RM Rudolf Müller
Möbel, Vorhänge und Teppiche können als Schadstoffquellen die Raumluft belasten. Foto: Pixabay

Möbel, Vorhänge und Teppiche können als Schadstoffquellen die Raumluft belasten. Foto: Pixabay

Forschung, Technik und Trends
21. August 2018 | Artikel teilen Artikel teilen

Was ist eine gute Raumluftqualität?

Wenn es um das Thema Wohngesundheit geht, wird oft die Bedeutung einer guten Raumluftqualität betont. Doch was ist das eigentlich? Denkt man eine Weile darüber nach, reift schnell die Erkenntnis, dass sich objektiv nicht so leicht bestimmen lässt, wann die Raumluftqualität als gut oder schlecht wahrgenommen wird. Eine Annäherung an einen schwer zu definierenden Begriff.

Immerhin kann man eindeutig sagen, was Raumluftqualität nicht ist: Es geht nicht um die Temperatur im Innenraum, nicht um das Behaglichkeits- oder Unbehaglichkeitsgefühl, dass damit zusammenhängt, wie ideal der Raum temperiert ist. Stattdessen geht es um andere Eigenschaften der Raumluft, die sich auf das Wohlbefinden und nicht zuletzt auf die Gesundheit der Menschen auswirken, die in den Räumen leben oder arbeiten.

Eine gute Raumluftqualität ist in diesem Sinn ein wichtiger Gradmesser für die Wohngesundheit eines Gebäudes. Schlechte Raumluft kann offenbar krankmachen, auch wenn die Zusammenhänge hier wissenschaftlich oft noch nicht abschließend geklärt sind. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlichster Krankheitssymptome, die offenbar mit dem Aufenthalt in Räumen verbunden sind. Sie werden zusammenfassend mit dem Begriff „Sick Building Syndrom“ bezeichnet – frei übersetzt: Gebäudekrankheits-Syndrom.

Ein relativer Begriff

Krank macht den Menschen natürlich nur eine schlechte Raumluftqualität. Doch was ist das? Oder anders herum gefragt: Was ist eine gute Raumluftqualität? Raumluft, die nicht krank macht – möchte man im ersten Moment antworten. Doch ganz so einfach ist die Sache leider nicht. Denn zum einen reagieren nicht alle Menschen gleich: Was den einen krank macht, hat auf den anderen überhaupt keine Auswirkung.

Zum anderen verbindet man mit dem Begriff einer guten Raumluft aber eben auch nicht nur die Abwesenheit krankmachender Luftinhalte. Es geht ebenso darum, wie die Luft riecht. Eine muffige, abgestandene Innenraumluft kann nun mal nicht als gut bezeichnet werden, auch wenn sie sicher nicht gleich krank macht. Für viele Menschen verringert sie aber das persönliche Wohlbefinden.

Was folgt aus diesen Überlegungen? Zum einen, dass eine Definition von guter Raumluftqualität mindestens zwei Aspekte aufgreifen muss: Wichtig ist nicht nur die Abwesenheit von Schadstoffen in krankmachender Konzentration, sondern auch ein gewisses Maß an „Frische“ der Luft. Es muss also auch eine Abwesenheit von Gerüchen gegeben sein, die von einer Mehrzahl der Menschen als unangenehm empfunden werden. Weiterhin sollte man sich bewusst sein, dass man den Begriff der guten Raumluftqualität in letzter Konsequenz nicht absolut objektiv definieren kann. Es hängt immer auch vom individuellen Empfinden der Menschen ab.

Typische Schadstoffquellen

Auch um Gerüche geht es bei der Raumluftqualität. Foto: Pixabay

Auch um Gerüche geht es bei der Raumluftqualität. Foto: Pixabay

Zu den typischen Schadstoffquellen in Innenräumen zählen neben den Baustoffen an Boden, Decke und Innenwänden insbesondere die Möbel und sonstige Einrichtungsgegenstände. Viele dieser Produkte gasen nämlich permanent flüchtige organische Verbindungen (VOC) aus, die Menschen krank machen können. Die Gruppe der VOC – die Abkürzung steht für den englischen Begriff „Volatile Organic Compounds“ – umfasst eine riesige Anzahl an Einzelsubstanzen mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften. Sie befinden sich zum Beispiel in Farben, Lacken und Klebstoffen.

