RM Rudolf Müller
Klapp-Schwing-Fenster bieten maximale Bewegungsfreiheit unterm Fenster. Foto: Velux

Klapp-Schwing-Fenster bieten maximale Bewegungsfreiheit unterm Fenster. Foto: Velux

Bauelemente
14. März 2019 | Artikel teilen Artikel teilen

Vorteile von Klapp-Schwingfenstern

Moderne Steildachfenster fügen sich nahtlos in die Dachfläche ein, anstatt senkrecht aus dieser herauszuragen – so wie es bei alten Gaubenfenstern der Fall ist. Der Klassiker unter den „liegenden“ Dachflächenfenstern ist das in den 1940er-Jahren von Velux erfundene Schwingfenster. Doch auch das so genannte Klapp-Schwingfenster ist auf dem Steildach seit Langem etabliert.

Während das Schwingfenster eng mit dem Namen des dänischen Velux-Konzerns verbunden ist, geht die Technik des Klapp-Schwingfensters auf den baden-württembergischen Hersteller Roto zurück. Mit dem Roto-Wohndachfenster entwickelte Firmengründer Wilhelm Frank 1968 das weltweit erste Dachflächenfenster zum Klappen.

Drehachse oben

Die Drehachse befindet sich beim Klapp-Schwingfenster ganz oben. Foto: Roto Dach- und Solartechnologie GmbH

Die Drehachse befindet sich beim Klapp-Schwingfenster ganz oben. Foto: Roto Dach- und Solartechnologie GmbH

Das klassische (Velux-)Schwingfenster dreht sich beim Öffnen um die eigene Mittelachse. Die Griffleiste befindet sich meist am oberen Ende des Fensterrahmens. Das Klappfenster hat dagegen die Drehachse im oberen Dachfensterrahmen. Dadurch lässt es sich um 45° nach oben aufklappen, sodass sich die Fensterfläche vollständig aus dem Dachraum heraus ins Freie bewegt. Das garantiert ein Maximum an Frischluft und einen ungehinderten Bewegungsradius des Nutzers im Fensterrahmen.

Die Bedienung erfolgt bei diesen Bauelementen in der Regel über einen Griff an der unteren Fensterkante. Neben dem Klappmechanismus lassen sich die Fenster heute auch zusätzlich noch um die eigene Mittelachse schwingen. Deshalb heißt es Klapp-Schwingfenster.

Balkon „light“

Durch den Klappmechanismus „verschwindet“ das Fenster im geöffneten Zustand komplett aus dem Innenraum. Es wird sozusagen oberhalb der Dachhaut arretiert. Der Nutzer kann dadurch auch bei geöffnetem Fenster im Fensterrahmen – und damit ein Stück weit „im Freien“ – stehen (oder sitzen). Beim einfachen Schwingfenster ist das nur eingeschränkt möglich, da hier die nach innen schwingende Fensterhälfte die Sicht und den „Austritt“ nach draußen behindert.

Das Klapp-Schwingfenster bietet dem Nutzer also zumindest ansatzweise einen balkonartigen Ausblick. Und das sogar mit „Dach“, denn der hochgeklappte Fensterflügel schützt den, der darunter steht, auch vor Niederschlägen. Noch größer ist dieser Effekt natürlich beim namentlich auch so vermarkteten Balkonfenster. Dabei handelt es sich um ein Klapp-Schwingfenster, das durch einen balkonähnlichen Dachaustritt ergänzt wird.

Ein Fenster – zwei Öffnungsvarianten

Hoch-Schwingfenster sind ein Kompromiss zwischen Klapp-Schwing- und Schwingfenster. Foto: Roto Dach- und Solartechnologie GmbH

Hoch-Schwingfenster sind ein Kompromiss zwischen Klapp-Schwing- und Schwingfenster. Foto: Roto Dach- und Solartechnologie GmbH

Das moderne Klapp-Schwingfenster kann beides: Es lässt sich raumsparend nach außen öffnen, zugleich aber auch über die zusätzliche Schwingfunktion um 180 Grad drehen, was ein bequemes Putzen der Außenscheibe erlaubt. Angesichts dieser Vorteile kann man die Frage stellen, ob das Klapp-Schwingfenster im Vergleich zum Schwingfenster nicht eigentlich immer die bessere Wahl ist. Nicht ganz – wenn man auch die Preisfrage berücksichtigt. Denn aufgrund ihrer aufwändigeren Technik sind Klapp-Schwingfenster in der Regel deutlich teurer als reine Schwingfenster.

Hinzu kommt, dass die Klappfunktion gar nicht zu jeder Wohnsituation passt. Schließlich kann sie ihre gesamten Vorteile nur dann ausspielen, wenn das Fenster frei zugänglich ist. Wenn dagegen klar ist, dass die Dachschräge unterm Fenster ohnehin mit Möbeln vollgestellt wird, macht die Investition in ein teures Klapp-Schwingfenster wenig Sinn. Und auch im Kinderzimmer fällt die Wahl – nicht nur aus Kostengründen – oft eher auf einfache Schwingfenster. An diese kommen die „Kleinen“ nicht so leicht heran, da sich die Griffleiste oben befindet. Klapp-Schwingfenster lassen sich dagegen leichter von unbeaufsichtigten Kindern öffnen.

Apropos leichtes Öffnen: Wer sein Klapp-Schwingfenster nicht manuell bedienen möchte, kann heute auch auf Varianten zurückgreifen, die sich auf Knopfdruck fernsteuern lassen. Markenhersteller wie Roto und Velux bieten entsprechende Modelle mit elektrischem Antrieb sowie auf Wunsch auch mit zusätzlichen Smart-Home-Features – etwa Regensensoren oder Programme zur automatischen Raumluftregulierung wie Velux Active. Die elektrische Variante hat zudem den Vorteil, dass sich das Fenster auch dann bequem öffnen und schließen lässt, wenn ein Schreibtisch oder andere Möbel darunter stehen.

Alternative Hoch-Schwingfenster

Klappfenster-Erfinder Roto verkauft heute übrigens auch so genannte Hoch-Schwingfenster. Diese sind eine Art Kompromiss zwischen Klapp-Schwingfenster und klassischem Schwingfenster. Das Besondere: Ihre Drehachse befindet sich nicht in der Mitte, sondern im oberen Drittel des Fensterflügels (siehe Foto). Der Teil des Flügels, der beim Öffnen in den Innenraum schwingt, ist dadurch deutlich kürzer als beim normalen Schwingfenster. Das erlaubt mehr Bewegungsfreiheit unter dem Fensterrahmen. Da beim Öffnen etwa zwei Drittel der Fensterfläche nach oben ins Freie ragen, ähnelt das Hoch-Schwingfenster von außen betrachtet eher einem Klapp-Schwingfenster als einem Schwingfenster.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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