
Der Gebäudesektor ist aktuell für 14 % der gesamten CO2-Emissionen in Deutschland unmittelbar verantwortlich. Foto: Pixabay
Klimaschutzprogramm im Gebäudebereich
Die Bundesregierung hat im Herbst 2019 ihr Klimaschutzprogramm sowie das dazugehörige Klimaschutzgesetz beschlossen. Ziel ist es, den Treibhausgasausstoß bis 2030 im Vergleich zum Jahr 1990 um mindestens 55 % zu verringern. Welche Maßnahmen sind dafür im Gebäudebereich geplant?
Die am 20. September vorgelegten „Eckpunkte für das Klimaschutzprogramm 2030“ sehen als Kernpunkt die Einführung einer CO2-Bepreisung für die Bereiche Verkehr und Gebäudewärme sowie weitere Anreize und Fördermaßnahmen für ein klimafreundliches Verhalten in den Sektoren Gebäude, Verkehr, Land- und Forstwirtschaft, Industrie, Energie- und Abfallwirtschaft vor. Kurz nach der Vorstellung der „Eckpunkte“ hat die Bundesregierung auch ein ausführliches Klimaschutzprogramm vorgelegt, in dem alle geplanten Maßnahmen aufgelistet sind.
Verpflichtendes Klimaschutzgesetz
Außerdem wurde noch im Herbst 2019 das Klimaschutzgesetz beschlossen, in dem sich der Staat verbindlich verpflichtet, die Senkung der Treibhausgasemissionen um mindestens 55 % bis 2030 umzusetzen. Treibhausgase im Sinne des Gesetzes sind Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O), Schwefelhexafluorid (SF6), Stickstofftrifluorid (NF3) sowie teilfluorierte Kohlenwasserstoffe (HFKW) und perfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFKW).
Das Gesetz schreibt jährliche Minderungsziele vor (Jahresemissionsmengen) und zwingt die Politik, den Stand der Zielerreichung jedes Jahr zu überprüfen. Beispiel Gebäudesektor: Hier fielen in Deutschland 2019 Treibhausgas-Emissionsmengen von rund 120 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent an. 2020 sollen es nur noch 118 Tonnen sein. Auch die Minderungsziele für alle Folgejahre bis 2030 sind im Gesetz festgesetzt. 2030 darf der Gebäudesektor nur noch maximal 70 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent emittieren.
Kommt bei der jährlichen Überprüfung heraus, dass in einem der oben genannten Sektoren die gesetzlich vorgesehenen Ziele nicht erreicht werden, muss künftig das zuständige Bundesministerium innerhalb von drei Monaten mit einem Sofortprogramm gegensteuern, sodass die Einhaltung der Jahresemissionsmengen des Sektors für die folgenden Jahre sichergestellt ist.
CO2-Bepreisung für den Gebäudesektor

Klimakiller CO2: Ab 2021 werden auch die Emissionen im Gebäudesektor bepreist.
Es ist nichts Neues, dass der Staat für den Ausstoß klimaschädlicher CO2-Emissionen einen Preis erhebt. Dieser soll die Emittenten motivieren, geringere Mengen des „Klimagases“ zu verursachen, da sie auf diese Weise Geld sparen. Diese Form der CO2-Bepreisung wird auch in Deutschland schon seit Längerem im Rahmen des europäischen Emissionshandels praktiziert. Sie betrifft bisher aber nur Unternehmen der Energiewirtschaft sowie die energieintensive Industrie.
Das Klimaschutzprogramm 2030 sieht nun vor, dass künftig auch ein Preis für solche CO2-Emissionen erhoben wird, die in den Bereichen Verkehr und Gebäude (Heizwärme) anfallen. In diesem Zusammenhang schreibt das Programm für 2021 die Einführung eines nationalen Emissionshandelssystems vor (nEHS). Im Rahmen dieses Systems wird der Staat die Auto fahrenden und Wohnungen heizenden Bürger aber nicht direkt zur Kasse bitten. Stattdessen wird er CO2-Zertifikate an Handelsunternehmen verkaufen, die Heiz- und Kraftstoffe in Verkehr bringen.
