RM Rudolf Müller
Katharina Metzger fordert mehr Pragmatismus in der Wohnungsbaupolitik.  Foto: BDB/ Alireza Khalili

Katharina Metzger fordert mehr Pragmatismus in der Wohnungsbaupolitik.  Foto: BDB/ Alireza Khalili

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14. März 2022 | Artikel teilen Artikel teilen

BDB: Effizienzhaus 40 ist Utopie!

Der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) hat sich kritisch zur Effizienzhaus-Strategie der Bundesregierung geäußert. Um die angestrebten Ziele beim Wohnungsbau zu erreichen, müsse man „das Machbare machen“. Das von der Politik als künftiger Neubaustandard angestrebte Effizienzhaus 40 sei dagegen „die Utopie einer grünen Wolke zum Wohnen“. Der BDB regt zudem einen „Akut-Stab Wohnungsbau“ für Deutschland an – auch wegen des Zuzugs ukrainischer Flüchtlinge.

Die Ampel-Regierung hat in ihrem Koalitionsvertrag das Ziel formuliert, dass in Deutschland jedes Jahr 400.000 neue Wohnungen entstehen, davon 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen. Der BDB begrüßt dieses Ziel, die Verbandspräsidentin Katharina Metzger gibt allerdings zu bedenken: „Um 400.000 Wohnungen zu bauen, ist jetzt vor allem eines wichtig: Die Bundesregierung muss pragmatisch handeln. Sie muss das Machbare machen. Es geht dabei auch um Energiesparen beim Neubau, Umbau und Sanieren. Aber es geht vor allem erst einmal ums Wohnen – um mehr neue Wohnungen. Und hier müssen die, die in der Ampel-Koalition der Illusion einer Machbarkeit von Super-Klimaschutzhäusern nachhängen, auf den Boden der Realität zurückgeholt werden.“

Kritik an Effizienzhaus-Standards

Zum Hintergrund: Die Bundesregierung hatte bereits 2016 beschlossen, dass es bei Neubauten keine Fördergelder mehr für Effizienzhäuser der Stufe 70 (EH70) gibt. Ende Januar dieses Jahres wurde dann auch die Förderung für EH55-Neubauten beendet. Bei der Altbausanierung wird zudem seit Juli 2021 die EH-Stufe 115 nicht mehr gefördert, bei der der Energiebedarf des sanierten Altbaus bis zu 15 % über dem Neubau-Standard des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) liegen darf.

Im Neubau gibt es damit heute nur noch staatliche Unterstützung für die Stufen 40 und 40 Plus. Und auch diese Förderung scheint auf Dauer nicht mehr sicher. Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung sieht nämlich auch vor, dass EH40 ab 2025 zum Neubau-Standard im Gebäudeenergiegesetz (GEG) werden soll.

Beim BDB sieht man diese Entwicklung offenbar sehr kritisch. In einer Pressemitteilung des Verbands fordert Katharina Metzger indirekt ein Zurückdrehen der Standardverschärfungen der letzten Jahre. „Es reicht beim Neubau der Effizienzhaus-Standard 70 und bei der Sanierung das Effizienzhaus 115“, sagt die BDB-Präsidentin und fügt hinzu: „Damit schaffen wir beim Klimaschutz einen gewaltigen Schritt nach vorn. Alles andere – vor allem das Energieeffizienzhaus 40 – ist die Utopie einer grünen Wolke zum Wohnen, die mit Blick auf die erforderlichen Arbeitskräfte und vor allem auch wegen der dafür notwendigen Förderung nicht realistisch erscheint.“

Akut-Stab Wohnungsbau vorgeschlagen

Metzger lenkt den Blick zudem auf geänderte Rahmenbedingungen durch den Ukraine-Krieg, die sich auch auf den Wohnungsbau auswirken könnten. Sie befürchtet, dass höhere Energiepreise die Kosten fürs Baumaterial und für die Logistik in die Höhe schießen lassen und dadurch Bauherren und Investoren ihre Pläne aufschieben könnten. Zugleich werde die Zunahme von Flüchtlingen aus der Ukraine die Nachfrage nach Wohnraum weiter steigern.

Katharina Metzger: „Auf diese neue Situation muss sich die Bundesregierung einstellen. Sie muss an ihrem 400.000er-Jahresziel bei den Neubauwohnungen festhalten. Und sie muss dafür sorgen, dass sie es erreicht.“ Voraussetzung dafür sei, dass die Produktion von Baustoffen auf hohem Niveau und zu bezahlbaren Preisen weiterhin möglich bleibt – auch unabhängig von russischen Rohstoff- und Energieimporten.

Metzger schlägt in diesem Zusammenhang vor, dass der Staat einen „Akut-Stab Wohnungsbau“ beauftragt: „Dieser sollte die gesamte Produktionskette am Bau im Blick haben – vor allem nationale und internationale Ressourcenquellen, Versorgungswege, Energieaspekte bei der Herstellung und vor allem auch Förderungen wie Subventionen und Steuererleichterungen. Hier ist vor allem das rasche Kooperieren im Minister-Dreieck gefragt: von Bauministerin Geywitz, Wirtschaftsminister Habeck und Finanzminister Lindner.“


 

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