RM Rudolf Müller
Die Fassade dieses Hauses wurde mit wärmebehandeltem Holz vom amerikanischen Tulpenbaum verkleidet. Fotos: AHEC

Die Fassade dieses Hauses wurde mit wärmebehandeltem Holz vom amerikanischen Tulpenbaum verkleidet. Fotos: AHEC

Grundstoffe des Bauens
11. September 2018 | Artikel teilen Artikel teilen

TMT: Thermoholz aus den USA

Was man in Deutschland Thermoholz nennt, wird im englischsprachigen Raum meist mit TMT abgekürzt („Thermally Modified Timber“). Die Herstellungsmethode dieses thermisch modifizierten Holzes ist aber überall dieselbe: Durch eine Wärmebehandlung mit heißem Wasserdampf wird Holz resistenter gegen Fäulnis, Insekten und Mikroorganismen. So eignet es sich besser für den Außenbereich – ganz ohne chemischen Holzschutz. TMT hat auch das Anwendungsspektrum preiswerter Laubholzarten aus den USA erweitert. Ein Beitrag von Neil Summers, technischer Berater des Verbandes für amerikanische Laubhölzer.

Das Verfahren der thermischen Modifizierung von Holz hat neue Wachstumschancen für die Verwendung von US-Laubhölzern im Außenbereich eröffnet, also dort, wo früher nur chemisch behandelte Nadelhölzer und Tropenhölzer zum Einsatz kamen. Durch die TMT-Technik können nun auch preiswertere amerikanische Laubholzarten – zum Beispiel Tulpenbaum und weicher Ahorn – ohne chemische Behandlung im Außenbereich genutzt werden, obwohl sie von Natur aus eigentlich weniger wetter- und schädlingsresistent sind .

Wegen ihrer ansprechenden offenporigen Maserung ist bisher wahrscheinlich die wärmebehandelte Esche das beliebteste Thermoholz für Terrassen und Verkleidungen im Außenbereich. Die steigende Nachfrage sowie Sorgen wegen des Befalls mit dem asiatischen Eschenprachtkäfer in den USA und wegen des Eschentriebsterbens durch neue Pilzarten in Europa („Falsches Weißes Stängelbecherchen) rücken mittlerweile aber auch alternative Laubholzarten verstärkt in den Fokus. Weitere US-Laubholzarten, die sich besonders gut als Thermoholz eignen, sind – neben Tulpenbaum und weicher Ahorn – unter anderem die Rot-Eiche und die Gelb-Birke.

Geschichte der TMT-Technik

Die Wärmebehandlung von Holz ist nicht neu. Schon die alten Wikinger wussten, dass Pfähle aus Holz mit verkohlter Oberfläche beim Bau von wehrhaften Anlagen länger halten als naturbelassene. Neuere Untersuchungen über die Vorteile von TMT wurden in den 1930er-und 40er-Jahren in Europa und in den USA durchgeführt. Die Technik erlangte damals aber noch keine Marktreife.

Erst gegen Ende der 1990er-Jahre begann man zunächst in den skandinavischen Ländern mit der modernen kommerziellen Nutzung der thermischen Modifizierung, so wie wir sie heute als Möglichkeit zur Verbesserung der Haltbarkeit und Festigkeit heimischer Laubhölzer kennen. Erst gegen Mitte der Nullerjahre gelangten gewerbliche TMT-Öfen nach Nordamerika, um auch dort die Langlebigkeit und den Wert einiger Laubholzarten zu erhöhen. Heute besteht kein Zweifel mehr, dass diese Technik für einige amerikanische Laubholzarten den gesamten Markt verändert.

Eigenschaften von Thermoholz

Thermoholz eignet sich auch perfekt für Balkon- und Terrassenbereiche.

Thermoholz eignet sich auch perfekt für Balkon- und Terrassenbereiche.

Die beiden größten Vorteile der thermischen Modifizierung bestehen in der immensen Verbesserung der Dauerhaftigkeit und der Dimensionsstabilität der Hölzer. Die TMT-Behandlung verringert den Feuchtigkeitsgehalt des Holzes auf etwa vier bis sechs Prozent. Die Gleichgewichtsfeuchte bleibt permanent niedrig, sodass das Holz nicht so schnell wie unbehandeltes Holz auf Veränderungen der Luftfeuchtigkeit reagiert.

