
Einseitig geneigte Dachfläche: Pultdach bei einem Wohnhaus. Foto: Pixabay
Vor- und Nachteile von Pultdächern
Deutschland ist traditionell ein Steildach-Land. Mehr noch: Es ist ein Satteldach-Land. In unseren Wohngebieten trifft man überwiegend auf Gebäude mit zwei symmetrisch geneigten Dachflächen, die sich am First berühren. Pultdächern haftete dagegen hierzulande lange Zeit etwas Exotisches an. Mit dem zunehmenden Erfolg von Passivhäusern hat sich das aber geändert.
Ein Pultdach sieht aus wie ein asymmetrisches, halbes Satteldach. Es besteht nicht aus zwei, sondern nur aus einer einzigen Dachfläche. Zumindest im Wohnbereich hatte diese Optik lange Zeit kaum Anhänger. Allenfalls im Industriebau fand sie im 19. Jahrhundert eine größere Verbreitung – in der Form des Sheddachs. Hier allerdings als Alternative zum Flachdach. Ein Sheddach ist im Prinzip eine Aneinanderreihung mehrerer kleiner Pultdächer auf Fabrik- oder Lagerhallen. Durch die Verglasungen an den Giebelseiten dieser Mini-Pultdächer (siehe Foto unten) scheint im Tagesverlauf mehr Sonnenlicht in die Hallen als bei einem Flachdach.
Mehr Tageslicht und Wohnfläche
Ein Vorteil von Pultdächern für Wohngebäude ist zunächst einmal, dass sie kostengünstiger sind als Satteldächer. Man spart Planungsaufwand und Zeit, weil es sich um eine vergleichsweise simple Dachkonstruktion handelt. Und man spart natürlich auch Material. Schließlich gibt es nur eine Dachfläche, nur einen „halben“ Dachstuhl. Es werden also auch weniger Dachpfannen, Regenrinnen und Fallrohre benötigt. Zumindest gilt das für das einfache Pultdach mit nur einer Dachfläche. Daneben gibt es auch Gebäude mit mehreren versetzten Pultdachflächen in unterschiedlichen Höhen.
Das Pultdach erlaubt zudem ein Mehr an Tageslicht und Wohnfläche unterm Dach. Das Gebäude hat ja auf einer Seite eine hohe Wand, statt einer zweiten Dachschräge. Werden auch in den oberen Bereich dieser Wand Fassadenfenster eingebaut, dann entsteht ein Obergeschoss, dass mit viel Tageslicht durchflutet ist – mehr als bei herkömmlichen Dachfenstern. Außerdem werden die Räume unterm Dach zumindest auf einer Hausseite zu vollwertigen Geschossen ohne Dachschrägen. Es entsteht also mehr Wohnraum.
Akzeptanz durch Passivhäuser
Dass man Pultdächer mittlerweile auch immer häufiger in deutschen Wohngebieten sieht, liegt nicht zuletzt an der wachsenden Beliebtheit von Passivhäusern in den letzten 20 Jahren. Für das Pultdach spricht hier eben gerade die höhere Tageslichtausbeute. Schließlich ist es die Kernidee des Passivhaus-Gedankens, aktiv zu erzeugende Heizungswärme weitgehend zu vermeiden. Stattdessen soll der Wärmebedarf der Hausbewohner so weit wie möglich aus passiven Quellen gedeckt werden – vor allem per Sonneneinstrahlung durch die Fenster. Deshalb werden Passivhäuser auf ihrer Südseite gerne mit einer großen Fassade ausgestattet, die viele Fenster enthält. Das Pultdach erweist sich dafür als ideale Lösung.
Energie erzeugen oder sparen?
Zu den Nachteilen des Pultdachs gehört, dass grundsätzlich weniger Installationsfläche für Solartechnik zur Verfügung steht. Schließlich gibt es nur eine einzige Dachfläche. Auf dieser kann der Hausbesitzer beispielsweise Solarstrom durch Photovoltaik-Anlagen erzeugen oder Sonnenwärme für Heizung und Warmwasser durch Solarthermie-Module gewinnen. Dafür eignet sich die Südseite des Hauses am besten. Daraus ergibt sich aber ein Interessenkonflikt. Entscheidet sich der Bauherr nämlich, das Pultdach nach Süden hin auszurichten, dann muss er die hohe Wand nach Norden ausrichten. Dort hat er allerdings weniger direkte Sonneneinstrahlung und erzielt somit auch weniger solare Wärmegewinne über die Fassade.
Der Hausbesitzer muss sich also entscheiden: Will er lieber mithilfe des Pultdachs aktiv Energie erzeugen oder ist es ihm wichtiger, durch passive Wärmegewinne Energie zu sparen? Beide Ziele gleichzeitig kann er auf der Südseite kaum erreichen. Natürlich könnte er auch Solarmodule an die Fassade anbringen, aber dann bliebe ja wieder weniger Platz für Fensterflächen. Für die Ausrichtung des Pultdaches nach Norden hin spricht der bessere Schutz des Gebäudes vor Wind und Wetter. Und zumindest bei einem Passivhaus sollte der Fokus stärker auf den passiven solaren Wärmegewinnen liegen, sodass die hohe Fassade auf der Südseite in der Regel vorzuziehen ist.
Probleme flacher Dachneigungen

Pultdächer in Reihe: Sheddach auf dem Firmengebäude des Babynahrung-Herstellers Hipp. Foto: Deutsche Rockwool
Aus optischen Gründen werden Pultdächer meist mit deutlich geringeren Neigungswinkeln gebaut als klassische Satteldächer. An diesem Punkt ist aber Vorsicht geboten. Entscheidet sich der Bauherr für eine zu flache Dachneigung, dann kann das den Kostenvorteil des Pultdachs schnell zunichte machen. Denn dann werden möglicherweise aufwändige Zusatzmaßnahmen für die Regensicherheit notwendig oder es müssen zumindest teurere Eindeckungsmaterialien verwendet werden, die besonders regensicher sind. Zu bedenken ist schließlich auch, dass sich flache Dachflächen im Sommer schneller aufheizen als steilere Konstruktionen, wodurch ungemütliche Temperaturen im Obergeschoss drohen.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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