RM Rudolf Müller
 Auftrag eines Beton-Nachbehandlungsmittels im Hochbau. Foto: MC Bauchemie, Bottrop

Auftrag eines Beton-Nachbehandlungsmittels im Hochbau. Foto: MC Bauchemie, Bottrop

Bauchemie
29. Januar 2019 | Artikel teilen Artikel teilen

Beton: Was sind Nachbehandlungsmittel?

Wenn Frischbeton während der Erhärtungsphase zu schnell zu viel Wasser an die Umgebungsluft abgibt, behindert das zum einen den Erstarrungsprozess und zum anderen drohen Risse im Baustoff. Die DIN 1045-3 fordert daher, dass ein übermäßiges Verdunsten von Wasser über die Betonoberfläche – also ein zu schnelles Austrocknen – verhindert werden muss. Vor allem bei Bodenflächen kommen dafür häufig chemische Nachbehandlungsmittel zum Einsatz.

Beton besteht aus Zement, Gesteinskörnungen und Wasser. Wie auf baustoffwissen.de bereits im Beitrag über das „Erstarren von Frischbeton“ erklärt wurde, erhärtet frisch angemachter Beton in einem sehr langsamen chemischen Prozess. Erst nach etwa 24 Stunden ist er zumindest weitgehend erstarrt, aber auch danach läuft die so genannte Hydratation oft noch Wochen oder sogar Monate weiter – je nach Zementrezeptur.

Mit Hydratation ist die Reaktion zwischen dem Zement und dem Anmachwasser gemeint. Dabei wird das Wasser größtenteils chemisch gebunden und der Zementleim im Frischbeton allmählich hart wie Stein. Beton erhärtet also durch die Bindung von Wasser und nicht durch einen Austrocknungsprozess, bei dem das Anmachwasser weitgehend an die Umgebung abgegeben wird. Für das Erhärten des Betons ist es vielmehr von entscheidender Bedeutung, dass die Verdunstung des Wassers so weit wie möglich verhindert wird.

Befeuchten – abdecken – chemisch behandeln

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um zu verhindern, dass Frischbeton zu schnell Wasser an die Umgebungsluft verliert – also austrocknet. Man kann die Betonoberfläche zum Beispiel während des Hydratationsprozesses regelmäßig mit Wasser besprühen. Das erhöht die Luftfeuchtigkeit im Übergangsbereich vom Baustoff zum angrenzenden Raum. Die gewünschte Folge ist, dass der Beton weniger Wasserdampf an die Umgebungsluft abgibt. Derselbe Effekt wird erzielt, wenn man die Frischbetonfläche mit Folien oder Planen abdeckt. Vor allem bei Betonwänden kommt diese Variante oft zum Einsatz.

Doch auch die bauchemische Industrie bietet wirksame Lösungen, um ein zu starkes Verdunsten von Anmachwasser zu verhindern und somit Rissbildungen vorzubeugen und eine vollständige Hydratation des Betons zu ermöglichen. Die am Markt erhältlichen chemischen Nachbehandlungsmittel sind flüssige Stoffe, die meist mithilfe einer Sprühpistole gleichmäßig auf den Beton aufgebracht werden. Bei fachgerechter Anwendung – meist auf Bodenflächen – entsteht ein dichter, geschlossener Schutzfilm, der nicht nur die Wasserverdunstung behindert, sondern den jungen Beton auch vor schädlichen äußeren Einflüssen wie etwa hohe Temperaturen, Niederschläge oder betonschädigende Umweltstoffe abschirmt.

Wachsdispersionen

Vor dem Dispersionsauftrag wird die frische Betonfläche geglättet. Foto: MC Bauchemie, Bottrop

Vor dem Dispersionsauftrag wird die frische Betonfläche geglättet. Foto: MC Bauchemie, Bottrop

Die zahlreichen, von der bauchemischen Industrie angebotenen Nachbehandlungsmittel lassen sich in zwei große Gruppen aufteilen: Wachs- und Polymerdispersionen. Eine Wachsdispersion ist eine Mischung aus fein verteiltem Wachs und Wasser. Da das Wachs nicht im Wasser gelöst ist, spricht man von einer Dispersion – und eben nicht von einer Lösung. Zur Behandlung von Beton verwendet man meist Dispersionen auf Basis von Paraffinwachs. Diese Nachbehandlungsmittel verwendet man vor allem bei Betonflächen, die später nicht mehr angestrichen oder anderweitig beschichtet werden. Auf dem Wachs haften zusätzliche Beschichtungen nämlich schlecht, man müsste es also nach dem Erhärten des Betons wieder aufwändig entfernen.

Paraffinwachsdispersionen bilden auf der Betonoberfläche anfangs eine weiße Schicht, die aber nach einiger Zeit transparent wird, wenn das Wasser aus der Dispersion verdunstet. Beim Kauf sollten Qualitätsprodukte gewählt werden, die eine regenfeste Schicht ausbilden. Haupteinsatzgebiet der Wachdispersionen ist nämlich der Straßenbau – genauer gesagt der Bau von Betonstraßen – und da sind Niederschläge während des Beton-Erstarrungsprozesses natürlich nie auszuschließen. Wenn die Straße betriebsfertig ist und der Verkehr auf ihr rollt, löst sich der Wachsfilm mit der Zeit irgendwann ab. Das ist nicht weiter schlimm, denn der ausgehärtete Beton benötigt keine Schutzschicht mehr.

Polymerdispersionen

Für frische Betonoberflächen, die später noch beschichtet werden sollen, bieten sich Nachbehandlungsmittel auf Basis von Polymerdispersionen an. Das sind Gemische aus fein verteiltem Kunststoff und Wasser. Meist handelt es sich dabei um Produkte auf Acrylatbasis. Optimale Ergebnisse ermöglicht auch hier die Verarbeitung mit Sprühwerkzeugen, allerdings lassen sich die Kunststoff-Wasser-Gemische auch per Pinsel oder Rolle auftragen. Der große Vorteil von Polymerdispersionen ist, dass der Schutzfilm nicht entfernt werden muss, bevor man weitere Beschichtungen aufbringt. Anstrichmittel oder Putze haften in der Regel gut auf diesen Nachbehandlungsmitteln.

Für alle Nachbehandlungsmittel gilt, dass sie zwar bald nach der Frischbetonverarbeitung aufzutragen sind, allerdings auch nicht zu früh. Auf der Oberfläche des jungen Betons dürfen sich keine sichtbaren Wasserflächen mehr befinden, ebenso wenig ein glänzender Wasserfilm. Die Oberfläche sollte nur noch mattfeucht sein, sonst lässt sich mit den Wachs- oder Polymerdispersionen nämlich kein geschlossener Schutzfilm ausbilden. Weitere praktische Infos zur Verarbeitung von chemischen Nachbehandlungsmitteln bietet auch die kostenlos downloadbare „Informationsschrift Beton-Nachbehandlungsmittel“ des Herstellerverbandes Deutsche Bauchemie.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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