
Betonbrücken-Abriss: Bauschutt könnte man künftig vermehrt für R-Beton verwenden. Foto: HeidelbergCement AG / Steffen Fuchs
Was ist R-Beton?
Der Begriff R-Beton wird meist mit „ressourcenschonender Beton“ übersetzt. Er steht für die Idee eines nachhaltigeren Betons, dessen Gesteinskörnungen zumindest zum Teil aus Bauschutt aufbereitet sind. Dafür werden dann natürliche Sand-, Kies- und Splitt-Vorkommen geschont. R-Betone kommen bereits vereinzelt zum Einsatz – auch in Deutschland. Der große Marktdurchbruch lässt aber bisher auf sich warten.
Nach dem jüngsten Monitoring-Bericht „Mineralische Bauabfälle“ der Initiative Kreislaufwirtschaft Bau wurden in Deutschland im Jahr 2016 immerhin 77,7 % des beim Abriss von Bauwerken angefallenen Bauschutts wieder zu neuen Baustoffen recycelt. Üblicherweise handelt es sich bei diesen Recycling-Baustoffen aber nur um aufbereitete Gesteinskörnungen, die für den Straßen- und Wegebau oder für andere Tiefbauprojekte zum Einsatz kommen. Bauschutt-Recycling bedeutet daher heute meist noch Downcycling. Aus den Abbruchmaterialien entstehen also nur selten neue hochwertige Werkstoffe für den Hochbau – wie zum Beispiel Beton.
Technisch machbar
Nun besteht der Massenbaustoff Beton bekanntlich aus einem Bindemittel (meist Zement) – und eben Gesteinskörnungen. Könnte man für neue Betonmischungen also nicht einfach auch Gesteinszusätze verwenden, die aus Bauschutt aufbereitet sind, und somit natürliche Vorkommen schonen? Die gute Nachricht: Grundsätzlich sind solche R-Betone problemlos herstellbar. Jedes Betonwerk kann so etwas produzieren, einige machen es auch bereits. Sie verwenden für ihre Rezepturen also so genannte rezyklierte Gesteinskörnungen (RC-Gesteinskörnungen).
Die Probleme liegen im Detail. Die Sache ist eben nicht ganz so einfach wie es im ersten Moment erscheint. Schließlich ist es für einen hochwertigen Beton keineswegs egal, was für Gesteinskörnungen er enthält. Zwar lässt sich fast jeder Bauschutt derart brechen und sieben, dass man die für Betone benötigten Korngrößen erhält. Aber Kies und Splitt aus der Natur haben natürlich spezifische Festigkeitseigenschaften und lassen sich nicht einfach beliebig durch andere Gesteinskörnungen ersetzen, wie man sie zum Beispiel künstlich aus alten Mauerwerkziegeln aufbereiten könnte.
Noch viele Fragen offen
Hinzu kommt, dass R-Beton auch nicht in allen Fällen nachhaltiger ist als herkömmlicher Beton. Verwendet ein regionales Betonwerk frisch abgebaute Gesteinskörnungen aus der näheren Umgebung, so kann dies im Einzelfall ökologischer sein als wenn man RC-Materialien aus größerer Entfernung anliefern lassen würde. Dasselbe könnte auch gelten, wenn die Aufbereitung von Bauschutt zu passenden Gesteinskörnungen sehr aufwändig und/oder energieintensiv ist.
In Deutschland müssen Betonhersteller rezyklierte Zusätze bisher intensiven Qualitätsprüfungen unterziehen. Das schreckt offenbar viele ab, sich mit der Thematik zu beschäftigen. Oder sie verwenden für R-Beton ausschließlich RC-Material aus Altbetonen, vermeiden aber andere Bauschuttmaterialien. In Ländern wie den Niederlanden und der Schweiz geht man viel pragmatischer mit R-Beton um. Es gibt dort nicht so viele normative Einschränkungen und deshalb kommen bei Neubauten bereits weitaus häufiger rezyklierte Gesteinskörnungen zum Einsatz.
Small House aus R-Beton

100 % R-Beton: Das Small House III wurde im Oktober 2018 eingeweiht. Foto: TUK
Damit der R-Beton auch in Deutschland vorankommt, müsste es wohl noch mehr gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse darüber geben, wie sich unterschiedliche RC-Gesteinskörnungen in unterschiedlichen Mengenanteilen auf die Eigenschaften von Frischbeton auswirken. Das dreijährige Verbundforschungsprojekt „R-Beton – Werkstoff der nächsten Generation“ führte immerhin schon mal zu der Erkenntnis, dass es gerechtfertigt erscheint, künftig höhere Gehalte an RC-Gesteinskörnungen für R-Beton zu ermöglichen, da das bisher maßgebliche deutsche Regelwerk weitgehend auf zum Teil veralteten Erkenntnissen der 1990er-Jahre basiert.
Im Zuge dieses Forschungsprojekts hat die beteiligte TU Kaiserslautern übrigens im Oktober 2018 auf ihrem Campus das deutschlandweit erste Gebäude errichtet, für dessen Außenwände ausnahmslos Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung zum Einsatz kam. Dieses so genannte Small House III wird von den Forschern nun mehrere Jahre mithilfe zahlreicher Sensoren überwacht. So will man das bauphysikalische Verhalten des Betons einem Langzeittest unterziehen.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
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