RM Rudolf Müller
Die Regenwasserreinigungsanlage Sedi Pipe L verfügt über zwei Strömungstrenner (grün) im waagerechten Sedimentationsrohr. Grafik: Fränkische

Die Regenwasserreinigungsanlage Sedi Pipe L verfügt über zwei Strömungs-trenner (grün) im waagerechten Sedimentationsrohr. Grafik: Fränkische

Entwässerung
13. September 2018 | Artikel teilen Artikel teilen

Schachtanlagen zur Regenwasserbehandlung

Wer Regenwasser örtlich versickern lässt, zahlt weniger Abwassergebühren und handelt ökologisch sinnvoll, da er die Grundwasserbildung fördert. Oder etwa nicht? Natürlich treten die positiven Effekte nur ein, wenn es sich um nicht verschmutztes Regenwasser handelt! Oft sind daher Maßnahmen zur Regenwasserbehandlung notwendig, bevor man Niederschläge guten Gewissens ins Erdreich ableiten kann.

Regen, der direkt auf unversiegelte Flächen wie Rasen oder Pflanzenbeete fällt, lässt sich logischerweise nicht am Versickern hindern. Das ist auch nicht notwendig, denn was direkt vom Himmel kommt, ist in der Regel nicht besonders verschmutzt beziehungsweise schadstoffbelastet. Bei der Regenwasserbehandlung – man sagt auch: Regenwasserreinigung – geht es vielmehr um das Wasser, das von Verkehrs- oder Dachflächen in die Entwässerungssysteme gespült wird. Diese Niederschläge können so stark verschmutzt sein, dass sie eine Gefahr für das Grundwasser sind, wenn sie ungefiltert in das Erdreich gelangen.

Das gilt insbesondere für Niederschläge, die von viel genutzten Straßen, Parkplätzen oder Industrieflächen abgeleitet werden. Diese sind durch eine geeignete Regenwasserbehandlung zunächst zu reinigen, bevor man sie in örtliche Versickerungsanlagen oder Gewässer einleiten darf. Doch auch Metalldächer gelten als kritisch. Der Entwässerungsspezialist Mall weist darauf hin, dass durch die im Regen enthaltene Kohlensäure sowie durch die bei Luftverschmutzung entstehenden Schwefel- und Salpetersäuren Metall-Ionen aus der Dachoberfläche herausgelöst werden und in das ablaufende Regenwasser gelangen können.

Was verschmutzt Regenwasser?

Besonders kritisch sind hier Dächer aus Blei und Kupfer zu beurteilen. Bei diesen Metallen gelten schon geringe Konzentrationen als wassergefährdend. Sie werden allerdings bei Neubauten auch kaum noch verwendet. Stattdessen setzt man heute auf Dächer aus Stahl, Zink oder Aluminium. Doch auch hier kann es durch Regenfälle langfristig zu Metallkonzentrationen im Boden kommen, die schädlich für die Umwelt sind. Regenwasser von Metalldächern sollte daher immer gereinigt werden, bevor man es versickern lässt.

Natürlich wird Regenwasser nicht nur durch Metall-Ionen verschmutzt. Auf Dächern und Verkehrsflächen befindet sich in der Regel auch viel gröberer Schmutz, der von Niederschlägen fortgespült wird: zum Beispiel Laub, Sand oder Steine. Derartiger Grobschmutz gefährdet zwar nicht das Grundwasser, aber er kann die örtliche Regenwasserversickerung lahmlegen, indem er etwa Rohre verstopft, die zu unterirdischen Versickerungsrigolen führen. Daher müssen auch solche Verunreinigungen aus dem Wasser herausgefiltert werden – zumindest durch einen Laubfang am Zufluss der Versickerungsanlagen.

Darüber hinaus empfehlen sich aber auch weitergehende Absetz- und Filterverfahren, um nicht nur grobe, sondern auch feinere Schmutzpartikel aus dem Regenwasser zu filtern. Viele Schadstoffe, die eine Gefährdung für Boden und Grundwasser darstellen, sind nämlich an winzige Schmutzpartikel gebunden und werden mit ihnen weggespült. Auf Straßen, Parkplätzen und Industrieflächen ist zudem damit zu rechnen, dass der Regenabfluss auch zahlreiche Luftschadstoffe, Gummipartikel von Reifen sowie Leichtflüssigkeiten wie Benzin und Öl enthält. Auch solche Substanzen sollten natürlich nicht ins Erdreich versickern.

