
Modulbauweise: Das Hamburger Studentenwohnheim „Woodie“ entstand 2017 in nur neun Monaten. Grafik: www.woodie.hamburg
Was versteht man unter Modulbauweise?
Deutschland braucht dringend mehr Wohnraum, zumindest in städtischen Ballungsräumen herrscht ein gravierender Mangel. Da neuer Wohnraum möglichst schnell entstehen und zugleich bezahlbar sein soll, wird verstärkt über industrielle Bauweisen mit hohem Vorfertigungsgrad diskutiert. Im Fokus steht dabei nicht zuletzt die so genannte Modulbauweise. Unser Beitrag erklärt, worum es dabei geht und wie sich der Begriff vom seriellen Bauen abgrenzen lässt.
In der aktuellen Debatte um neue Bauweisen fallen immer wieder die Begriffe modulares und serielles Bauen, wobei oft unklar bleibt, ob es sich dabei nur um unterschiedliche Ausdrücke für ein und dieselbe Sache handelt oder um verschiedene Bauweisen. Die Mitte September auf der Messe Nordbau erstmals in Auszügen vorgestellte Studie „Seriell, modular, leicht – Zukunft Bau?“ bemüht sich hier um mehr begriffliche Trennschärfe.
Abgrenzung von seriell und modular
Laut Definition der Studie, die vom Magazin BaustoffMarkt in Zusammenarbeit mit dem Kölner Marktforschungsinstitut abh Market Research realisiert wurde, steht der Begriff serielles Bauen ganz allgemein für die Errichtung weitgehend standardisierter Gebäude mit Typengenehmigung. Dabei wird ein Gebäudetyp nur einmal geplant und dann später an verschiedenen Orten identisch („in Serie“) gebaut.
Die Studie betont interessanterweise, dass diese Bauweise nicht zwingend eine industrielle Vorfertigung der einzelnen Gebäudebauteile voraussetzt. Dahinter steckt der grundlegende Gedanke, dass ja schließlich sogar ein ganz traditionelles, „Stein auf Stein“ errichtetes Gebäude auf einem Typenhaus basieren kann, das man an vielen Orten in Serie fertigt.
In der Praxis bestehen seriell gebaute Gebäude allerdings meist aus großformatigen, im Herstellerwerk vorgefertigten Bauteilen, die man auf der Baustelle nur noch zusammenmontieren muss. Ist diesem Fall wird serielles Bauen zugleich zum modularen Bauen, denn die vorgefertigten Bauteile – zum Beispiel Innenwände, Decken, Fassaden oder auch Balkone – sind ja schließlich fertige Einzelmodule, die man später nach dem Baukastenprinzip zusammenfügt. Wenn ein Bau also auf einer typisierten Planung basiert, also an vielen Orten in identischer Weise errichtet wird, und dies zugleich weitgehend mithilfe industriell vorgefertigter Bauteile (Module) geschieht, ist serielles und modulares Bauen im Prinzip ein- und dasselbe.
Doch nicht jede Modulbauweise ist zugleich eine serielle Bauweise. Schließlich kann ja auch ein Gebäude, das als Unikat errichtet wird (also nicht seriell), aus vorgefertigten Modulen bestehen. Außerdem gibt es auch viele nicht seriell geplante Gebäude, die dennoch zum Teil aus vorgefertigten Modulen bestehen. Klassisches Beispiel ist hier der Fertigbalkon.
In den letzten Jahren bieten immer mehr Hersteller auch einzelne, komplett vorgefertigte Raummodule an – zum Beispiel bereits weitgehend eingerichtete Badzellen –, die auf der Baustelle als Ganzes in das Gebäude eingefügt werden. Solche dreidimensionalen Raumzellen sind das, was heute in vielen Fällen gemeint ist, wenn irgendwo von der Modulbauweise die Rede ist.
Serielles Bauen in der Praxis

Hochwertige Module: Die Wände der gestapelten Wohnraumzellen im „Woodie“ bestehen aus massivem Holz. Foto: www.woodie.hamburg
Auf Grundlage der oben genannten, relativ weit gefassten Definition ist serielles Bauen in der Praxis bereits weit verbreitet. Standardisierte Typengebäude gibt es schließlich schon seit langem, und oft werden ihre Bestandteile auch industriell vorgefertigt. Das gilt zum Beispiel für das klassische Einfamilien-Fertighaus. Und im Nichtwohnungsbau werden bereits heue viele Hallenbauten sowie temporäre (Container-)Gebäude seriell gefertigt. Das gilt beispielsweise für viele Flüchtlingswohnheime, die man nach 2015 in kurzer Zeit errichtet hat.
Dagegen kommt die Studie „Seriell, modular, leicht – Zukunft Bau?“ zu dem Ergebnis, dass das serielle Bauen im Geschosswohnungsbau mit mehreren Wohnungen pro Gebäude noch nicht wirklich angekommen sei. Das mag auch damit zusammenhängen, dass die Bauweise in diesem Bereich negative Assoziationen aus der Vergangenheit weckt. Denn schließlich waren auch die in der DDR weit verbreiteten „Plattenbauten“ seriell hergestellte Gebäude.
Die Studie weist aber auch noch auf einen anderen Punkt hin, weswegen serielle Bauweisen bisher in Ballungsräumen mit großer Wohnungsnot kaum zum Zuge kommen. Oft mangelt es schlichtweg an den notwendigen Neubaugebieten. Zumindest fehlt vielerorts bezahlbares Bauland, auf dem dann komplett neue Wohnanlagen entstehen könnten. Stattdessen setzen die Städte eher auf Nachverdichtungen in Form von Dachaufstockungen bei bereits bestehenden Wohnhäusern.
Verbreitung der Modulbauweise
Während das serielle Bauen – im Sinne von weitgehend standardisierten Typengebäuden – im Geschosswohnungsbau des wiedervereinigten Deutschlands bisher keine große Rolle spielt, sieht die Studie einen steigenden Stellenwert des modularen Bauens auch im mehrgeschossigen Wohnungsbau. Die meisten solcher Neubauten werden zwar nicht seriell geplant und bestehen auch nicht komplett aus Fertigbauteilen, aber zumindest einzelne vorgefertigte Module wie Decken- und Wandelemente, Balkone oder Fassaden sind vielerorts schon Standard. Und auch bei Dachaufstockungen im Bestand ist modulares Bauen laut Studie bereits ein Thema.
Die Modulbauweise mit kompletten Raumzellen ist in Deutschland zwar bisher noch nicht besonders verbreitet, qualitativ hat sich das Marktangebot mittlerweile aber enorm entwickelt. Bauen mit Modulen ist heute eben nicht mehr gleichbedeutend mit simplen Containerbauten für rein temporäre Zwecke. Stattdessen gibt es Anbieter hochwertiger Raummodule, die architektonisch ansprechend sind sowie bau- und energietechnisch keineswegs schlechter abschneiden müssen als konventionell errichtete Gebäude.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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