaufstellen gibt es in jedem Gebäude, in dem Menschen leben oder arbeiten. Am häufigsten findet man sie im Bad (Badewanne, Dusche, Waschbecken, WC) und in der Küche (Spüle, Geschirrspüler). Nicht zu vergessen die häusliche Waschmaschine. All diese Geräte und Sanitärmöbel sind über Hausabflussrohre und die Grundleitung an den kommunalen Abwasserkanal angeschlossen. Die Verbindung zwischen Wasser-Ablaufstellen und der Kanalisation erfolgt über Abwasserrohre.

Zum Wesen von Rohren gehört es, dass sie innen hohl sind. Abwasserrohre sind zudem dauerhaft durchlässig, sie werden ja nicht erst „geöffnet“, wenn Abwasser anfällt. Zwischen Kanalisation und den unterschiedlichen Wasserablaufstellen im Haushalt gibt es also offene Rohrverbindungen. Man kann daher schon die Frage stellen: Warum eigentlich gelangen schlechte Gerüche aus der Kanalisation nur selten über die Abwasserrohre in unsere  Haushalte?

Funktionsprinzip von Siphons

Die Antwort führt uns zu den speziell geformten Verbindungsrohren direkt unterhalb der Ablaufstellen. Der Klassiker ist hier das U-förmige Rohrsystem aus Metall oder Kunststoff direkt unterhalb von Waschbecken. Ein solches Gebilde bezeichnet man als Röhrensiphon. Wobei nicht alle Siphons U-förmig sind. Charakteristisch für diesen Rohrtypus ist vielmehr etwas anderes: Bei einem Siphon bleibt – konstruktionsbedingt – stets ein Teil des Rohres dauerhaft mit Wasser gefüllt.

Beim U-förmigen Röhrensiphon betrifft das den untersten Teilbereich des Rohres. Fließt Wasser in das Waschbecken, so gelangt es durch das Rohrgefälle zunächst in diese untere Biegung. Dahinter steigt das Rohr wieder steil nach oben an. Diesen Anstieg kann die Flüssigkeit nur bewältigen, solange der Wasserdruck von „hinten“ hoch ist. Verschließt man den Wasserhahn, dann lässt der Druck abrupt nach und ist schnell so gering, dass ein Teil der Wassermenge in der unteren Biegung verbleibt. Den Anstieg hin zum eigentlichen Abwasserrohr schafft dieser verbleibende Rest nicht mehr, da ihm der Anschub durch nachströmende Flüssigkeit fehlt.

Weil das untere Rohrteil des U-förmigen Siphons durchweg gebogen ist, also nirgendwo waagerecht zum Boden verläuft, sammelt sich das gesamte Restwasser automatisch am untersten Punkt und verschließt dort das Rohr über seinen gesamten Durchmesser. Es ist dieser Wasser-„Propfen“, der zuverlässig verhindert, dass Gerüche aus der Kanalisation in das Gebäude eindringen. Das im Rohr verbliebene Wasser ist ein Geruchsverschluss, der übel riechende Gase effektiv abhält .

Verschiedene Siphonarten

Moderne Waschtische mit Flaschensiphon. Foto: Kaldewei

Moderne Waschtische mit Flaschensiphon. Foto: Kaldewei

Wie oben bereits angedeutet, gibt es neben dem U-förmigen Röhrensiphon auch noch andere Siphonarten. Allen Konstruktionsvarianten gemeinsam ist, dass es sich um Rohrsysteme handelt, bei denen ein Teilbereich dauerhaft mit Sperrwasser gefüllt ist, sodass ein Geruchsverschluss entsteht.

Eine Alternative zum Röhrensiphon ist der so genannte Flaschensiphon. Er kommt zum Beispiel bei Waschbecken zum Einsatz, die nur eine geringe Bautiefe haben, sodass zu wenig Platz für ein U-Rohr ist. Manchmal wird er aber auch einfach aus optischen Gründen verwendet, weil er schicker und moderner aussieht als ein herkömmlicher Röhrensiphon.

Das Prinzip des Flaschensiphons: Von der Ablaufstelle führt ein kurzes Rohr senkrecht nach unten – direkt in einen flaschenförmigen Behälter. Erst wenn die Flasche gefüllt ist und sozusagen „überläuft“, fließt das Wasser durch ein anderes Rohr ab, das senkrecht an den oberen Rand des Behälters angeschlossen ist. Im Vergleich zum Röhrensiphon hat diese Variante den Nachteil, dass sie häufiger gereinigt werden muss, weil sich der Flaschenbehälter relativ schnell mit Sinkstoffen zusetzen kann.

Eine Variante des Flaschensiphons ist der so genannte Tassensiphon. Der Unterscheid ist, dass der Überlaufbehälter hier deutlich flacher ist. Tassensiphons kommen zum Beispiel bei bodengleichen Duschen zum Einsatz. Auch moderne WCs mit Wasserspülung enthalten Siphons zur Geruchsvermeidung. Blickt man in die Kloschüssel hinein, sieht man ja direkt das Sperrwasser. Was man in der Regel nicht sieht, ist der Verlauf der Siphonrohre, da diese hinter der WC-Verkleidung verborgen sind.


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Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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