
Carbonatisierung führt irgendwann zu Betonabplatzungen.
Foto: Thomas Max Müller / www.pixelio.de
Betonschäden (Teil 1): Carbonatisierung und Lochfraß
Durch chemische Einflüsse von außen kann es an Betonbauwerken im Laufe der Zeit zu Schäden kommen – auch dann, wenn sie ursprünglich korrekt geplant und ausgeführt wurden. Wir stellen die häufigsten Betonschäden vor.
Es geht in diesem Beitrag nicht um Schäden, die durch eine ungeeignete Rezeptur des verwendeten Betons, eine falsche Betonverarbeitung oder eine unpassende Konstruktionsplanung auftreten können. Das häufig zu beobachtende Phänomen von Rissen im Beton ist beispielsweise in vielen Fällen auf solche Baufehler zurückzuführen. Auch Flecken oder Kalkausblühungen lassen sich bei richtiger Rezeptur und Ausführung in der Regel vermeiden. Es geht hier vielmehr um Schadensfälle, die im Laufe der Zeit durch ungünstige Umgebungseinflüsse auftreten: durch chemische Belastungen aus der Luft im Zusammenspiel mit Feuchtigkeit.
Was ist Carbonatisierung?
Eine allgegenwärtige Gefahr für Betonbauten ist die so genannte Carbonatisierung. Der Ausdruck „Carbon“ steht für Kohlenstoff, der in Form von Kohlendioxid (CO2) ganz natürlich in der Luft vorkommt, also tatsächlich allgegenwärtig ist. Unter Carbonatisierung versteht man nun die chemische Reaktion zwischen dem Zementstein im Beton und dem Kohlendioxid der Umgebungsluft. Bei dieser verwandelt sich der Zementstein in Calciumcarbonat, was chemisch betrachtet nichts anderes als Kalkstein ist.
Wo diese Reaktion im Beton stattfindet, wird also das Bindemittel Zement durch Kalkstein ersetzt. Für den Zusammenhalt des Betons ist das aber zunächst gar kein Problem, durch die Umwandlung verliert er keineswegs an Festigkeit. Schließlich ist Kalkstein ja sowieso Bestandteil von Beton. Neben Ton ist er der wichtigste Rohstoff zur Herstellung von Zement. Bezogen auf reinen Beton ist die Carbonatisierung also eigentlich kein großes Problem. Anders sieht es allerdings bei Stahlbeton aus.
Problemfall Stahlbeton
Durch Stahlbewehrungen wird die Zugfestigkeit von Betonbauteilen entscheidet verbessert. Die meisten modernen Betonbauwerke wären ohne solche Metalleinlagen gar nicht realisierbar. Dabei gehen Stahl und Beton eine durchaus harmonische Verbindung ein: Auf der einen Seite verbessert die Stahleinlage die Zugfestigkeit des Betons, und auf der anderen Seite wird der Stahl durch die ihn umgebende Betonmasse vor Korrosion (Durchrostung) geschützt. Dieser Korrosionsschutz hängt mit dem hohen pH-Wert des Zementsteins zusammen, der bei über 12 liegt. In diesem alkalischen Milieu hat Rost kaum eine Chance.
Beim Thema Rost wird das Phänomen der Carbonatisierung dann aber doch zu einem Problem. Denn Kalkstein (Calciumcarbonat) hat einen deutlich geringeren pH-Wert als Zementstein. Die durch Reaktion mit Kohlendioxid verwandelte Betonmasse schützt die Stahlbewehrung daher wesentlich schlechter vor Korrosion.
Folgen der Carbonatisierung
Die Carbonatisierung wirkt in einem feuchten Milieu stärker und schneller als in einem trockenen. Deshalb sind Außenbauteile eher betroffen als Innenbauteile. Erste Anzeichen für diesen Prozess sind meist braune (Rost-)Flecken an der Betonoberfläche. Die Korrosion tritt vollflächig an der Oberfläche der Bewehrungsstäbe auf. Da Rost ein deutlich größeres Volumen als Stahl oder Eisen hat, wächst der Durchmesser der Stäbe mit der Zeit erheblich. Das führt dann häufig dazu, dass der überdeckende Beton an einzelnen Stellen abzuplatzen beginnt. Wer mit offenen Augen durch Deutschlands Städte geht, kann das insbesondere an Balkonplatten aus Beton häufig beobachten.
Schutz vor Carbonatisierung
Übrigens gibt es durchaus wirksame Betonanstrichmittel, die das Eindringen von Kohlendioxid und Feuchtigkeit in die Bausubstanz verhindern können. Aus Kostengründen oder Unwissenheit werden sie aber oft nicht verwendet. Ein besserer Schutz vor Carbonatisierung lässt sich zudem realisieren, wenn auch die äußeren Stahleinlagen noch mit einer einigermaßen dicken Betonschicht abgedeckt sind. Die Bewehrung sollte sich nicht zu nah an der Bauteiloberfläche befinden. Hoch verdichteter Beton ist außerdem weniger anfällig gegen das Eindringen von Kohlendoxid als porösere Varianten.
Lochfraß durch Chlorid

Chloridschäden treten häufig bei Stahlbetonbrücken auf.
Foto: PCI
Eine andere große Gefahr für frei bewitterte Betonbauten sind die so genannten Chloridschäden. Sie kommen zum Beispiel häufig bei Brückenbauwerken oder Parkhäusern vor. Wie bei der Carbonatisierung erfolgt der chemische Angriff durch Chloride ebenfalls zunächst an der Stahlbewehrung. Erst durch deren Schwächung wird das gesamte Bauteil in Mitleidenschaft gezogen. Auslöser für die Schäden sind insbesondere die im Winter bei Eis und Glätte verwendeten Tausalze, die Chloride enthalten.
Bei Tauwetter können dann Chloridlösungen in ungeschützte Verkehrsflächen aus Beton eindringen und dort bis zur Stahlbewehrung vordringen. Das führt wiederum zu Korrosionsprozessen. Anders als bei der Carbonatisierung erfolgt durch die Chloride aber keine vollflächige Korrosion an der Oberfläche der Bewehrungsstäbe, sondern es kommt nur an einzelnen Stellen zu punktförmiger Korrosion. Die dringt dafür aber umso tiefer in das Metall ein. Mit der Zeit entstehen regelrechte „Rostlöcher“ – man spricht deshalb auch von Lochfraß-Korrosion.
Einsturzgefahr
Das Heimtückische am Lochfraß ist, dass er sich von außen nicht ankündigt. Während es bei der Carbonatisierung zunächst zu braunen Flecken und dann zu Abplatzungen an der Betonoberfläche kommt, entwickeln sich die Chloridschäden weitgehend unsichtbar. Da es nicht zu einer Volumenvergrößerung der Stahlbewehrung kommt, kann der Lochfraß im Verborgenen weiterwirken, bis dann irgendwann plötzlich die Standfestigkeit des Bauwerks akut gefährdet ist. Zu verhindern ist das letztlich nur durch das Aufbringen von geeigneten Schutzbeschichtungen für Betonoberflächen oder durch den Verzicht auf Tausalz.
Der zweite Teil unseres Beitrags zu typischen Betonschäden folgt in Kürze an dieser Stelle. Darin geht es dann um Schäden durch das so genannte Sulfattreiben und durch Alkalireaktionen.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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