RM Rudolf Müller
Kellerlichtschächte aus glasfaserverstärktem Kunststoff sind äußerst stabil. Foto: ACO Hochbau

Kellerlichtschächte aus glasfaserverstärktem Kunststoff sind äußerst stabil. Foto: ACO Hochbau

Grundstoffe des Bauens
06. Mai 2016 | Artikel teilen Artikel teilen

GFK & Co.: Faserverstärkte Kunststoffe im Bauwesen

Faserverstärkte Kunststoffe bieten die typischen Vorteile herkömmlicher Kunststoffe, zeichnen sich darüber hinaus aber durch eine höhere Steifigkeit und Festigkeit aus. Das macht sie unter anderem interessant für tragende Leichtbau-Konstruktionen.

Für faserverstärkte Kunststoffe verwendet man in der Praxis bisher vor allem relativ günstig herzustellende Glasfasern. Man spricht dann von glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK). Ähnlich wie die Metalleinlagen im Stahlbeton dienen die dünnen Fäden aus Glas zur Armierung des Kunststoffs. Durch die Armierung verbessern sich die mechanischen Eigenschaften des leichten Werkstoffs, vor allem seine Festigkeit und Steifigkeit. Dadurch wird er deutlich robuster und tragfähiger. Der Kunststoff wiederum bildet – analog zum Zement im Stahlbeton – die verbindende Matrix, welche die Fasern zusammenhält.

Typische Einsatzbereiche

Auch Abdeckungen für Entwässerungsrinnen bestehen oft aus GFK. Foto: ACO Hochbau

Auch Abdeckungen für Entwässerungsrinnen bestehen oft aus GFK. Foto: ACO Hochbau

GFK-Materialien werden im Bauwesen schon seit Längerem in vielen Bereichen eingesetzt. So bestehen zum Beispiel Schachtabdeckungen und Gitterroste auf öffentlichen Straßen und Wegen immer häufiger aus solchen faserverstärkten Kunststoffen. Ein großer Vorteil der synthetischen Polymere gegenüber herkömmlichen Materialien wie Stahl oder Gusseisen besteht darin, dass sie nicht rosten. Außerdem sind die Kunststoff-Abdeckungen deutlich leichter als metallische Werkstoffe.

Große Lichtschächte im Kellerbereich werden ebenfalls häufig aus GFK gefertigt. So sind sie trotz ihrer enormen Größe äußerst stabil. Und auch bei Fensterrahmen aus Kunststoff scheint der Trend unaufhaltbar. Immer häufiger setzten Hersteller hier nicht mehr auf einfaches Hart-PVC, sondern auf die faserverstärkte Variante. Der Vorteil: Das steifere Material erlaubt schmalere Rahmen, was wiederum größere Fensterglasflächen ermöglicht. GFK-Rahmen benötigen zudem keine aussteifenden Metalleinlagen. Das verbessert die Wärmedämmung.

Vorteilhafter Verbund

Fassadenelement aus GFK-Profilen mit verklebtem Flachglas. Foto: Fiberline Composites A/S

Fassadenelement aus GFK-Profilen mit verklebtem Flachglas. Foto: Fiberline Composites A/S

Schon normale Kunststoffe haben viele Vorteile, die sie für Bauanwendungen interessant machen. Sie lassen sich in beliebige Formen gießen, haben ein geringes Gewicht und eine niedrige Wärmeleitfähigkeit, rosten nicht, sind wasserdicht sowie beständig gegen Chemikalien und leiten keine Elektrizität. Doch es gibt auch Nachteile. Dazu zählen die im Vergleich zu Beton und Stahl geringere Steifigkeit und Festigkeit sowie die leichtere Verformbarkeit durch Hitzeeinwirkung. Durch Zugabe von Fasern lässt sich dieser Nachteil zumindest abschwächen.

Risse im Kunststoff werden so – zumindest quer zur Ausrichtung der Fasern – deutlich unwahrscheinlicher. Die Fasern wirken rissüberbrückend. Es ist wie bei Holz: Das lässt sich entlang der Zellulosefasern leicht spalten, aber quer zur Maserung verhält es sich sehr zäh. Diese Analogie lässt sich sogar noch weiter treiben. Sowohl GFK als auch Holz enthalten aussteifende Fasern (Glasfasern beziehungsweise Zellulose), die jeweils durch eine kittende Substanz zusammengehalten werden (Kunststoff beziehungsweise das Lignin im Holz). Mehr noch: Ebenso wie Kunststoff ist auch Lignin ein Polymer, nur eben ein natürliches. Beide Stoffe bestehen aus Kohlenstoffverbindungen.

