RM Rudolf Müller
Große Mengen an verwertbaren Aschen und Schlacken fallen zum Beispiel in Kohlekraftwerken wie hier in Bergheim-Niederaußem an. Foto: Pixabay

Große Mengen an verwertbaren Aschen und Schlacken fallen zum Beispiel in Kohlekraftwerken wie hier in Bergheim-Niederaußem an. Foto: Pixabay

Grundstoffe des Bauens
14. September 2016 | Artikel teilen Artikel teilen

Aschen und Schlacken: Wertvolle Zuschlagstoffe für Baustoffe

Bei der Müllverbrennung und in vielen industriellen Produktionsprozessen entstehen große Mengen an Aschen und Schlacken als Nebenprodukte. Was viele nicht wissen: Derartige Stoffe sind nicht einfach Abfall, sondern können sogar ziemlich wertvoll sein – beispielsweise als Zuschlagstoffe für Baustoffe wie Zement und Beton.

Nach Angaben des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik fallen allein in Deutschland jährlich mehr als 6 Mio. Tonnen Aschen, Schlacken und Stäube durch Müllverbrennung und in industriellen Prozessen wie der Kohleverstromung oder der Stahlerzeugung an. Bei diesen Stoffen handelt es sich um die mineralischen, nicht brennbaren Rückstände, die bei der Verbrennung von organischen Materialien wie Kohle, Erdöl oder auch Holz anfallen. Die Rückstände können feinkörnig (Asche) oder pulverig (Stäube) sein. Stark erhitzte Asche, die eine teigige bis zähflüssige Konsistenz bekommen hat, bezeichnet man als Schlacke.

Verwendung für Zement und Beton

Im Forschungsprojekt ELEXSA des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik wird Schlacke als Rohstoffquelle für wertvolle Metalle erkundet. Foto: Ralf Perret

Im Forschungsprojekt ELEXSA des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik wird Schlacke als Rohstoffquelle für wertvolle Metalle erkundet. Foto: Ralf Perret

Vor allem die anfallenden Aschen und Schlacken aus der Kohle- und Metallindustrie werden zu einem großen Teil im Bauwesen wiederverwendet. Typische Einsatzgebiete sind der Straßen-, Wege- und Erdbau sowie die Zement- und Betonherstellung. Die abgekühlte, glasig erstarrte Eisenhüttenschlacke wird beispielsweise als so genannter Hüttensand in der Zementindustrie verwendet. Und die Flugasche, die man zum Beispiel in Steinkohle-Kraftwerken aus den Verbrennungs-Rauchgasen herausfiltert, fließt als Zementersatz in Betonbaustoffe ein. Der mineralische Verbrennungsrückstand eignet sich dafür hervorragend, weil er ebenso wie das Bindemittel Zement über hydraulische Eigenschaften verfügt – also bei Wasserzugabe erhärtet und dann dauerhaft wasserunlöslich bleibt.

Nach Angaben des Wirtschaftsverbandes Mineralische Nebenprodukte e.V. (WIN) wurden 2014 in Deutschland insgesamt 3,85 Mio. Tonnen Flugasche vermarktet, davon alleine über 3 Mio. Tonnen für die Betonherstellung. Die restliche Menge verteilt sich auf die Herstellung von Trockenbaustoffen, den Straßen- und Wegebau und auf Mauersteine oder keramische Erzeugnisse. Im Beton darf Flugasche den teureren Portlandzementklinker bis zu einem Mengenanteil von 35 % ersetzen. Der Einsatz der Asche macht die Betonherstellung aber nicht nur günstiger, sondern aufgrund der Zementreduzierung auch klimaschonender. Bei der Herstellung von Zement wird nämlich viel CO2 in die Atmosphäre freigesetzt. Nach Angaben des WIN lässt sich pro Tonne Flugasche im Beton fast eine Tonne CO2 einsparen.

Bei der Steinkohleverstromung steigt ein Teil der Verbrennungsrückstände nicht als Flugasche auf, sondern sinkt auf den Boden des Verfeuerungsofens. Auch dieses „Abfallprodukt“ kann sinnvoll wiederverwertet werden. WIN-Geschäftsführer Thomas Kaczmarek erläutert wie: „Dieses als Kesselsand bezeichnete, grobporige Agglomerat ist ein wertvoller Leichtzuschlag. Er wird zunehmend bei der Herstellung von Transportbeton, Betonwaren und -mauerwerk eingesetzt, um Baustoffgewicht und den Transportaufwand zu reduzieren.“

Rückgewinnung von Metallen

Selbstverständlich müssen Aschen und Schlacken vor dem Einsatz als Zuschlagstoffe auf möglicherweise toxische Inhaltstoffe untersucht werden. Sie können nämlich zum Beispiel bedenkliche Konzentrationen an Schwermetallen enthalten, die dann in den Baustoffen landen würden. Auf der anderen Seite befindet sich in Aschen und Schlacken aus industriellen Prozessen und der Müllverbrennung oft ein hoher Anteil an wertvollen Metallen wie zum Beispiel Antimon, Zinn, Molybdän, Wolfram, Kobalt und Metalle der Seltenen Erden.

Viele dieser Metalle sind nur begrenzt verfügbar, werden aber von Wachstumsbranchen wie der Luft- und Raumfahrt, Smartphone-Herstellung und Katalysator-Technik stark nachgefragt. Aus diesem Grund besteht ein großes Interesse daran, die besagten Stoffe nach Möglichkeit auch aus Aschen und Schlacken zurückzugewinnen. Die bisherigen Aufbereitungstechniken waren allerdings fast ausschließlich auf die Gewinnung gröberer Metallrückstände begrenzt. Für den Feinanteil der Aschen und Schlacken, in dem sich häufig besonders wertvolle Seltenenerdmetalle (SEE) befinden, fehlte es dagegen bislang an effektiven Recyclingkonzepten.

Das soll sich nun durch das aktuelle Forschungsprojekt ELEXSA ändern. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik hat sich gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Forschung vorgenommen, effiziente Methoden zur Rückgewinnung von Metallen aus Aschen, Schlacken und Stäuben zu erkunden. Ziel des Projekts ist es, bis Juni 2019 eine innovative Aufbereitungskette zu entwickeln.


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Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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