
Paneele aus Schafschurwolle sorgen für ein angenehmes Raumklima. Foto: obs/WOOPIES/Baur Akustik
Schafwolle gegen Schadstoffe
Seit Jahrtausenden verwendet die Menschheit Schafwolle zur Herstellung von Textilien. Kein Wunder: Das Naturmaterial wärmt sehr gut und ist feuchtigkeitsregulierend. Es speichert Wasser, ohne sich nass anzufühlen. Doch Schafwolle kann noch mehr. Sie „schluckt“ Schall und ihre Fasern nehmen zudem Luftschadstoffe auf und bauen diese ab. Das macht die Wolle auf für den Innenausbau interessant.
Zu Textilien verarbeitet, findet man Schafwolle beispielsweise in Pullovern, Mänteln, Mützen, Schuhen und Socken, aber auch in Matratzen, Teppichen oder Sitzbezügen. Aufgrund ihrer wärmeisolierenden Eigenschaften kommt sie zudem im Gebäudebereich als Naturdämmstoff zum Einsatz. Für den Innenraumbereich gibt es aber auch plattenförmige Schafwolle-Elemente, die akustisch wirksam sind und Luftschadstoffe unschädlich machen sollen.
Akustikpaneele aus Schafschurwolle
So bietet etwa der Hersteller Woopies spezielle Akustikpaneele, die zu 70 % aus Schafschurwolle bestehen und nicht nur die Raumakustik und Luftqualität verbessern sollen, sondern darüber hinaus auch als schickes Designelement und Sichtschutz überzeugen. Der Hersteller empfiehlt die einfach und flexibel zu montierenden Paneele zum Beispiel für den Einsatz in Büros, Schulen sowie sonstigen öffentlichen Gebäuden.
Die aus dem nachwachsenden Rohstoff Schafschurwolle bestehenden „Woopies“ wirken nach Herstellerangaben entgiftend, absorbieren Gerüche, schlucken Schall und speichern bei hoher Luftfeuchtigkeit Wasserdampf aus dem Innenraum, denn sie bei einem trockenen Innenraumklima aber auch wieder abgeben.
Die Paneele sind vielfältig einsetzbar, zum Beispiel als mobile Stellwände oder als an der Decke aufgehängte Raumtrenner oder Deckensegel. Sie lassen sich aber auch an der Wand oder als Spuck- und Sichtschutz direkt am Schreibtisch befestigen. Die schwer entflammbaren Paneele, die auch bei großer Hitze nicht schmelzen, sondern nur verkohlen, gibt es in unterschiedlichen Formen und Farben.
Laut Hersteller sind sie selbstreinigend, langlebig sowie farbbeständig und schlucken nachweislich Schall. Die selbstreinigende Eigenschaft hängt unter anderem mit dem hohen Fettgehalt von Schafschurwolle zusammen. Die Fasern enthalten Wollwachs (Lanolin), ein Sekret aus den Talgdrüsen der Schafe. Diese Substanz lässt flüssiges Wasser an der Oberfläche abperlen. Äußere Verschmutzungen lassen sich auf diese Weise einfach „abwaschen“. Hinzu kommt die Schuppenstruktur der Faseroberfläche. Schmutzpartikel können dort durchaus mal hineingelangen, sie lassen sich aber auch wieder relativ einfach „ausschütteln“.
Raumluftreinigende Wirkung

Dank ihrer Spezialbeschichtung auf Keratinbasis können „Greenline“-Gipsfaserplatten Raumluftschadstoffe deutlich reduzieren. Grafik: Fermacell
Die Raumluftqualität wird durch Schafwolle in mehrfacher Weise positiv beeinflusst. Zum einen ist die Außenhülle der Wollfasern zwar wasserabstoßend, zugleich aber durchlässig für Wasserdampf. Deshalb können die Fasern bis zu 35 % ihres Eigengewichts an Wassermolekülen aufnehmen, ohne dass sich die Wolle nass anfühlt. Da die Wolle nicht wirklich feucht wird, bietet sie im Übrigen auch keine Lebensgrundlage für Schimmelpilze.
Zum anderen besteht Schafhaar größtenteils aus dem Eiweißmolekül Keratin, ein Faserprotein, das Schadstoffe, flüchtige organische Verbindungen (VOC) sowie Bakterien absorbieren kann. Das gilt auch für das in vielen Klebstoffen und Bindemitteln enthaltene Formaldehyd. Dieser Schadstoff reagiert mit den Fasereiweißen, wobei neue, unschädliche Verbindungen entstehen. Nach Angaben von Woopies lässt sich der Formaldehydgehalt der Raumluft so innerhalb weniger Stunden um über 80 % senken. Auch Gerüche – etwa vom Kochen oder durchs Rauchen – werden von den Faserproteinen zum Teil absorbiert.
Luftreinigende Gipsfaserplatten

So warb Fermacell 2009 für die Markteinführung der Greenline-Platten.
Die positiven Eigenschaften von Schafwolle und speziell des Wirkstoffs Keratin hat sich vor rund zehn Jahren auch der Baustoffhersteller Fermacell zum Vorbild genommen. 2009 brachte der Trockenbauspezialist die Gipsfaserplatten der Marke „Greenline“ auf den Markt. Diese sind beidseitig mit einem Wirkstoff auf Keratinbasis beschichtet und haben dadurch schadstoffreduzierende Eigenschaften. Für das Produkt wird also keine echte Schafwolle verarbeitet, aber deren Funktionsprinzip beim Schadstoffabbau wurde übernommen. Man kann also durchaus sagen, dass die Wirkung von Greenline auf der Reinigungskraft von Schafwolle basiert.
Auch die Greenline-Platten reduzieren Gerüche, Formaldehyd und sonstige VOCs in Innenräumen (siehe Grafik oben). Die in der Beschichtung enthaltenen Keratin-Eiweißmoleküle – der Hersteller spricht auch von einem Amino-Biopolymerkomplex – sind in der Lage, derartige Stoffe irreversibel chemisch zu binden. Die Schadstoffe werden also nicht einfach eingelagert, sondern dauerhaft unschädlich gemacht, indem sie mit Bestandteilen der Spezialbeschichtung reagieren.
Die Wirkung der Platten funktioniert übrigens auch dann noch, wenn man die Gipsfaserplatten anstreicht oder mit anderen Wandbelägen beschichtet. Dabei empfiehlt sich allerdings die Verwendung diffusionsoffener Endbeschichtungen.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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