RM Rudolf Müller
Hausbesitzer könnten ihre Immobilie besser gegen Starkregen schützen, doch es mangelt an Informationen und finanzieller Unterstützung. Foto: Pixabay

Hausbesitzer könnten ihre Immobilie besser gegen Starkregen schützen, doch es mangelt an Informationen und finanzieller Unterstützung. Foto: Pixabay

Entwässerung
12. Juli 2018 | Artikel teilen Artikel teilen

Entwässerung: Neue Starkregen-Studie

Der Klimawandel sorgt auch in unseren Breitengraden seit einigen Jahren für eine spürbare Zunahme von Starkregenereignissen. In der Regel sind Städte und Gemeinden und ihre Entwässerungseinrichtungen darauf ungenügend vorbereitet. Zu diesem Ergebnis kommt die im Mai 2018 veröffentlichte Studie „Starkregen – Urbane Sturzfluten 4.0“. Sie fordert unter anderem die Erstellung von lokalen Risikokarten.

„Starkregen ist enorm gefährlich“, sagt Prof. Wolfgang Günthert vom Institut für Wasserwesen der Universität der Bundeswehr in München, der die Studie im Auftrag der Initiative „Verantwortung Wasser und Umwelt“ erstellt hat. „Es gibt keine tagelange Vorwarnung wie etwa beim Hochwasser von Flüssen. Die Flut kommt quasi von oben – ohne Deich, ohne Schutz.“

Prof. Günthert hatte bereits die 2016 erschienene Vorgängerstudie „Urbane Sturzfluten – Hintergründe, Risiken, Vorsorgemaßnahmen“ geschrieben. Darin forderte er die Kommunen unter anderem auf, in Siedlungsgebieten Niederschlags-Messstationen in Kombination mit Radarmessungen zu betreiben, da man nur mithilfe derartiger Technik Grundstückseigentümer frühzeitiger vor voraussichtlichen Starkregenereignissen warnen könnte. Doch geschehen ist seitdem offenbar wenig.

Gefahren- und Risikokarten

„Die meisten Kommunen blenden die Gefahren, die hinter dem wachsenden Starkregen-Risiko stecken, einfach aus“, bemängelt Günthert. Das sei fahrlässig. Der Studienautor geht sogar noch weiter und fordert: „Die Kommunen müssen zu mehr Prävention gezwungen werden.“ Konkret fordert Günthert, dass alle Städte und Gemeinden in Deutschland dazu verpflichtet werden, so genannte Gefahren- und Risikokarten zu erstellen. Auf den Karten sollen etwa die lokale Topografie mit lokalen Grünflächen und dem Gefälle sowie die jeweilige Meteorologie und die Kapazität der vorhandenen Kanalsysteme verzeichnet werden.

Prof. Wolfgang Günthert: „Auf diesen Risikokarten muss Straße für Straße – bis aufs einzelne Haus genau – die Überschwemmungsgefahr eingetragen werden. Es geht darum, mit der Starkregen-Risikokarte die Wirkung von Sturzfluten digital zu simulieren.“ Warnkarten bieten, so Günthert, die Chance für ein effektives Regenwasser-Management. Städte könnten so „wassersensibel entwickelt“ werden. Dazu gehöre insbesondere das Transportieren, Reinigen, Speichern und Ableiten von Regenwasser. Die „Entwässerung der Zukunft“ für Wohnsiedlungen und Verkehrswege vermeide Engpässe im Kanalnetz.

Infos für Hausbesitzer

In Ballungsgebieten mit starker Flächenversiegelung leisten Dachbegrünungen einen effektiven Beitrag zur Regenwasserversickerung. Foto: Pixabay

In Ballungsgebieten mit starker Flächenversiegelung leisten Dachbegrünungen einen effektiven Beitrag zur Regenwasserversickerung. Foto: Pixabay

Auch Hausbesitzer würden von Starkregen-Risikokarten profitieren. Sie könnten damit ganz individuell mehr Vorsorge und damit Gebäudeschutz betreiben – von der Dachbegrünung (zur Zurückhaltung und Verdunstung von Wasser) über Regenbecken und oberirdische Sammelflächen bis hin zur geschützten Bauvariante für Kellereingänge, Lichtschächte und Tiefgarageneinfahrten. „Es kommt darauf an, gezielt die Schwachstellen beim Haus zu ermitteln und diese umzubauen. Das bietet sich übrigens nicht nur für die Starkregen-Hotspots an. Heftige Gewitter mit anschließenden Überschwemmungen werden mehr werden – und sie werden auch immer mehr Kommunen treffen“, so Günthert.

Auch ein bundesweit funktionierendes Frühwarn- und Informationssystem sei notwendig. „Es bringt nichts, viele Menschen weiter im Ungewissen zu lassen. Dafür ist die Gefahr, die vom Starkregen mittlerweile ausgeht, viel zu hoch. Und sie wird Jahr für Jahr größer“, sagt Studienverfasser Prof. Wolfgang Günthert.

Förderung von Hausbesitzern?

Die „Initiative Verantwortung Wasser und Umwelt“ – der Auftraggeber der Studie – ist 2014 aus der Arbeitsgruppe Tiefbau des Gesprächskreises Baustoffindustrie im Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) hervorgegangen. Die Initiative setzt sich seit 2014 für die Sanierung des Kanalnetzes und ein verantwortungsvolles Wassermanagement in Deutschland ein.

Während der Vorstellung der Studie auf der Messe IFAT 2018 in München sprach sich der BDB dafür aus, Hauseigentümer und Bauherren stärker beim individuellen Starkregenschutz ihrer Gebäude zu unterstützen: „Der Staat muss hier beim Neu- oder Umbau Anreize schaffen“, sagt BDB-Hauptgeschäftsführer Michael Hölker. In Frage käme beispielsweise – neben steuerlichen Anreizen – die Einführung eines „Starkregen-Bauschutzprogrammes“ bei der staatlichen KfW-Bank. „Hier sind direkte Zuschüsse und zinsgünstige Kredite möglich. Alles ist unterm Strich auf Dauer günstiger als der enorme volkswirtschaftliche Schaden durch die vielen Überschwemmungen“, so Hölker.


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Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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