RM Rudolf Müller
Dieser Raum verfügt definitiv über eine angemessene Tageslichtversorgung.  Foto: Velux

Dieser Raum verfügt definitiv über eine angemessene Tageslichtversorgung.  Foto: Velux

Bauelemente
10. März 2020 | Artikel teilen Artikel teilen

Tageslicht-Norm DIN EN 17037

Seit März 2019 gibt es erstmals eine europäische Norm, die sich damit beschäftigt, wie in regelmäßig von Menschen genutzten Räumen eine angemessene Tageslichtversorgung sichergestellt werden kann. Dabei gehen die Richtwerte der DIN EN 17037 deutlich über die weiterhin bestehenden Anforderungen der deutschen Landesbauordnungen hinaus. Das könnte im Neubau zu größeren Fenstern bis hin zu einer Verdoppelung der Flächen führen.

Die Richtwerte der europäischen DIN-Norm sind zwar nicht verpflichtend, sondern haben nur Empfehlungscharakter. Trotzdem könnten sie künftig bei vielen Neubauprojekten zum Anforderungsprofil gehören und damit auch Teil rechtsverbindlicher Bauverträge werden. Architekten, Planer, Handwerker und der beratende Fachhandel tun also gut daran, sich mit den Inhalten der DIN EN 17037 („Tageslicht in Gebäuden“) vertraut zu machen.

Neben den Kriterien für einen hinreichenden Helligkeitseindruck in Innenräumen durch Tageslicht befasst sich die Norm übrigens auch mit Kriterien für eine ausreichende Aussicht nach draußen. Außerdem zeigt sie, wie man die Besonnungsdauer vor Ort errechnet und eine Blendung in Aufenthaltsräumen vermeidet.

Anforderungen der Landesbauordnungen

Verpflichtende Anforderungen zur Tageslichtversorgung in Gebäuden werden in Deutschland durch die Landesbauordnungen festgelegt. Deren Regeln halten viele Experten allerdings für veraltet. „Die bisher gültige Musterbauordnung stammt aus dem Jahr 1960 und wird den Bedürfnissen von Bewohnern und Nutzern in den meisten Fällen nicht gerecht“, findet Katrin Winkler, Expertin für Architektur und Tageslicht beim Dachfensterhersteller Velux Deutschland.

Die Vorgaben der Landesbauordnungen sind in den Bundesländern nicht immer exakt gleich, sie basieren aber stets auf einer Festlegung von Fenstergrößen in Abhängigkeit von der Raumgröße. Unterm Strich kann man die Anforderungen der Landesbauordnungen so zusammenfassen: Die Gesamtfläche der Fensterausschnitte muss mindestens 10 bis 12,5 % der Netto-Grundfläche des Raumes ausmachen. „Eine angemessene Versorgung mit Tageslicht schafft man in einem Raum damit meist nicht“, meint Katrin Winkler.

Neben den verbindlichen Anforderungen der Landesbauordnungen gibt es in Deutschland übrigens schon lange die DIN 5034 („Tageslicht in Innenräumen“). Diese definiert ebenfalls Anforderungen an Tageslichtöffnungen in Aufenthaltsräumen – allerdings geringere als die neue DIN EN 17037. Im Übrigen hat auch die DIN 5034 lediglich Empfehlungscharakter.

Empfohlene Beleuchtungsstärken

Nach der DIN EN 17037 sollen auf 50 % der Bezugsfläche im Raum 300 Lux und auf 95 % der Fläche mindestens 100 Lux erreicht werden. Grafik: Velux

Nach der DIN EN 17037 sollen auf 50 % der Bezugsfläche im Raum 300 Lux und auf 95 % der Fläche mindestens 100 Lux erreicht werden. Grafik: Velux

Statt konkreter Fenstergrößen legt die DIN EN 17037 Vorgaben für die Tageslichtbedingungen im Innenraum fest. Wichtigstes Bewertungskriterium für die Tageslichtversorgung sind also die tatsächlichen Belichtungsverhältnisse im Raum. Starre Vorgaben zum Verhältnis von Fenster- und Grundflächen werden nicht gemacht.