Unterirdische Schachtanlagen

Der Betonschacht „Hydrosed active“ arbeitet mit einer Filterpatrone, der ein Sedimentationsbereich vorgelagert ist. Grafik: ACO

Der Betonschacht „Hydrosed active“ arbeitet mit einer Filterpatrone, der ein Sedimentationsbereich vorgelagert ist. Grafik: ACO

Für die Regenwasserbehandlung kommen oft unterirdische Schachtanlagen zum Einsatz, in die das verschmutze Regenwasser über einen Rohrzufluss eingeleitet wird. Auf der anderen Seite kann man die Schächte dann zum Beispiel an eine unterirdische Versickerungsanlage anschließen. Für die eigentliche Versickerung verwendet man heute oft moderne Kunststoff-Rigolen. Das sind meist kastenförmige, unterirdische Pufferspeicher, die viel Wasser zwischenspeichern können, das dann nach und nach in den Untergrund versickert.

Die Schächte zur Regenwasserbehandlung werden den Rigolen vorgeschaltet und beinhalten in der Regel zwei Reinigungsstufen. Zum einen verfügen sie über einen Sedimentationsbereich, in dem die Fließgeschwindigkeit des Regenwassers so weit reduziert wird, dass sich größere, schwerere Schmutzpartikel am Boden absetzen. Zum anderen gibt es oft auch noch eine Filtereinheit, die auch kleinere Schmutzpartikel aus dem Wasser entfernt. Üblich ist zudem ein Laubfang am oberen Ende des Zuflusses.

Ein Beispiel für ein modernes Regenwasserbehandlungssystem ist die Betonschacht-Anlage „Hydrosed active“ von ACO (siehe Grafik 2). Auch bei ihr durchläuft das Wasser zunächst eine „hydrodynamische“ Reinigungsphase, in der sich gröbere Sinkstoffe absetzen können. Anschließend sickern die Regenabflüsse durch eine Filterpatrone, die mit Substratschichten unterschiedlicher Korngröße gefüllt ist. Hier werden weitere abfiltrierbare Schadstoffe zurückgehalten. Nach Angaben des Herstellers kann man den Betonschacht als Vorreinigungsstufe zur Versickerung an eine bis zu 500 m² große Fläche anschließen.

Zweistufiges Prinzip

Das Produkt Tecto MVS wurde speziell für Regenwasser von Metalldächern entwickelt. Grafik: Mall

Das Produkt Tecto MVS wurde speziell für Regenwasser von Metalldächern entwickelt. Grafik: Mall

Auch die „Sedi Pipe“-Anlagen des Herstellers Fränkische (siehe Grafik 1) funktionieren nach dem zweistufigen Prinzip „Sedimentaion + Filtersubstrat“. Das Besondere an diesem System: Es umfasst zwei Schächte, die durch ein waagerechtes Rohr miteinander verbunden sind. Im Startschacht werden bereits Steine und Sand zurückgehalten, die eigentliche Sedimentation von Sinkstoffen findet aber im waagerechten Rohr statt, dass der Hersteller in Abmessungen von sechs bis 24 Metern anbietet. Vorteil: Die Sinkstoffe müssen nur einen kurzen Weg zurücklegen, bevor sie sich am Rohrboden absetzen. Das beschleunigt die Reinigung.

Die Sedi-Pipe-Rohre verfügen zudem über einen patentierten Strömungstrenner im unteren Rohrquerschnitt. Dieser verhindert, dass die abgesetzten Partikel bei Starkregenereignissen wieder aufgewirbelt werden. Manche Sedi-Pipe-Modelle verfügen zudem über einen zusätzlichen oberen Strömungstrenner, der zum sicheren Rückhalt von Leichtflüssigkeiten wie Öl und Benzin dient. In der zweiten Reinigungsstufe arbeitet auch dieses System mit einer substratgefüllten Filterpatrone. Gereinigt werden die Anlagen über den Startschacht. Wasser und Schlamm lassen sich von dort aus über einen Saugrüssel einfach absaugen.

Übrigens gibt es auch Reinigungsschächte speziell für Metalldächer – zum Beispiel der Metalldachfilter Tecto MVS von Mall (siehe Grafik 3). Dieses Schachtbauwerk ist nach Herstellerangaben mit einem natürlichen und recyclebaren Granulat gefüllt. Oberhalb des Granulats steht ein ausreichend bemessener Rückhalteraum abhängig vom anstehenden Boden zur Verfügung. Das gereinigte Wasser tritt nach unten aus dem Schacht aus und wird der Versickerung in den Boden zugeführt oder wahlweise in einen Abwasserkanal abgeleitet. An einen Schacht sind Metalldächer bis zu 640 m2 Fläche anschließbar.


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Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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