Die verringerte Wasseraufnahmefähigkeit des Holzes führt zu besseren Festigkeitseigenschaften sowie zu einem geringeren Quellen und Schwinden. Die Haltbarkeit wird dadurch erhöht, dass während der thermischen Behandlung die Hemicellulose und die Kohlenhydrate aus dem Holz entfernt werden. Das sind die beiden Hauptnahrungsquellen für Holzschädlinge. Thermoholz aus amerikanischen Laubhölzern kann die gleiche Haltbarkeitsklasse 1 („sehr haltbar“) erreichen wie Tropenhölzer – etwa wie die extrem harte Holzart Ipé, die in Mittel- und Südamerika beheimatet ist.

Durch die Wärmebehandlung von Laubhölzern wird das Material nicht nur dunkler, sondern auch weicher und lässt sich daher mechanisch leichter bearbeiten. Auch die Wärmeleitfähigkeit wird geringer, Thermoholz bietet also eine höhere Wärmedämmung als unbehandelte Materialien. Da sich durch die Wärmebehandlung der gesamte Holzquerschnitt verändert, kann man die Produkte in der Praxis auch problemlos zuschneiden.

Positive Ökobilanz

Natürlich ist für die Wärmebehandlung der einmalige Einsatz einer zusätzlichen Energiemenge notwendig. Die Ökobilanz von Thermoholz fällt dennoch sehr positiv aus. Die Lebenszyklusanalyse hat ergeben, dass TMT-Endprodukte am Ende des Produktzyklus eine geringere Umweltbelastung darstellen als chemisch behandeltes Holz. Für Thermoholz müssen außerdem keine besonderen Transportvorschriften eingehalten werden. Nicht zuletzt gibt es weniger potenzielle Nachhaltigkeitsprobleme als bei Tropenhölzern aus Regionen mit hohem Risiko für illegalen Holzeinschlag. Unabhängige Studien belegen, dass dieses Risiko bei amerikanischen Laubhölzern nur gering ist.

Marktentwicklung

Die Thermoholzindustrie ist den Kinderschuhen bereits entwachsen. Es gibt weltweit schon über 100 Werke, die im großen Stil Thermoholz produzieren, wobei die meisten Großanlagen in Europa stehen. Aber es gibt auch noch Forschungsbedarf – beispielsweise zur thermischen Modifizierung weiterer Laubholzarten und zu der Frage, für welche Einsatzzwecke Thermoholz tatsächlich geeignet ist. Denn nicht alle Holzeigenschaften werden durch die Hitzebehandlung verbessert. So reduziert sich beispielsweise die Biegefestigkeit, was ein Fragezeichen hinter die Nutzung von Thermoholz in einigen statisch relevanten Bereichen setzt.

Der Verband für amerikanische Laubhölzer AHEC glaubt, dass der amerikanische Tulpenbaum die vielversprechendste Zukunft für die Thermoholz-Nutzung hat, vor allem im Bereich der Wand- und Deckenverkleidung. Die Holzart ist leicht, lässt sich sehr gut mechanisch verarbeiten und behandeln und ist zudem preisgünstig sowie reichlich verfügbar.


Über den Autor
Neil Summers berät den Verband für amerikanische Laubhölzer AHEC („American Hardwood Export Council“) mit seiner Beratungsfirma „Timber Dimension” als externer Berater auf dem Gebiet der Erforschung von Technologieentwicklungen. Er schloss sein Studium der Holztechnologie am Buckinghamshire College ab. Danach wurde er Forschungsassistent an der Fakultät für Reine und Angewandte Biologie am Imperial College in London. Im Anschluss arbeitete er für Protim in Marlow, bevor er kommerziellere Aufgaben bei der Osmose-Organisation im Vereinigten Königreich übernahm. Nach Jahren der Forschung und Sammlung von Erfahrung machte sich Neil Summers 2011 mit seiner eigenen Beratungsfirma selbstständig.


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