Nun führen Fenster ja niemals zu einer überall gleichmäßigen Belichtung von Räumen. Es stellt sich also die Frage, wo man die Tageslichtversorgung eigentlich messen soll. Die europäische Norm legt hierfür eine bestimmte Fläche als Bezugsebene fest: Diese liegt in Höhe von 85 cm über dem Fußboden, mit jeweils 50 cm Abstand zu den Wänden.

Nach den Empfehlungen der europäischen Norm sollte auf 50 % dieser Fläche während 50 % der Tageslichtstunden mindestens eine Beleuchtungsstärke von 300 Lux erreicht werden. Als Zusatzkriterium legt die Norm fest, dass auf 95 % der Fläche mindestens 100 Lux während 50 % der Tageslichtstunden erreicht werden sollten. Diese Empfehlungen beziehen sich sowohl auf vertikale Fassadenfenster als auch auf geneigte Dachfenster.

Für horizontale Oberlichter formuliert die Norm noch höhere Anforderungen: Diese sollten auf 95 % der Bezugsebene während 50 % der Tageslichtstunden für eine Beleuchtungsstärke von mindestens 300 Lux sorgen.

Ganz wichtig: Werden die genannten Beleuchtungsstärken erreicht, dann erfüllt der jeweilige Raum trotzdem nur die Kriterien einer geringen Tageslichtversorgung. Schließlich handelt es sich bei den Zahlen um Mindestanforderungen. Neben der Empfehlungsstufe „gering“ empfiehlt die Norm aber auch Beleuchtungsstärken für die Bewertungskategorien „mittel“ und „hoch“. Ein Beispiel: Um die Empfehlungsstufe „hoch“ einzuhalten, müsste auf 50 % der Bezugsebene während 50 % der Tageslichtstunden eine Beleuchtungsstärke von mindestens 750 Lux vorherrschen. Außerdem auf 95 % mindestens 500 Lux.

Berechnungsverfahren

Die Empfehlungen der europäische Norm lassen sich nur mit größeren Fenstern umsetzen. Grafik: Velux

Die Empfehlungen der europäische Norm lassen sich nur mit größeren Fenstern umsetzen. Grafik: Velux

Wie lässt sich nun überprüfen, ob die empfohlene Beleuchtungsstärke mit den vorhandenen (oder geplanten) Fensterflächen erreichbar ist? Die DIN EN 17037 sieht dafür zwei alternative Berechnungsverfahren vor: eine Ganzjahressimulation der Beleuchtungsstärken (unter Einbeziehung lokaler Wetterdaten) und ein einfacheres Verfahren, bei dem mit der bewährten Kenngröße der nationalen Tageslichtquotienten gearbeitet wird.

Wobei auch das vereinfachte Verfahren deutlich komplizierter ist als die pragmatische Anforderung der Landesbauordnungen. Ist die europäische Norm also nur gut gedacht, aber nicht praxisgerecht umsetzbar? „Das neue Verfahren zur Überprüfung der Tageslichtversorgung ist im Vergleich zu der einfachen Angabe einer Mindest-Fenstergröße aufwändiger“, räumt Katrin Winkler von Velux ein, fügt aber hinzu: „Dafür ist es ergebnisorientiert und zuverlässiger, um den Nutzern eines Gebäudes eine ausreichende Menge an Tageslicht zur Verfügung zu stellen.“

Velux errechnet Faustformel

Letzteres mag stimmen, dennoch dürften viele Bauherren und Handwerker mit den Berechnungsverfahren nach DIN EN 17037 Schwierigkeiten haben. Da die Norm nur Empfehlungscharakter hat, könnte sie daher oft einfach ignoriert werden. Das weiß man natürlich auch bei Velux. Der Dachfensterhersteller bemüht sich daher, seinen Partnern im Handwerk eine Hilfestellung zu bieten. Dafür führte Velux Berechnungen mit verschiedenen Muster-Räumen durch.

Das Ergebnis ist eine Faustformel, die es Bauherren und Handwerkern einfach macht, die Anforderungen der Norm zumindest annäherungsweise zu erfüllen: Demnach führt in den meisten Fällen eine Fensterfläche von 20 bis 25 % der Grundfläche des Raums zur Erfüllung der neuen Tageslicht-Norm. Das bedeutet auch: Im Vergleich zu den Anforderungen der Landesbauordnungen würde eine Planung nach den Empfehlungen der DIN EN 17037 oft zu einer Verdopplung der Fensterflächen führen.


 

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