RM Rudolf Müller
System „Rock Shell“: Stabile Leichtbau-Außenwände mit Steinwolle-Kern. Foto: Rockwool

System „Rock Shell“: Stabile Leichtbau-Außenwände mit Steinwolle-Kern. Foto: Rockwool

Trockenbau
10. Mai 2016 | Artikel teilen Artikel teilen

Leichtbau: Viel Stabilität mit wenig Gewicht

Beim Bauen bevorzugen die Deutschen traditionell schwere Massivbaustoffe. Leichtbauweisen stoßen dagegen bei vielen auf Skepsis. Im Innenausbau und bei der Möbelherstellung mag das mittlerweile anders sein, doch wenn es um tragende Außenwände geht, hat es der Leichtbau hierzulande nach wie vor schwer. Dabei gibt es längst leistungsfähige Systeme, die bei geringem Gewicht auch sehr stabil sind.

Das Vorurteil, Leichtbauweisen seien nicht stabil, hält sich hartnäckig. Dabei zeigen moderne Leichtwerkstoffe in anderen Bereichen doch bereits eindrucksvoll, was in ihnen steckt. Man denke nur an Flugzeuge oder Formel-Eins-Wagen, deren Außenhäute immer häufiger aus kohlefaserverstärkten Kunststoffen (CFK) hergestellt werden. Bei solchen Anwendungen erscheinen uns superleichte Materialien völlig natürlich, wir bezeichnen sie ehrfürchtig als Hightech-Werkstoffe. Wenn es dagegen um die eigenen vier Wände geht, sind wir skeptischer. Komplette Häuser aus CFK sind derzeit zwar ohnehin kein Thema, weil das Material noch viel zu teuer ist. Aber davon abgesehen würden leichte „Plastikwände“ vermutlich auch sonst auf Ablehnung stoßen.

Vorurteile in Deutschland

Faserverstärkte Kunststoffe für tragende Bauteile sind wie gesagt derzeit noch Zukunftsmusik. Die Vorurteile der Deutschen gegenüber dem Leichtbau spüren allerdings auch längst wirtschaftliche und erprobte Leichtbauweisen wie der trockene Innenausbau. Wir beplanken zwar Dachschrägen mit Gipsplatten, aber wenn es um den Bau nichttragender Innenwände geht, wird zumindest im Wohnungsbau weiterhin überwiegend gemauert. Anders als in Ländern wie zum Beispiel den USA findet man leichte Trockenbauwände in Ständerbauweise bei uns meist nur im Gewerbebau. Dabei lassen sich solche Wände nicht nur schnell, sondern auch sehr stabil und mit höchsten Anforderungen an den Wärme-, Schall- und Brandschutz realisieren. Hinzu kommt der Vorteil, dass man die Zwischenwände bei Bedarf leicht wieder versetzen kann.

Auch die verschiedenen Skelettbauweisen aus Holz sind Leichtbauweisen, und auch sie fristeten in Deutschland lange Zeit ein Schattendasein. In den letzten Jahren scheint hier ein Umdenken stattzufinden. Im Wohnungsbau werden mittlerweile zunehmend auch leichte Gebäudehüllen mit Holzrahmenkonstruktionen realisiert – für Gebäudeaufstockungen, aber auch im Neubau. Trotzdem ist die Leichtbauweise noch meilenweit davon entfernt, hierzulande zur führenden Bauweise zu werden. Diese Position hat sie eigentlich nur bei Produktions- und Lagerhallen inne. Hier dominieren Metall-Skelettbauweisen mit Trapezprofilen aus Stahl- oder Aluminiumblech.

Warum Leichtbau?

Beim Leichtbau geht es einerseits um Bauteile mit geringem Gewicht, die leicht zu transportieren und zu verarbeiten sind, und andererseits soll auch schon der Material- und Energieverbrauch bei der Bauteilherstellung möglichst gering sein. Der Einspargedanke hat also sowohl eine konstruktiv-statische als auch eine ökologisch-nachhaltige Dimension.

Viele Wohnbauaufstockungen wären ohne Leichtbaukonstruktionen gar nicht möglich, weil die tragenden Teile des Altbaus das Gewicht neuer Massivbau-Geschosse schlichtweg nicht aufnehmen könnten. Deshalb bieten sich für solche Projekte leichte, im Werk vorgefertigte Holzbauwände an, die man per Lkw und Kran problemlos auch in große Höhen anliefern und dort in kurzer Zeit zusammensetzen kann. So werden nicht nur Gewicht, sondern auch Zeit, Energie und Logistikkosten gespart.

