
Heißluftverschweißung an den Nahtüberdeckungen von Kunststoffbahnen. Foto: Wolfin Bautechnik
Flachdach: Brandrisiko bei Abdichtungsbahnen
Nach Angaben des Industrieverbands Kunststoff-Dach- und Dichtungsbahnen (DUD) sind bei 75 % aller Gebäudebrände auch Dächer betroffen. Im Flachdachbereich gelten Arbeiten mit offener Flamme als eine häufige Brandursache. Durch den Einsatz von Abdichtungsbahnen aus Kunststoff lassen sich Brandrisiken mindern und Brandlasten reduzieren – so der Verband in einer kürzlich aktualisierten Fachinformation.
Die seit Oktober 2017 überarbeitete DUD-Fachinformation zum Thema „Brandschutz mit Abdichtungsbahnen aus Kunststoff“ steht hier zum Download bereit. Es geht in ihr unter anderem um den vorbeugenden baulichen Brandschutz auf Flachdächern, der nicht zuletzt durch die Auswahl der Baustoffe mitbestimmt wird. Das Brandrisiko steigt zum Beispiel durch die Verwendung brennbarer Dämmstoffe, es wird aber nach Angaben des DUD auch durch die Materialauswahl bei den Abdichtungsbahnen bestimmt. In seiner Fachinformation führt der Verband aus, dass moderne Flachdachbahnen aus Kunststoff für einen deutlich höheren Brandschutz stehen würden als traditionelle Bahnen auf Bitumenbasis.
Bitumendachbahnen
Für die Abdichtung von Flachdächern kommen heute vor allem Bitumendachbahnen oder Kunststoffdachbahnen zum Einsatz. Bei den historisch älteren Bitumenbahnen bestehen die beidseitigen Deckschichten aus Bitumen, ein Stoff, der als Rückstand bei der Erdölproduktion anfällt. Zwischen den Deckschichten befindet sich eine gewebeartige Trägereinlage, meist aus Polyester, Glas oder Jute. Bitumenbahnen sind wasserdicht, formstabil, widerstandsfähig gegen viele aggressive Substanzen und langlebig – alles sehr positive Materialeigenschaften für Dachbahnen. Außerdem ist Bitumen gut zu verarbeiten. Durch Erhitzung wird es schnell flüssig, lässt sich dann einfach zur Beschichtung der Trägergewebe von Dachbahnen einsetzen und erstarrt anschließend auch wieder schnell.
Was für die Verarbeitung ein Vorteil ist, hat für das fertige Produkt aber auch Nachteile. Bei intensiver Hitzeeinwirkung drohen die Deckschichten von Bitumendachbahnen zu schmelzen – zumindest wenn sie langanhaltender, direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind. Durch Dachbegrünungen lässt sich das aber verhindern. Einen gewissen Schutz bieten zudem mineralische Gesteinskörnungen, mit denen man die obere Deckschicht bestreut. Außerdem besteht die obere Lage von Bitumendachabdichtungen heute in der Regel aus so genanntem Polymerbitumen-Bahnen. Bei diesen fügt man dem Bitumen Kunststoffadditive hinzu, wodurch das Material weniger temperaturempfindlich wird.
Kunststoffdachbahnen
Auch Kunststoffdachbahnen sind wasserdicht, langlebig und widerstandsfähig. Zugleich sind sie temperaturbeständiger als Bitumenbahnen. Nach Angaben des DUD können ihnen Temperaturen bis 150 °C nichts anhaben. Sie werden zudem – anders als Bitumenbahnen – nicht vollflächig miteinander verschweißt oder verklebt. Stattdessen verlegt man sie häufig einfach lose auf einer schützenden Kunststoffvlies-Unterlage und fixiert sie anschließend nur mit wenigen Befestigungsmitteln – zum Beispiel mit Dübeln.