GFK als Brückenbaustoff

Diese alte Kopenhagener Betonbrücke erhielt eine neue Fahrbahn aus GFK-Profilen. Foto: Fiberline Composites A/S

Diese alte Kopenhagener Betonbrücke erhielt eine neue Fahrbahn aus GFK-Profilen. Foto: Fiberline Composites A/S

Glasfaserverstärkter Kunststoff ist zugleich leicht und stabil, rostet nicht und ist resistent gegenüber Frost sowie Tausalzen. Das macht ihn nicht zuletzt für Bauwerke im Außenbereich interessant – zum Beispiel für Brücken. Könnte man diese nicht viel bequemer aus GFK bauen anstatt aus Stahl oder Stahlbeton? Und wären langfristig nicht Millionen an Sanierungskosten einsparbar, weil es mit GFK keine Korrosionsschäden oder Risse im Beton mehr geben würde? So verlockend diese Lösung klingt, sie ist bisher nur eingeschränkt realisierbar. Denn GFK ist zwar deutlich verformungsresistenter als normaler Hart-Kunststoff, aber zugleich weniger belastbar als Stahl und Beton.

Zwar gibt es tatsächlich schon Brückenprojekte, die komplett aus GFK gebaut wurden, aber das funktioniert nur bei relativ kleinen Bauwerken mit geringen Spannweiten. In der Praxis bereits bewährt haben sich dagegen Verbundkonstruktionen aus Stahl und Glasfaserkunststoff. Dabei wird ein Tragwerkgerüst aus Stahl mit einer aufgeklebten Fahrbahn aus GFK kombiniert. Eine solche Brücke wurde in Deutschland erstmals 2008 in der Nähe von Friedberg bei Frankfurt realisiert. Das einspurige Bauwerk mit einer Spannweite von 27 Metern verfügt über eine Fahrbahn aus GFK-Profilen von Fiberline Composites A/S. Der dänische Hersteller hat für seine Profile übrigens 2014 die bauaufsichtliche Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik (DiBt) erhalten.

Kohlefaserverstärkte Kunststoffe

Will man große Brücken inklusive Tragwerk komplett aus faserverstärkten Kunststoffen konstruieren, dann reicht GFK nicht aus. Möglich wäre ein solches Vorhaben aber mit einem kohlefaserverstärktem Kunststoff – kurz CFK. Kohlenstofffasern (auch Carbonfasern genannt) sind noch leichter und viel stabiler als Glasfasern. Sie kommen bisher vor allem als High-Tech-Werkstoffe für Flugzeuge, Automobile oder Sportgeräte (Tennisschläger) zum Einsatz. Kohlefaserverstärkter Kunststoff ist zugfester als Stahl und Beton. In Sachen Verformungssteifigkeit ist er mit Stahl vergleichbar – zugleich aber viel leichter.

Allerdings ist CFK derzeit noch deutlich teurer als Stahl und Beton. Deshalb konnte sich dieser faserverstärkte Kunststoff bisher noch nicht als Material für komplette Bauwerkteile durchsetzen. Immerhin: So genannte CFK-Lamellen sind bereits Stand der Technik bei der Sanierung von Beton- und Holzbauten. Dabei handelt es sich um streifenförmige CFK-Platten, die man von außen auf die schadhaften Bauteile aufklebt, um so deren Steifigkeit und Festigkeit zu erhöhen.

Mit den Lamellen lässt sich schon bei geringem Materialeinsatz eine starke stabilisierende Wirkung erzielen. Deshalb rechnet sich hier der Einsatz von CFK, trotz des hohen Preises. Für die Zukunft stehen die Chancen aber gar nicht so schlecht, dass CFK irgendwann zum Massenbaustoff wird. Derzeit arbeiten Forscher intensiv daran, Karbonfasern aus dem Holzbestandteil Lignin herzustellen. Der fällt unter anderem bei der Papierherstellung massenhaft als Abfall an. Carbonfasern aus Lignin wären deutlich günstiger als die bisherigen Fasern, die man überwiegend aus synthetischen Textilfasern und aus Pech gewinnt.


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Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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