Es gibt grundsätzlich mehrere Methoden, um beim Bau Gewicht einzusparen. Man kann das Material einer Beton- oder Steinwand einfach eins zu eins durch einen leichteren Werkstoff ersetzen. Vorausgesetzt natürlich, dieser ist mindestens genauso stabil und tragfähig – Stichwort CFK. So baut man zwar leichter, aber nicht mit weniger Material. Ein anderer Ansatz ist es, die Wandbauteile gar nicht massiv herzustellen, sondern überall dort konsequent auf Material zu verzichten, wo dieses aus Belastungsgründen nicht unbedingt benötigt wird. Das führt dann zu leichten Wandkonstruktionen mit Hohlräumen oder Dämmstofffüllungen.

Moderne Leichtbausysteme

33 cm Trockenbau: Außenwandschichten beim Stuttgarter Wohnbauobjekt „Cloud No. 7“. Grafik: Knauf

33 cm Trockenbau: Außenwandschichten beim Stuttgarter Wohnbauobjekt „Cloud No. 7“. Grafik: Knauf

Ein Beispiel für ein modernes Leichtbausystem ist etwa das „Rock Shell“-Außenwandsystem. Damit lassen sich hochwärmedämmende, stabile Gebäudeaußenwände in kurzer Zeit montieren. Die Gewichtsreduktion wird dadurch erreicht, dass die Außenwände im Kern aus Steinwolle bestehen. Kein Wunder: Schließlich ist Rockwool der Anbieter dieses Systems. Es umfasst Metallprofile und Verbindungselemente für die Statik, aussteifende Steinwolle-Elemente (bis zu 2,7 m hoch), Holzelemente als Unterkonstruktion für die Außenwandbekleidungen sowie OSB-Platten zur Aussteifung der Wände und als Innenbekleidung.

Ein anderes gutes Beispiel ist die Stahl-Leichtbauweise, die in Stuttgart für das Wohnbauprojekt „Cloud No. 7“ zum Einsatz kam. Das Objekt mit angeschlossenem Hotelkomplex, das Ende 2016 fertiggestellt werden soll, wird mit 61 Metern Höhe und 18 Stockwerken das höchste Wohngebäude der Stadt sein. Das Erstaunliche: Die knapp 33 cm starken Außenwände bestehen aus einer mehrschichtigen leichten Trockenbaukonstruktion von Knauf (siehe Grafik), die sich auf der Baustelle schnell montieren ließ. Dabei kamen neben Metallprofilen und Mineralwolle-Dämmplatten auch Hartgipsplatten (Knauf Diamant) und für die äußeren Wandbereiche zudem zementgebundene Platten (Knauf Aquapanel) zum Einsatz. Die Fassade erhielt zudem eine Aluminiumverkleidung. Nach Herstellerangaben überzeugt die Konstruktion durch ihr geringes Gewicht – etwa 90 kg pro Quadratmeter – bei gleichzeitig sehr hoher Festigkeit.

Leichtbauplatten

Einsatzbereich Möbel- und Innenausbau: Leichtbauplatte „Eurolight“ vom Hersteller Egger. Grafik: Egger Holzwerkstoffe

Einsatzbereich Möbel- und Innenausbau: Leichtbauplatte „Eurolight“ vom Hersteller Egger. Grafik: Egger Holzwerkstoffe

Im Innenausbau und im Möbelbau ist der Leichtbau bereits wesentlich üblicher als beim Bau von Gebäudeaußenwänden. Hier sind auch so genannte Leichtbauplatten verbreitet – das sind Sandwichwerkstoffe mit Decklagen aus Holzspanplatten und einer leichten Füllung. Übliche Füllmaterialien sind insbesondere Dämmstoffe sowie Waben-, Well- oder Höckerkerne aus recyceltem Pappkarton mit Hohlräumen. Es ist dasselbe Prinzip, dass man auch bei den Innenlagen von Holz-Innentüren findet. Hinter der massiven Holzoberfläche verbergen sich Hohlzelleneinlagen. Das führt zu einer deutlichen Gewichtsreduktion und spart wertvolle Holzressourcen. Dennoch sind solche Sandwichplatten oft sogar biegefester und steifer als ihre massiven Pendants.

Leichtbauplatten spielen bisher vor allem im Messe- und Ladenbau eine Rolle, ferner auch im Schiffs-, Fahrzeug- und Caravanbau. Praktischer Nebeneffekt: Die Hohlräume im Plattenkern ermöglichen die unsichtbare Integration elektronischer Komponenten wie Kabel, Lautsprecher oder Beleuchtungssysteme. Außerdem werden Leichtbauplatten auch immer häufiger für Möbel eingesetzt. Von Regalen und Schränken über Schiebetüren bis hin zu Tischen, Stühlen und Sesseln: Für all das benötigt man kein Vollholz, es funktioniert auch in Leichtbauweise.


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Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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