Die Nahtüberdeckungen zwischen den einzelnen Kunststoffbahnen werden per Heißluftfön oder mithilfe von Quellschweißmitteln verschweißt – auf jeden Fall ohne Einsatz einer offenen Flamme. Übrigens gibt es mittlerweile auch so genannte Kaltselbstklebebahnen aus Kunststoff. Diese zeichnen sich durch eine bereits werkseitig aufgebrachte Klebemasse an der Bahnunterseite aus. Beim Verlegen muss der Verarbeiter nur noch eine Schutzfolie abziehen und kann die Bahn dann einfach auf dem Untergrund andrücken.
Brandrisiko durch Dacharbeiten
Aus der Düse eines Heißluftföns tritt erhitzte Luft aus, deren Temperatur maximal bei 600 bis 700 °C liegt. Das reicht, um Kunststoff punktuell zum Schmelzen zu bringen und somit ein Verschweißen der Bahnen zu ermöglichen. Es genügt aber nicht, um brennbare Dachmaterialien in Brand zu setzen. Zum Verschweißen klassischer Bitumendachbahnen kommen dagegen oft Gasbrenner mit offener Flamme zum Einsatz. Dabei treten Temperaturen bis zu 1.000 °C auf. Laut Fachinformation des DUD ist dadurch die Gefahr der Entzündung brennbarer Dachbaustoffe – wie zum Beispiel Holz und Dämmstoffe – um ein Vielfaches höher als bei der Heißluftverschweißung von Kunststoffbahnen. Auch das Bitumen selbst kann sich durch Überhitzung entzünden.
Die Darstellung des DUD ist allerdings durch den Hinweis zu ergänzen, dass auch bei Verarbeitung von Bitumenbahnen nicht zwangsläufig mit offener Flamme gearbeitet werden muss. Es gibt heute nämlich auch Bitumenbahnen, die werkseitig bereits mit Kaltselbstklebe-Streifen ausgestattet sind. Außerdem ist neben dem Schweißverfahren mit offener Flamme auch das so genannte Gießverfahren weit verbreitet, bei dem die Bitumenbahnen nicht selbst erhitzt, sondern in heißes Bitumen gerollt werden. Wie dieses Verfahren funktioniert, das könnt ihr euch in diesem Youtube-Video anschauen.
Brandlasten

Verschweißung einer Bitumendachbahn mit offener Flamme. Foto: Bauder
Neben dem Thema des Brandrisikos durch die Dachbahnverlegung mit offener Flamme befasst sich die DUD-Fachinformation auch mit der grundsätzlichen Brandlast auf Flachdächern. Je höher der Brennwert der eingesetzten Baustoffe, umso höher ist auch die Hitzeentwicklung und die Gefahr der Brandweiterleitung. In diesem Zusammenhang stellt die Fachinformation beispielhaft verschiedene Dachaufbauten gegenüber – jeweils einmal mit Kunststoff- und einmal mit Bitumendachbahnen.
Die Beispiele zeigen nach Angaben des DUD, dass die Brandlast bei Kunststoffbahnen um mindestens 40 % geringer sei als bei Verwendung von Bitumenbahnen. Das hängt insbesondere damit zusammen, dass Bitumenabdichtungen mehrschichtig verlegt und vollflächig miteinander verschweißt beziehungsweise verklebt werden. Kunststoffbahnen dagegen werden in der Regel nur einlagig verlegt und nicht vollflächig auf dem Untergrund verklebt.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
Das aus Erdöl gewonnene Bindemittel Bitumen kennt man insbesondere aus dem Straßenbau: Asphalt besteht aus Gesteinskörnungen, die mithilfe des stark...
mehr »
Moderne Kunststoffbahnen sind eine wirtschaftliche Alternative zu Bitumenbahnen. Sie werden einlagig und häufig lose – also ohne Verklebung – verlegt...
mehr »
Die Attikaentwässerung auf dem Flachdach war früher oft nicht viel mehr als ein simples Loch in der Attika. Eine Notentwässerung...
mehr »