
Geistesblitz in Sachen Energieeffizienz: Energieberatungen helfen Hausbesitzern bei der Entscheidung für die richtigen Modernisierungsmaßnahmen. Foto: Pixabay
Wohngebäude: Neue Richtlinie zur Energieberatung
Eine unabhängige Energieberatung vor Ort soll Eigenheimbesitzern den Weg weisen, auf dem sie in ihrem Wohngebäude am besten Energiekosten senken und die Bausubstanz energetisch modernisieren können. Das Bundeswirtschaftsministerium fördert Energieberatungen für Wohngebäude und hat dazu Ende 2017 eine neue Richtlinie veröffentlicht. Wichtige Neuerung: Der Kreis der förderfähigen Energieberater wurde deutlich erweitert.
Die neue „Richtlinie über die Förderung von Energieberatungen für Wohngebäude“ ist zum 1. Dezember 2017 in Kraft getreten und hat die bisher gültige Richtlinie von 2014 abgelöst. Förderanträge sind vom Energieberater an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zu richten. Die zuständige Bewilligungsbehörde zahlt die Zuschüsse direkt an die Berater. Diese verpflichten sich aber, ihr Honorar um den Förderbetrag zu senken. Auf diese Weise profitiert auch der Hausbesitzer von der Förderung der Energieberatung.
Vor-Ort-Energieberatungen sind nicht zu verwechseln mit der Ausstellung von Gebäudeenergieausweisen. Sie sind wesentlich aufwändiger und bieten dafür im Gegenzug auch mehr Informationen über die Immobilie. Nach Angaben des BAFA umfasst eine Energieberatung für Wohngebäude eine Datenaufnahme vor Ort, die Anfertigung eines Energieberatungsberichts und dessen Erläuterung gegenüber dem beratenen Hausbesitzer. Der hat vorab die Wahl, ob der Energieberater in seinem Bericht eine komplette Gesamtsanierung zu einem KfW-Effizienzhaus darstellen soll oder eine Schritt-für-Schritt-Sanierung über einen längeren Zeitraum.
Qualifikation der Energieberater
Laut der aktuellen Richtlinie zahlt die BAFA bis zu 60 % der förderfähigen Beratungskosten, maximal jedoch 800 Euro für Ein- oder Zweifamilienhäuser und 1.100 Euro für Wohngebäude mit drei und mehr Wohneinheiten. Die Zuschüsse gibt es aber nur für Energieberater, die das Bundesamt zuvor als solche zugelassen hat. Interessenten finden zugelassene Energieberater unter anderem auf der Website www.energie-effizienz-experten.de.
Die Anforderungen an zugelassene Energieberater sind hoch. Zum einen kommen nur Personen infrage, die auch zum Ausstellen von Energieausweisen für bestehende Gebäude berechtigt sind. Die dafür notwendige Grundqualifikation wird in § 21 der Energieeinsparverordnung (EnEV) geregelt. Darüber hinaus müssen Energieberater eine Zusatzqualifikation erworben haben. Deren Anforderungen sind in diesem BAFA-Merkblatt zu finden. In der neuen Richtlinie wurde zudem erstmals festgehalten, dass die Berater für eine BAFA-Zulassung auch eine gültige Haftpflichtversicherung benötigen, die Energieberatungsleistungen einschließt.
Erweiterung des Beraterkreises

Eine Energieberatung umfasst eine Ist-Analyse der Energieeffizienz und die Anfertigung eines ausführlichen Energieberatungsberichts. Foto: Pixabay
In der alten Richtlinie von 2014 stand noch, dass Energieberater unabhängig sein müssen, damit sie die BAFA-Förderung beantragen können. Es wurden sogar ausdrücklich bestimmte Personenkreise von der Förderung ausgeschlossen. Dazu zählten unter anderem Mitarbeiter von Handwerksbetrieben und Energieversorgungsunternehmen sowie von Unternehmen, die Produkte herstellen oder vertreiben, Anlagen errichten oder vermieten oder Leistungen anbieten, bei denen ein Zusammenhang mit energetischer Gebäudesanierung besteht. Diesen Personenkreisen unterstellte die alte Richtlinie gewissermaßen eine zu enge Bindung an bestimmte Lieferanten im Baustoff- oder Energietechnikbereich, was einer produktneutralen Beratung entgegenstehen könnte.
In der Praxis sorgte das bisher dafür, dass auf der BAFA-Liste der zugelassenen Energieberater vor allem Ingenieure und Architekten zu finden waren. Die Durchführung von Energieberatungen, die ja meist auch Vorschläge zu energetischen Sanierungsmaßnahmen beinhalten, und die spätere Umsetzung dieser Maßnahmen (durch Handwerksunternehmen) wurde also in der Regel von unterschiedlichen, nicht miteinander zusammenhängenden Parteien durchgeführt.
Das könnte sich künftig ändern. Denn die neue Richtlinie schließt nicht mehr grundsätzlich bestimmte Berufsgruppen von der BAFA-Förderung aus. Nun sind grundsätzlich alle Energieberater zum Förderprogramm zugelassen, sofern sie über die oben genannten fachlichen Qualifikationen verfügen. Sie müssen sich lediglich durch eine Selbsterklärung verpflichten, ihre Kunden hersteller-, anbieter-, produkt- und vertriebsneutral zu beraten.
Kritik an neuer Regelung
An dieser neuen Regelung gibt es durchaus Kritik. So sprach zum Beispiel die Bundesingenieurkammer in einer Pressemitteilung vom November 2017 von einer „Aufweichung der Unabhängigkeit des Beraters“. Die Selbsterklärung sichere keinesfalls eine objektive Einschätzung zum energetischen Sanierungsbedarf eines Gebäudes. Der Energieberater selbst müsse nicht mehr „produktunabhängig“ und „frei von Lieferinteressen“ sein, sondern nur noch seine Beratung – so die Interpretation der Bundesingenieurkammer.
Festzuhalten bleibt gleichwohl, dass das Gebot der Neutralität durch die neue Richtlinie keineswegs aufgegeben wird. Es gibt sogar zusätzliche Bestimmungen, die einer Einflussnahme etwa durch Liederanten entgegenwirken. So schreibt die Richtlinie vor, dass ein Energieberater keine Provision oder sonstige geldwerte Vorteile von einem Dritten erhalten darf, der ein wirtschaftliches Interesse an der Umsetzung von empfohlenen Maßnahmen haben kann.
Inwieweit solche Regelungen und die vorgeschriebene Selbsterklärung tatsächlich eine hersteller-, anbieter-, produkt- und vertriebsneutrale Beratung sichern, wird die Praxis zeigen. Auf jeden Fall ist damit zu rechnen, dass Handwerksunternehmen künftig eine größere Rolle bei der Vor-Ort-Energieberatung spielen. Für den Verbraucher hat das den Vorteil, dass er Beratung und Maßnahmenumsetzung künftig auch aus einer Hand erhalten kann.
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Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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