Neben solchen chemischen Substanzen, die sich in der Raumluft anreichern und gesundheitsschädigend sein können, gibt es noch andere Faktoren, die einer guten Innenraumluftqualität im Wege stehen. Eine zu hohe Raumluftfeuchtigkeit begünstigt gefährliche Schimmelschäden, und auch Schmutz- und Staubartikel in der Luft können Allergien und Atemwegserkrankungen auslösen. Schließlich wird die Raumluftqualität – wie schon erwähnt – auch durch schlechte Gerüche negativ beeinflusst.

Gegen alle diese negativen Einflüsse kann man sich relativ gut schützen, indem man auf wohngesunde Baustoffe und Einrichtungsgegenstände setzt und zugleich regelmäßig lüftet. Lüften – egal ob manuell oder automatisch – verbessert normalerweise die Raumluftqualität, auch wenn es manchmal vorkommen mag, dass die Außenluft noch gesundheitsschädigender als die Raumluft ist. Doch das ist nicht die Regel. Wie man in der aktuellen „Velux-Studie zur Indoor Generation“ nachlesen kann, ist die Innenraumluft im Allgemeinen um ein Vielfaches gesundheitsschädigender als die Außenluft!

Normen und Messverfahren

Wie gesagt: Es ist schwierig, die Qualität der Raumluft objektiv zu beurteilen. Immerhin kann man die Konzentration bekannter Schadstoffe wie zum Beispiel Formaldehyd messen und die Ergebnisse mit den offiziellen Grenzwerten abgleichen, sofern solche vorliegen. Es gibt auch Normen, die das Thema Raumluftqualität aufgreifen. So versucht die DIN EN 16798 in ihrem Teil 3 („Lüftung von Nichtwohngebäuden“) verschiedene Luftqualitäten zu klassifizieren. Diese Norm ersetzt seit November 2017 die frühere DIN EN 13779.

In der DIN EN 16798 wird die Innenraumluftqualität (Indoor Air Qualitiy = IDA) in vier verschiedene Klassen unterteilt – von „sehr gut“ bis „mäßig“. Allerdings misst man bei dem zugrundeliegenden Verfahren gar keine Schadstoffe oder Gerüche. Stattdessen erfolgt die Klassifizierung auf Grundlage des CO2-Gehalts der Innenluft. Je mehr dieser gegenüber dem CO2-Gehalt der Außenluft nach oben abweicht, umso schlechter fällt die Klassifizierung aus. Eine Innen-Außen-Differenz von 700 ppm (parts per million) gilt in diesem Zusammenhang als vernünftiges Maß. Der CO2-Gehalt der Raumluft ist ein durchaus umstrittener Maßstab zur Beurteilung der Raumluftqualität, er wird aber aus pragmatischen Gründen auch heute noch regelmäßig herangezogen. In Wohnräumen sollte die Luftbelastung mit CO2 maximal 0,15 % (= 1.500 ppm) betragen.

Neben dem sehr einfachen Verfahren der CO2-Messung gibt es mittlerweile auch weitaus kompliziertere Methoden zur Bestimmung der Raumluftqualität. So kann man zum Beispiel die „empfundene Raumluftqualität“ in der Maßeinheit „decipol“ bestimmen. Die Messung erfolgt hier mithilfe geschulter Testpersonen und definierter Referenzgerüche als Geruchsmaßstab. Ferner gibt es auch die Maßeinheit „Olf“, mit der sich die Stärke von Geruchsquellen beschreiben lässt. Diese komplexen Messverfahren können an dieser Stelle aber nicht näher beschrieben werden.


Mehr zum Thema Wohngesundheit finden Sie in der Übersicht


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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