
Die neue Förderung stellt hohe Anforderungen an Neubauten. Foto: Pixabay
Neubauförderung reloaded
Seit März hat Deutschland wieder eine staatliche Neubauförderung für Wohn- und Nichtwohngebäude. Im Rahmen der „Bundesförderung für effiziente Gebäude – Klimafreundlicher Neubau“ gibt es aber nur noch Unterstützung für Gebäude, die den Standard „Effizienzhaus 40“ erreichen. Das Programm ist zudem auf jährlich 750 Millionen Euro begrenzt. Die baunahen Verbände reagierten enttäuscht: Zu hohe Auflagen, zu wenig Geld – so der einhellige Tenor.
„Klimagerechtes Bauen ist heute keine Kann-Entscheidung mehr, sondern ein Muss“, verteidigt Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Bauen und Stadtentwicklung, das neue Programm, das in ihrem Haus erarbeitet wurde. „Wer heute baut wie früher, um Geld zu sparen, schadet dem Klima und seinem Geldbeutel durch horrende Nebenkosten.“ Mit dem neuen, jährlich 750 Millionen Euro schweren Förderprogramm wolle man daher ausschließlich den klimafreundlichen Neubau fördern – so die Ministerin weiter.
Die neue „Bundesförderung für effiziente Gebäude – Klimafreundlicher Neubau“ (KFN) ist daher an strenge Auflagen gebunden. Staatliche Unterstützung für den Neubau von Wohn- oder Nichtwohnbauten gibt es nur noch, wenn sich die Gebäude durch geringe Treibhausgas-Emissionen, eine hohe Energieeffizienz und einen hohen Anteil erneuerbarer Energien für die Erzeugung von Wärme und Strom auszeichnen. Dabei wird laut Bundesbauministerium „erstmals der ganze Lebenszyklus eines Gebäudes in den Blick genommen – vom Bau über den Betrieb bis zum potenziellen Rückbau in ferner Zukunft“.
Zinsverbilligte Kredite

Das Programm wird durch die Frankfurter KfW-Bank durchgeführt. Foto: KfW-Bildarchiv / Rüdiger Nehmzow
Das neue KFN-Förderprogramm ist Bestandteil der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), die auch Mittel für Sanierungsmaßnahmen an bestehenden Wohn- und Nichtwohngebäuden bereitstellt. Im Neubaubereich werden nun nur noch solche Vorhaben gefördert, die mindestens den energetischen Standard eines Effizienzhauses 40 (Wohngebäude) beziehungsweise eines Effizienzgebäudes 40 (Nichtwohngebäude) erreichen. Zugleich müssen die Objekte die Anforderungen des Qualitätssiegels Nachhaltiges Gebäude Plus (QNG-Plus) erfüllen – zumindest im Bereich der erlaubten Treibhausgas-Emissionen.
Die Förderung erfolgt über zinsverbilligte Kredite, die Privatpersonen, aber auch Investoren, Genossenschaften und sonstige Unternehmen bei ihren Förderbanken beantragen können. Die Durchführung des Programms erfolgt durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Die Kredite beantragen kann nicht nur, wer selbst neu baut, sondern auch, wer ein neu errichtetes, klimafreundliches und energieeffizientes Wohn- oder Nichtwohngebäude innerhalb eines Jahres nach der Bauabnahme kauft. Letzteres gilt allerdings nur für Antragsteller, die eine solche Immobilie erstmals erwerben.
Für den Neubau beziehungsweise Ersterwerb von Wohngebäuden gewährt die KfW Kredite bis zu 100 % der förderfähigen Kosten – allerdings begrenzt auf einen Kredithöchstbetrag von 100.000 Euro pro Wohneinheit. Für den Neubau/Ersterwerb von Nichtwohngebäuden sind Kredite bis 2.000 Euro pro Quadratmeter Nettogrundfläche möglich, maximal aber 10 Millionen Euro pro Vorhaben.
Mehr Geld bei QNG-Siegel
Wie oben bereits erwähnt, ist die Erfüllung der QNG-Emissionsanforderungen eine Grundvoraussetzung dafür, dass ein Neubau überhaupt förderfähig ist. Gebäude, die die geforderten Emissionsgrenzwerte unterschreiten, erfüllen damit aber noch lange nicht alle Nachhaltigkeitsanforderungen des QNG-Siegels. Dieses umfasst nämlich noch viele weitere Anforderungen, etwa in den Bereichen Primärenergie, nachhaltige und wohngesunde Baumaterialien sowie Barrierefreiheit.
