RM Rudolf Müller
Typischer Einsatzbereich: Entwässerungsrinne aus Polymerbeton. Foto: ACO Tiefbau

Typischer Einsatzbereich: Entwässerungsrinne aus Polymerbeton. Foto: ACO Tiefbau

Grundstoffe des Bauens
09. März 2017 | Artikel teilen Artikel teilen

Was ist Polymerbeton und wofür wird er verwendet?

Bei Beton denkt man fast automatisch an das Bindemittel Zement. Doch es gibt auch andere Betonarten. Ein Beispiel ist so genannter Polymerbeton, der auch unter den alternativen Namen Reaktionsharzbeton und Mineralguss vertrieben wird. In der Baustoffbranche kennt man Polymerbeton vor allem als Material für Entwässerungsrinnen. Das ist aber nicht das einzige Anwendungsfeld.

Von herkömmlichem Beton unterscheidet sich Polymerbeton dadurch, dass kein Zement, sondern ein Kunststoff (Polymer) als Bindemittel zum Einsatz kommt. Es ist also keine Zement-Matrix, sondern eine Kunststoff-Matrix, die hier die Gesteinskörnungen im Beton zusammenhält. Das hört sich nach einem kleinen Unterschied an, es ist aber ein entscheidender, denn durch das Polymer-Bindemittel erhält der Werkstoff seine besonderen Eigenschaften, die ihn so einmalig machen. Und das, obwohl es nur einen Masseanteil zwischen 5 und 15 % am fertigen Beton hat.

Gesteinskörnungen und Kunststoff

Wie bei Zementbeton hat das Bindemittel auch bei Polymerbeton die Aufgabe, die zumeist mineralischen Zuschlagstoffe (Kiese, Sande, Gesteinsmehl) zu einem zusammenhängenden Material zu verbinden. Die Kunststoffmatrix besteht aus Reaktionsharzen. Bei der Herstellung mengt man diese den Gesteinskörnungen in flüssiger Form bei, anschließend erstarren sie. Bei den Reaktionsharzen handelt es sich zum Beispiel um ungesättigte Polyesterharze, Epoxidharze oder Polyurethane (PUR).

Übrigens müssen die Zuschlagstoffe nicht zwingend mineralischer Natur sein, auch wenn das meistens der Fall ist. Aber manche Hersteller mischen ihren Produkten zum Beispiel auch Kunststoff-, Stahl- und Kohlefasern oder auch Glasperlen bei. In solchen Fällen hat Polymerbeton noch weniger mit normalem Beton gemeinsam.

Erstaunliche Eigenschaften

Polymerbeton im Querschnitt: Mineralische Rohstoffe werden durch eine Kunstharzmatrix gebunden. Foto: ACO Tiefbau

Polymerbeton im Querschnitt: Mineralische Rohstoffe werden durch eine Kunstharzmatrix gebunden. Foto: ACO Tiefbau

Polymerbeton kann wie Normalbeton für Anwendungen bis zur höchsten Belastungsklasse eingesetzt werden. Verglichen mit Normalbeton bindet die frische Betonmasse aber viel schneller ab, was wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt. Und das ausgehärtete Produkt hat ein geringeres Gewicht, was Transport und Einbau erleichtert. Gleichzeitig ist das Material aber erstaunlicherweise fester als Zementbeton. Zudem ist es in der Lage, höhere Zug- und Biegespannungen aufzunehmen. Dafür ist es auf der anderen Seite allerdings relativ anfällig gegenüber Schlageinwirkungen.

Ein weiterer Vorteil von Polymerbeton ist seine sehr glatte, porenarme Oberfläche, die wasserdicht ist und dazu beiträgt, dass der Werkstoff ausgesprochen widerstandsfähig gegenüber aggressiven Chemikalien ist. Nicht zuletzt deshalb wird er häufig für Entwässerungsrinnen eingesetzt, auch in Bereichen, in denen mit Grundwasser gefährdenden Stoffen umgegangen wird. Weiterhin ist Polymerbeton formbeständig, auch bei größeren Temperaturschwankungen, sowie frostsicher, UV-unempfindlich, korrosionsbeständig und nicht brennbar.

Einsatzbereiche

In der Baubranche kennt man Polymerbeton vor allem als Material im Tiefbau: für Entwässerungsrinnen, aber auch für Rohre, Kabelkanäle oder Lichtschächte. Manche Hersteller fertigen aus dem Werkstoff aber auch Platten, etwa für Treppenstufen oder Fassadentafeln. Fensterbänke, Tischplatten, Gartenbänke oder Pflanzkästen werden mitunter ebenfalls aus Polymerbeton-Platten hergestellt. Wegen seiner guten Eigenschaften bei der Schwingungsdämpfung wird der Baustoff zudem im industriellen Bereich eingesetzt, nämlich zum Bau von Fundamenten oder Gestellen für Maschinen und Anlagen.

Gut zur Geltung kommen die besonderen Eigenschaften von Polymerbeton auch beim Balkonbau. Balkonplatten aus Reaktionsharzbeton haben zunächst einmal den Vorteil, dass sie vergleichsweise leicht sind, was die Montage in luftiger Höhe erleichtert. Das geringere Gewicht ermöglicht zudem – verglichen mit Balkonplatten aus Normalbeton – freitragende Bodenplatten von größerem Format, die gleichwohl nicht weniger belastbar sind. Schließlich ist Polymerbeton ja sogar in der Lage, größere Biegespannungen aufzunehmen. Ausschließlich auf den Beton verlässt man sich bei Balkonen allerdings nicht. So wie herkömmliche Balkonplatten aus Stahlbeton bestehen, erhalten auch Polymerbetonplatten für Balkonanwendungen in der Regel eine zusätzliche Stahlarmierung.


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Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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