RM Rudolf Müller
Über 70 % aller Wohnneubauten werden mit Mauerwerk errichtet. Foto: Xella

Über 70 % aller Wohnneubauten werden mit Mauerwerk errichtet. Foto: Xella

Hintergrundwissen
17. Juni 2019 | Artikel teilen Artikel teilen

Marktführer Mauerwerk

Nach Angaben des Pestel-Instituts wurden 2017 etwa 73 % aller deutschen Wohnneubauten mit Mauerwerk errichtet. Die Holzbauquote wächst zwar seit Jahren kontinuierlich, aber nur langsam. 2017 lag sie bei 17,7 %. Damit bleibt die massive Bauweise klarer Marktführer. Für den Bestand gilt das sowieso, aber eben auch weiterhin im Neubau.

Nach den statistischen Erhebungen des Pestel-Instituts aus Hannover betrug der Marktanteil des Mauerwerks bei den Ein- und Zweifamilienhäusern 2017 satte 75 %. Zwei Drittel dieser Wohnneubauten wurden also aus Ziegelmauerwerk, Kalksandsteinen, Porenbeton oder Leichtbetonsteinen errichtet. Im Bereich der Mehrfamilienhäuser lag der entsprechende Wert bei durchschnittlich 70 %. Bei diesem Gebäudetyp hat der Massivbau seine Vormachtstellung in den letzten Jahren sogar noch ausgebaut.

Leichtes Nord-Süd-Gefälle

Insgesamt kamen die Mauerwerksbauten 2017 auf einen Anteil von 73 % aller neugebauten Wohngebäude. Wobei die Norddeutschen traditionell am häufigsten auf Steinhäuser setzen. Bei den Ein- und Zweifamilienhäusern entschieden sich im Norden Deutschlands mehr als 80 % der privaten Bauherren für Mauerwerkskonstruktionen. Spitzenreiter ist allerdings das Saarland mit einer „Mauerwerksquote“ von über 92 % bei den Mehrfamilienhäusern und Wohnheimen. Im Süden liegt die Quote insgesamt bei durchschnittlich 70 % (siehe Grafik). Ausreißer nach unten ist das Holzbauland Baden-Württemberg, wo 2017 nur 55,3 % der neuen Mehrfamilienhäuser und Wohnheime mit Mauerwerk gebaut wurden.

Dass das Bauen mit Steinen hierzulande konstant beliebt bleibt, hängt sicher mit der verlässlichen, langfristigen Qualität und den bauphysikalischen Vorteilen des Massivbaus zusammen. Es hat aber möglicherweise auch etwas mit dem Preis zu tun. Zumindest wenn es stimmt, was die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE) im Rahmen einer vergleichenden Untersuchung errechnet hat. Das Kieler Institut bescheinigt nämlich dem Mauerwerksbau, im Vergleich zu anderen Bauweisen die kostengünstigste Konstruktionsart für Wohngebäude zu sein.

Bauweisen im Kosten-Check

Der Mauerwerksbau ist in ganz Deutschland die Bauweise Nummer 1.

Der Mauerwerksbau ist in ganz Deutschland die Bauweise Nummer 1.

Die ARGE hatte Baukosten bei Mehrfamilienhäusern untersucht und war zu dem Ergebnis gekommen, dass die Steinbauweise im Kosten-Check deutlich günstiger abschneidet als etwa die Holzbauweise. Nach den Zahlen des Instituts aus Schleswig-Holstein kosten Außenwände aus Mauerwerk beim Mehrfamilienhausbau durchschnittlich 362 Euro pro Quadratmeter. Es folgt der Stahlbeton mit einem Mittelwert von 409 Euro je Quadratmeter. Am höchsten sind demnach die Kosten bei Mehrfamilienhäusern in Holzbauweise: Die ARGE kommt hier auf einen mittleren Wert von 427 Euro pro Quadratmeter – knapp 18 % höher als beim Mauerwerk.

Nach Angaben von ARGE-Geschäftsführer Dietmar Walberg wirkt sich bei massiven Bauprojekten auch kostendämpfend aus, dass die Vergabe hier meist an Einzelgewerke erfolgt, die Objekte also in der Regel nicht von einem Generalunternehmer koordiniert werden.

CO2– und Heizkosten-Check

Nun mögen Holzhäuser vielleicht teurer sein, aber sind sie nicht viel „ökologischer“ als Steinhäuser? Eine Studie des Darmstädter LCEE-Institut (Life Cycle Engineering Experts), die auf der BAU 2019 in München präsentiert wurde, stellt diese Annahme infrage. Die Wissenschaftler haben einen CO2– und Heizkosten-Check bei Musterhäusern gemacht. Ihr Fazit: Egal, womit ein Wohnhaus gebaut wird – ob Mauerstein, Stahlbeton oder Holz –, der Unterschied in der Klima-Bilanz ist am Ende marginal. Bei der Studie des LCEE-Instituts handelt es sich um eine Simulation, bei der die ökologische Bewertung über die gesamte Lebensdauer der Gebäude erfolgt – von der Herstellung über die jahrzehntelange Nutzung bis zur späteren Entsorgung.

Der entscheidende Faktor bei der CO2-Belastung eines Wohnhauses ist nach Angaben der Darmstädter Wissenschaftler das Heizen und der Stromverbrauch im „laufenden Betrieb“. Hier sieht das LCEE-Institut sogar einen leichten Öko-Vorteil für Wohnhäuser, die aus massivem Mauerwerk gebaut sind. „Die thermische Speicherkapazität vom Mauerwerk ist einfach besser“, erläutert LCEE-Studienleiter Dr. Sebastian Pohl. „Konkret bedeutet dies, dass ein Haus aus Mauersteinen im Schnitt rund 5 % weniger Heizwärme braucht als ein Holzhaus.“


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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