Bauherren, die sich dieser Herausforderung stellen und ein klimafreundliches Gebäude mit einem „vollständigen“ QNG-Siegel errichten wollen, werden dafür im Rahmen der Neubauförderung mit erhöhten Kredithöchstbeträgen belohnt. Für Wohngebäude mit QNG gibt es nämlich bis 150.000 Euro pro Wohneinheit, für Nichtwohngebäude mit QNG werden bis zu 3.000 Euro pro Quadratmeter Nettogrundfläche gewährt, maximal aber 15 Millionen Euro pro Vorhaben.
Kritik aus der Baubranche

Die Baubranche vermisst eine ausreichende Förderpolitik im Neubaubereich. Foto: Pixabay
Über die Details des zum 1. März gestarteten KFN-Programm hatte das Bundesbauministerium die Öffentlichkeit erstmals am 25. Januar informiert. Einige baunahe Verbände reagierten prompt – und zwar durchweg enttäuscht. Die hohen Förderanforderungen und das Jahresbudget von nur 750 Millionen Euro pro Jahr wurden durchweg kritisiert. Die entsprechenden Pressestatements klingen an manchen Stellen geradezu resignativ.
„Die Bundesregierung hat jegliche Hoffnung auf eine Trendwende platzen lassen und somit die Talfahrt am Wohnungsmarkt weiter zementiert“, äußerte sich zum Beispiel Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB). Mit Blick auf die Kostenexplosion und den zuletzt deutlichen Auftragseinbruch im Baubereich ergänzte Müller: „Eine ausreichende und verlässliche Förderkulisse wäre in erster Linie notwendig, um den Spalt zwischen Mieten, die aufgrund aktueller Bau- und Materialkosten gezahlt werden müssten und Mieten, die politisch und sozial erwünscht sind, zu schließen. Sie wäre aber auch eine wirtschaftspolitische Maßnahme, um den meist mittelständischen Bauunternehmen nicht die Luft zum Atmen zu nehmen.“
Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) nannte die Neubauförderung „eine bittere Enttäuschung“, das angekündigte Fördervolumen sei „ein Tropfen auf den heißen Stein“. ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa äußerte Zweifel daran, dass die Bundesregierung mit dieser Förderung ihre eigenen Wohnungsbauziele erreichen kann: „Wohnungssuchende, Bauherren und Investoren werden in der derzeitigen extremen Kostenbelastung aus immensen Bauzinsen und hohen Materialpreisen allein gelassen, während die Auftragseingänge im Wohnungsbau immer weniger werden. Auch für Mieterinnen und Mieter ist dies eine sehr schlechte Nachricht, da die Wohnungsmärkte angespannt bleiben werden.“
Bundesbauministerin Klara Geywitz hatte im Januar bereits eingeräumt, dass das Neubauziel der Ampelregierung von 400.000 Wohnungen pro Jahr wohl erst ab 2024 realistisch sei. Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, ist selbst da skeptisch geworden: „Mit dieser Förderung werden wir es auch 2024 nicht schaffen, 400.000 Wohnungen zu bauen. Das Volumen der vorgesehenen Förderung und die ausschließliche Ausrichtung auf den EH-40-Standard sind nicht geeignet, um angesichts explodierender Preise beim bezahlbaren Wohnungsbau etwas zu bewirken“.
Aus Sicht des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) wären 10 Milliarden Euro notwendig, um „die dringend nötige Wende im Neubau zu schaffen“. Ein Teil des Geldes würde die Bundesregierung später sogar in Form von Steuereinnahmen wiederbekommen – argumentiert der Verband. Zudem würden Folgekosten verspäteten Handelns vermieden. Wegen des verstärkten Zuzugs von Flüchtlingen, die in Deutschland Schutz suchen, sind schnelle Veränderungen aus ZIA-Sicht dringender denn je. „Fehlt für immer mehr Menschen in unserem Land bezahlbarer Wohnraum, dann wird auch der Kitt knapp, der die Gesellschaft zusammenhält“, warnt ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner.
Angesichts der Dringlichkeit des Problems glaubt Mattner übrigens nicht daran, dass die neue KFN-Förderung das letzte Wort der Politik zu diesem Thema gewesen ist. „Ich bin ganz sicher, dass bereits in einem halben Jahr ein Druck entsteht, der das Auflegen eines Programms erzwingt“, ließ sich der ZIA-Präsident Ende Januar zitieren.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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