RM Rudolf Müller

Rechte und Pflichten
20. Oktober 2015 | Artikel teilen Artikel teilen

Wie bekomme ich einen „Staplerschein“?

Gabelstapler im FachhandelWenn du in deinem Betrieb einen Gabelstapler fahren sollst, ist es zwingend erforderlich, dass du zuvor eine Schulung besuchst, um den Flurfördermittelschein („Staplerschein“) zu erwerben. Die notwendigen Inhalte dieser etwa einwöchigen Ausbildung werden von den Berufsgenossenschaften festgelegt.

Arbeitnehmer und Azubis sind über ihre Betriebe automatisch unfallversichert. Träger dieser gesetzlichen Unfallversicherung sind in Deutschland die Berufsgenossenschaften. Im Bereich des Baustoff-Fachhandels ist das die Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW). Dein Arbeitgeber zahlt für dich also Versicherungsbeiträge an die BGHW, und diese kommt im Gegenzug für Kosten im Versicherungsfall auf (Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten).

Berufsgenossenschaftliche Vorschriften und Grundsätze

Da die Berufsgenossenschaften als Versicherungen agieren, haben sie natürlich ein großes Interesse daran, dass Arbeitsunfälle durch präventive Maßnahmen der Betriebe so weit wie möglich vermieden werden. Deshalb formulieren die Berufsgenossenschaften rund um das Thema Unfallverhütung eigene Vorschriften (BGV) und Grundsätze (BGG), die für ihre Mitglieder (die Betriebe) verbindlich sind. So regelt zum Beispiel die BGV D27 , für welche Flurförderzeuge ein Flurfördermittelschein gemacht werden muss und für welche nicht. Die Inhalte der Staplerschein-Ausbildung werden dagegen im „Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz 925“ genau geregelt (BGG 925).

Der BGG 925 bezieht sich auf die „Ausbildung und Beauftragung der Fahrer von Flurförderzeugen mit Fahrersitz und Fahrerstand“ und ist in erster Linie für die Ausbildung von Gabelstaplerfahrern konzipiert. Das Grundsatzpapier regelt zugleich, welche Qualifikationen vorliegen müssen, damit jemand als Ausbilder für Gabelstaplerfahrer tätig sein darf. Übrigens kannst du den Staplerschein bei vielen unterschiedlichen Organisationen erwerben. Entsprechende Angebote machen sowohl normale Fahrschulen als auch das Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), Überwachungs- und Prüfvereine wie DEKRA und TÜV, freiberufliche Ausbilder und Unternehmen, die mit Gabelstaplern handeln.

Theoretische Ausbildung

In der Regel erfolgen die Ausbildungen auf einem klassischen Frontgabelstapler und dauern –je nach Anbieter – drei bis fünf Tage. Der BGG 925 schreibt 20 bis 32 Lehreinheiten à 45 Minuten vor, wobei mindestens zehn Lehreinheiten Theorie dabei sein müssen. Im theoretischen Teil geht es unter anderem um das Thema Sicherheit, also zum Beispiel um Unfallgefahren, spezielle Verkehrsregeln und die vorgeschriebenen regelmäßigen Funktionsprüfungen am Fahrzeug.

Aber auch die spezielle Gerätetechnik und das Fahrverhalten der Flurförderzeuge werden zunächst ausführlich theoretisch behandelt. Das ist notwendig, weil Gabelstapler ein ganz anderes Fahr- und Lenkverhalten haben als Autos. Und das Steuern von Lasten auf den Gabelzinken ist auch nicht zu vergleichen mit dem Lasttransport per Lkw. Bei der theoretischen Schulung zur Gerätetechnik lernst du daher nicht nur alles über die Funktionsweise von Gabelstaplern und ihren Anbaugeräten (Kippbehälter, Schaufeln, Arbeitsbühnen etc.) sowie über die verschiedenen Antriebsarten (Diesel, Erdgas, Elektromotor, Hybridantrieb), sondern du wirst auch darauf vorbereitet, wie sich unterschiedliche Lasten auf die Standsicherheit des Fahrzeugs auswirken.