Natürlich werden Privatpersonen den nationalen Emissionshandel trotzdem zu spüren bekommen – in Form steigender Preise für Heiz- und Kraftstoffe. Die Bundesregierung hat aber angekündigt, die Bürger dafür an anderer Stelle zu entlasten. „Die Bepreisung hat nicht das Ziel, Einnahmen für den Staat für andere Zwecke zu erzielen“, betont sie in den Eckpunkten. „Alle zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Bepreisung werden daher in die Klimaschutzfördermaßnahmen reinvestiert oder (…) in Form einer Entlastung den Bürgern zurückgegeben.“
Für den Bereich der Gebäudewärme sehen die Eckpunkte vor, dass Unternehmen, die Heiz-Brennstoffe verkaufen (Heizöl, Flüssiggas, Erdgas, Kohle), ab 2021 für jede Tonne CO2, die die Stoffe im Verbrauch verursachen werden, vom Staat ein zunächst 10 Euro teures Zertifikat als Verschmutzungsrecht kaufen müssen. Bis 2025 soll der Preis schrittweise auf 35 Euro pro Tonne steigen. Im Jahr 2026 soll sich der Preis dann frei am Markt bilden – allerdings nur im Rahmen des festgelegten Mindest- und Höchstpreises (35 und 60 Euro).
Der Bundesrat hatte die CO2-Bepreisung allerdings im Herbst zunächst gestoppt und mit dem Bund im Dezember 2019 einen neuen Kompromiss ausgehandelt. Demnach soll der CO2-Preis für Gebäudewärme nun deutlich höher ausfallen als zunächst geplant. Der Einstiegspreis ab 2021 soll nun bei 25 Euro liegen (statt 10), bis 2025 soll er dann auf 55 Euro steigen (statt 35). Der Mindestpreis ab 2026 soll schließlich 55 Euro pro Emissionszertifikat betragen und der Höchstpreis 65 Euro.
Fördermaßnahmen – Anreize – Kompensationen
Hausbesitzer und Mieter werden die CO2-Bepreisung der Gebäudewärme am Ende sicher in Form steigender Brennstoffkosten in ihrem Geldbeutel spüren. Ziel des Klimaschutzprogramms ist aber natürlich, dass möglichst viele Bürger Maßnahmen ergreifen, um ihren Brennstoffverbrauch zu verringern.
Als Anreiz zur Umsetzung von Energiesparmaßnahmen will die Bundesregierung bereits ab 2020 die Möglichkeit eröffnen, dass energetische Gebäudesanierungen auch verstärkt steuerlich abschreibbar sind. „Wer zum Beispiel alte Fenster durch moderne Wärmeschutzfenster ersetzt, kann seine Steuerschuld – verteilt über 3 Jahre – um 20 % der Kosten mindern“, heißt es dazu in den Eckpunkten. Gefördert werden auf diese Weise Einzelmaßnahmen bis zu einer Summe von 200.000 Euro. Je Objekt sind also maximal 40.000 Euro (20 %) von der Steuer absetzbar. Dieser Regelung hat der Bundesrat im Dezember nach den abschließenden Verhandlungen im Bund/Länder-Vermittlungsausschuss zugestimmt. Die steuerliche Abschreibung können allerdings nur Eigentümer selbst genutzter Wohnimmobilien in Anspruch nehmen, sie gilt also zum Beispiel nicht für Wohnbaugesellschaften.
Außerdem sieht das Programm eine neue Austauschprämie für Ölheizungen vor. Werden diese durch eine klimafreundlichere Heizanlage ersetzt, kann der Hausbesitzer für die Investition einen Förderanteil von 40 % in Anspruch nehmen. Die bestehenden KfW-Förderprogramme für energetische Sanierungen und die Heizungsmodernisierung sollen zudem um 10 % erhöht werden.
Ferner hat die Bundesregierung festgelegt, dass als Gegengewicht zur neuen CO2-Bepreisung die Stromkosten für die Bürger künftig sinken werden. Das soll erreicht werden, indem die EEG-Umlage sowie gegebenenfalls auch andere Netzentgelte, Umlagen oder Abgaben schrittweise aus den Einnahmen der CO2-Bepreisung bezahlt werden. Je höher die staatlichen Einnahmen aus dem Zertifikatverkauf sind, umso stärker soll im Gegenzug der Strompreis sinken. Dieser Preishebel soll zusätzliche Anreize setzen, um in Deutschland „die möglichst weitgehende Elektrifizierung bisher fossiler Energiegewinnung“ (Zitat aus den Eckpunkten) voranzutreiben.
Interessantes Detail: Die Bundesregierung hat auch angekündigt, die serielle Sanierung im Gebäudebereich künftig zu fördern. In den Eckpunkten nennt sie in diesem Zusammenhang konkret „die industrielle Vorfertigung von Fassaden- und Dachelementen und eine standardisierte Installation von Anlagentechnik“. Die Politik sieht hier offenbar einen Hebel für kostengünstigere energetische Sanierungen beziehungsweise Heizungsmodernisierungen.
Schließlich will das Klimaschutzprogramm 2030 auch Energieberatungen für Wohngebäude stärken. Diese sollen zu bestimmten Anlässen verpflichtend sein (etwa bei Eigentümerwechseln). Dabei sollen die anfallenden Kosten über die bestehenden Förderprogramme gedeckt werden.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
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