
Die gemahlenen Zementklinker ergeben ein pulverförmiges Bindemittel. Foto: VDZ
Was ist Portlandzement?
Zu den wichtigsten Bestandteilen von Zement gehört neben Kalkstein auch Ton. Wobei: Eigentlich gilt das erst seit dem 19. Jahrhundert, seit der Erfindung des so genannten Portlandzements. Damit begann das moderne Zement- und Betonzeitalter. Über die Geschichte und heutige Bedeutung von Portlandzement informiert der folgende Beitrag.
Das Bindemittel Zement ist als Bestandteil von Beton, Mörtel und Estrich im modernen Bauwesen allgegenwärtig. Nach Angaben des Vereins Deutscher Zementwerke (VDZ) wurden in Deutschland allein im Jahr 2015 etwa 31 Millionen Tonnen Zement hergestellt. Der pulverförmige Baustoff wird überwiegend als lose Ware an die Transportbetonhersteller und an Betonfertigteilhersteller geliefert. Nur ein kleiner Anteil erreicht den Kunden als Sackware. Zwar reicht die Geschichte des Betons bis in die Antike, aber die alten Römer kannten noch nicht das moderne Bindemittel Zement. Erst mit der Erfindung des Portlandzements im 19. Jahrhundert wurde Beton zum dominierenden Baustoff der Moderne.
Ursprung des Portlandzements
Die Namensgebung für den damals erfundenen Zement geht auf den englischen Maurer und Bauunternehmer Joseph Aspdin zurück. Der reichte 1824 das Patent für ein neues Bindemittel ein, das er hergestellt hatte, indem er Ton und Kalk gemischt und dann zusammen erhitzt hatte. Das Ergebnis nannte er Portlandzement. Gab man zu Aspdins Bindemittel Wasser hinzu, so entstand ein Zementleim, der nach einer kurzen Trocknungszeit hart wie Stein wurde. Dieser Kunststein erinnerte Aspdin farblich an die natürlichen Kalksteingebilde auf der südenglischen Halbinsel Portland – daher die Namensgebung. Übrigens war das Wort Zement zu Aspdins Zeiten bereits geläufig. Schließlich hatten schon die alten Römer ihre Version des Betons als „opus caementitium“ bezeichnet (etwa: „Werk aus Bruchsteinen“). Aber der antike Baustoff enthielt eben noch nicht den Zement, wie wir ihn heute kennen.
Indem Aspdin Kalk mit Ton kombinierte, hatte er den Weg zum modernen Zement grundsätzlich geebnet. Trotzdem war auch sein Portlandzement noch nicht das, was wir heute unter Portlandzement verstehen. Die entscheidende Weiterentwicklung gelang 20 Jahre später ebenfalls einem Engländer. Isaac Charles Johnson veränderte in den 1840er-Jahren Aspdins Herstellungsweise, indem er den Ton und Kalk bei höheren Temperaturen brannte. Die Materialien wurden nun bis zur Sinterung erhitzt, also fast bis zum Schmelzpunkt. Durch diese Behandlung entstanden kleine, steinartige Kügelchen, so genannte Zement-Klinker. Gemahlen ergaben diese einen pulverförmigen Zement, der sich nach Hinzufügung von Wasser hervorragend als Bindemittel für Beton eignete.
Mit diesem verbesserten Zement ließen sich Betone von hoher Festigkeit und Dauerhaftigkeit herstellen, die zudem sehr schnell trockneten. Das war der Durchbruch für die Erfolgsgeschichte des Bindemittels und der Betonbauweise. Trotz der veränderten Brennmethode blieb es beim Namen Portlandzement. Reiner Portlandzement wird im Prinzip auch heute noch so hergestellt wie Johnson es Mitte des 19. Jahrhunderts tat.
Moderne Zementarten

Zement wird überwiegend als lose Ware und deutlich seltener in Säcken ausgeliefert. Foto: Pixabay
Gleichwohl hat sich das Zementangebot seit der damaligen Zeit insgesamt stark verändert. Zum „Klassiker“ Portlandzement sind weitere Bindemittel mit anderen Rezepturen hinzugekommen, die sich ebenfalls Zement nennen dürfen. Die europäische Norm DIN EN 197-1 unterscheidet bei Zementen fünf Hauptkategorien. Neben dem reinen Portlandzement, den die Norm mit dem Kürzel CEM I kennzeichnet, gibt es auch so genannte Portland-Kompositzemente (CEM II), Hochofenzemente (CEM III), Puzzolanzemente (CEM IV) und Kompositzemente (CEM V). Die Varianten CEM IV und CEM V spielen in der Praxis aber eher eine untergeordnete Rolle. Zumindest in Deutschland werden sie kaum hergestellt.
Im Gegensatz zum reinen Portlandzement besteht Portlandkompositzement (CEM II) nicht nur aus Portlandzemenklinker. Das Bindemittel enthält darüber hinaus noch andere Stoffe. Dabei handelt es sich häufig um Kalkstein, Hüttensand (Nebenprodukt der Stahlproduktion) oder Flugasche (Nebenprodukt der Steinkohleverstromung). Aber auch natürliche Puzzolane, gebrannter Schiefer und Silicastaub sind gängige Zusatzstoffe für CEM-II-Zemente. Von Hochofenzement (CEM III) spricht man, wenn der Hüttensand-Anteil besonders hoch ist.
Marktsituation
Insgesamt lässt sich sagen, dass der Marktanteil des reinen Portlandzements in den letzten Jahrzehnten stark abgenommen hat. Dabei geht es nicht nur darum, dass die Industrie teuren Portlandzementklinker sparen und durch industrielle Abfallprodukte wie Aschen und Schlacken ersetzen will. Die Herstellung von Portlandzementklinker ist einfach sehr energieintensiv und bringt die Zementindustrie wegen der damit verbundenen hohen CO2-Emissionen regelmäßig in Verruf. Der Einsatz von industriellen Nebenprodukten wie Hüttensand oder Flugasche ist dagegen ein sinnvoller Recycling-Vorgang, der zur Verbesserung der CO2-Bilanz beiträgt. Aufgrund der beschriebenen Zusammenhänge hat reiner Portlandzement heute in Deutschland nur noch einen Marktanteil von etwa 30 %. Zum Vergleich: Um die Jahrtausendwende waren es noch etwa 60 %.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
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