
Von wegen kalter Beton: Diese Terrassenplatten sind garantiert heißer als der Grünstreifen. Foto: Kann
Baustoffe: Was bedeutet Wärmespeicherfähigkeit?
Die Frage, was unter der Wärmespeicherfähigkeit eines Baustoffs zu verstehen ist, scheint auf den ersten Blick einfach zu beantworten. Es geht eben um die Fähigkeit des Materials, Wärme zu speichern. Ein Baustoff, der viel Wärme aufnehmen kann, hat eine hohe Wärmespeicherfähigkeit. So weit, so klar. Allerdings steht der Begriff nur für die grundsätzliche Fähigkeit zur Speicherung. Unter welchen Bedingungen und wie lange Wärme tatsächlich aufgenommen wird, hängt von äußeren Faktoren ab.
Ganz allgemein gilt: Je höher die Dichte eines Baustoffs, umso mehr Wärme kann er potenziell speichern. Schwere Innenwände aus dichten Materialien wie zum Beispiel Kalksandstein oder Beton sind daher besonders gut geeignet, um etwa Wärme aus dem Innenraum zu speichern. Auf diese Weise können sie vor einer Überhitzung der Räume schützen. Leichte Wandbaustoffe – wie porosierte Ziegel oder Porenbeton – stehen dagegen für eine höhere Wärmedämmung, aber eine geringere Wärmespeicherfähigkeit.
Die grundsätzliche Fähigkeit von Baustoffen, Wärme aufzunehmen und zumindest zwischenzeitlich zu speichern, setzt allerdings bestimmte äußere Rahmenbedingungen voraus. Zum einen findet nämlich die Wärmeaufnahme nur dann statt, wenn die Lufttemperatur im Innenraum höher ist als die Temperatur an der Wandoberfläche. Zum anderen bleibt die Wärme nur dann in der Wand, wenn diese nicht an einen kälteren (Außen-)Bereich angrenzt beziehungsweise wenn sie nach außen hin ausreichend gedämmt ist.
Voraussetzungen für die Wärmespeicherung

Speicherwunder: Im Wasserbad aufgeheizte Steine spenden lange wohltuende Wärme. Foto: Pixabay
Erste Voraussetzung dafür, dass die Baustoffe „überschüssige“ Wärme von außen speichern, ist also das Vorhandensein eines Temperaturgefälles. Die Wand nimmt nur solange Wärme auf, solange sie kälter ist als die angrenzenden Luftschichten. Ist hier ein Gleichgewicht erreicht, dann hört der Speichervorgang auf. Ist die Wandoberfläche wärmer als die Raumluft (oder die Außenluft), dann verläuft der Wärmestrom genau anders herum. Die Wand gibt Wärme ab.
Die Wärmespeicherfähigkeit eines Materials hängt also nicht nur von dessen Dichte ab. Damit überhaupt ein Wärmestrom stattfinden kann, muss es ein Temperaturgefälle geben. Wenn sich etwa die Temperatur der Innenraumluft im Vergleich zur Innenwandoberfläche erhöht, dann kann der Baustoff in diesem Augenblick – trotz gleichbleibender Materialdichte – mehr Wärme speichern.
Die zweite Voraussetzung dafür, dass eine Wärmespeicherung der Innenwand überhaupt stattfindet, hängt mit dem Temperaturverlauf auf der gegenüberliegende Wandseite zusammen. Betrachten wir das Beispiel einer nicht gedämmten Wand: Ist es draußen knackig kalt, wird die Wärme, welche die Wand gerade erst aus dem Innenraum aufgenommen hat, innerhalb kürzester nach draußen abfließen. Das ist eben das scheinbare Paradoxon: Je dichter (und damit schwerer) das Wandmaterial, umso mehr Wärme kann es theoretisch aufnehmen, umso höher ist aber die Wärmeleitfähigkeit des Baustoffs und damit die Gefahr, dass die Wärme auch schnell wieder „entweicht“.
Das rasche Abfließen der Wärme in einen kälteren Außenbereich lässt sich nur durch die Außendämmung der Wand nennenswert verzögern. Eine hohe Wärmespeicherung des Mauerwerks setzt also in vielen Fällen eine gleichzeitig vorhandene Wärmedämmung voraus. Natürlich gilt das nicht für jede Situation: Ist die Außenluft im Sommer aufgeheizt und die Wand dagegen relativ kalt, dann wird ein nicht gedämmter Baustoff eher Wärmenergie aufnehmen anstatt sie abzugeben.
Wozu Wärmespeicherung?
Nachdem wir geklärt haben, was Wärmespeicherfähigkeit ist und wie sie funktioniert, bleibt die Frage nach der praktischen Bedeutung dieser Materialeigenschaft für den Gebäudebereich. Wie oben schon angedeutet können Innenbaustoffe – also Innenwände und Decken sowie Wandbeschichtungen und -verkleidungen – durch ihre Speicherfähigkeit dazu beitragen, dass die Raumtemperatur behaglich bleibt. Praktisch relevant ist das vor allem im Sommer, wenn sich Gebäude über die Sonneneinstrahlung durch die Fenster stark aufheizen. Große und dichte Speichermassen können dann einen effektiven Beitrag zur Raumluftregulierung leisten.
Das gilt nicht zuletzt auch für Bürogebäude, die im Fassadenbereich oft großzügig verglast sind und sich durch moderne Bürotechnik wie Computer und Drucker zusätzlich erwärmen. Innenbaustoffe mit hoher Wärmespeicherfähigkeit sind hier eine nachhaltige Lösung, um eine Überhitzung der Arbeitsräume zu verhindern. Dabei wird vor allem weniger Energie verschwendet als beim Betrieb einer klassischen Klimaanlage.
Dagegen haben speicherfähige Innenbaustoffe nur einen geringen Einfluss auf den Heizenergieverbrauch eines Gebäudes. Der lässt sich am effektivsten durch die Dämmung der Außenwand senken. Überhaupt ist die Wärmespeicherung von Baustoffen nur ein relativ kurzfristiger Prozess. Er lässt sich nutzen, um tagsüber „überschüssige“ Raumwärme vorübergehend zu speichern, die dann in den Abendstunden bei abnehmenden Raumtemperaturen wieder abgegeben wird. Dagegen ist es nicht möglich, mithilfe von Wandbaustoffen die Sommerwärme langfristig zu speichern, um sie dann im Winter als kostenlose Heizenergie zu nutzen.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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