Praxis und Prüfung

Selbstverständlich gehören zur Ausbildung auch viele praktische Übungseinheiten. Da darfst du dann endlich selbst Gabelstapler fahren, absolvierst Fahr- und Stapelübungen, kannst mit unterschiedlichen Lasten experimentieren und wirst Schritt für Schritt mit der Steuerung des Flurförderzeugs vertraut gemacht.

Ganz am Ende steht eine Abschlussprüfung. Ihr theoretischer Teil erfolgt als schriftlicher Test. Meist werden dabei Fragebögen mit etwa 50 Fragen und vorgegebenen Antworten zum Ankreuzen eingesetzt (Multiple-Choice-Verfahren). Außerdem musst du eine etwa 15- bis 20-minütige praktische Prüfungsfahrt bestehen. Dabei wird beurteilt, ob du mit dem Gabelstapler mit und ohne Last fahren kannst – auch über einen Kurvenparcours. Zudem musst du verschiedene Lastaufnahme-, Stapel- und Beladungsübungen absolvieren. Die erfolgreiche Abschlussprüfung wird mit einem Zertifikat bescheinigt.

Zusatzausbildung und betriebliche Schulung

Wenn du in deinem Betrieb nicht nur den klassischen Frontgabelstapler, sondern Modelle mit anderer Gerätetechnik fahren sollst, dann benötigst du neben der normalen Staplerausbildung noch eine Zusatzausbildung. Die schult den Umgang mit speziellen Flurförderzeugen wie zum Beispiel Quergabel-, Teleskop- oder Containerstapler. Auch da ist dann wieder eine Prüfung fällig.

Aber auch wenn du alle erforderlichen Staplerscheine gemacht hast, darfst du in deinem Ausbildungsbetrieb immer noch nicht sofort loslegen. Der Betrieb ist nämlich verpflichtet, dich vorab erst noch einmal in die Benutzung der speziellen Stapler vor Ort einzuweisen. Außerdem muss das Unternehmen dich auch allgemein über die richtigen Verhaltensweisen als Staplerfahrer im Betrieb aufklären. Bei dieser Unterweisung geht es zum Beispiel um freigegebene Verkehrswege, Lager- und Ladungsvorschriften und die Regeln zur Mitnahme von Personen auf Flurförderzeugen.

Erst wenn auch diese betriebliche Schulung durchgeführt wurde, steht deinem Einsatz als Gabelstaplerfahrer nichts mehr im Weg. Zumindest im Prinzip nichts. Denn tatsächlich muss dein Unternehmen dich auch noch schriftlich mit der Führung von Gabelstaplern beauftragen, bevor du loslegen kannst. Für diese Beauftragung gibt es keine vorgeschriebene Form. Dein Betrieb kann dafür zum Beispiel die Fahrerausweispapiere verwenden, die viele Gabelstapler-Ausbilder als Service zur Verfügung stellen. Da bekommst du es dann schwarz auf weiß: ein richtiges Führerscheindokument mit Lichtbild, das deine Eignung zum Führen bestimmter Flurförderzeuge bestätigt.


Bitte beachten Sie: Der Inhalt dieses Beitrages stellt keine Rechtsberatung dar und kann die rechtliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen! Unser Anspruch ist es, immer rechtlich korrekte Artikel zur Verfügung zu stellen. Allerdings ändern sich Gesetze bzw. gesetzliche Regelungen häufig. Wir können daher keine Garantie für die aktuelle oder zukünftige Richtigkeit übernehmen. Im Zweifel wenden Sie sich bitte vertrauensvoll an eine juristisch fundierte Person (z.B. Rechtsanwälte, Gewerkschaften, IHK etc.).

Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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