RM Rudolf Müller
Das Modul „Solink“ vereint PV-Zellen und Wärmeübertrager-Technik auf der Unterseite.  Foto: Consolar

Das Modul „Solink“ vereint PV-Zellen und Wärmeübertrager-Technik auf der Unterseite.  Foto: Consolar

Energetisches Bauen
10. März 2021 | Artikel teilen Artikel teilen

Was sind PVT-Kollektoren?

Mit Photovoltaik (PV) lässt sich Strom aus Solarenergie gewinnen. Solarthermie (T) steht dagegen für die Wärmegewinnung aus Sonnenlicht. Und was sind PVT-Kollektoren? Ganz einfach: Das ist ein noch relativ neuer Typ von Solaranlagen, die beide Funktionen in einem Modul vereinen. Sie erzeugen Sonnenstrom, zugleich aber wird die Abwärme der Photovoltaik auch zum Heizen genutzt.

Jürgen Leppig ist Vorsitzender des Bundesverbandes GIH – das ist die deutsche Interessenvertretung für Energieberater – und hat kürzlich den Bau seines eigenen Einfamilienhauses vollendet. „Ich wollte zeigen, was heute schon geht“, sagt er zu dem energetischen Hocheffizienzgebäude, das sich klimaneutral heizen und kühlen lässt. Er vertraut dabei auf Photovoltaik-Thermische-Kollektoren (PVT), die mit Sonnenenergie Strom gewinnen und zugleich Wasser erwärmen. Leppig nutzt diese Hybridkollektoren zusammen mit zwei Wärmepumpen und verwendet sie zum Betrieb seiner mit Wasser betriebenen Heiz-/Kühldecken.

Gleichzeitig Strom und Wärme

Modellrechnungen zeigen das Potenzial von PVT-Kollektoren im Vergleich zur getrennten Installation von PV und Solarthermie. Grafik: Fraunhofer ISE

Modellrechnungen zeigen das Potenzial von PVT-Kollektoren im Vergleich zur getrennten Installation von PV und Solarthermie. Grafik: Fraunhofer ISE

Das Prinzip, gleichzeitig Strom und Wärme zu erzeugen, ist im Bereich der Heizungssysteme eigentlich nichts Neues. Man kennt es sowohl von großen Heizkraftwerken, die mit Kraft-Wärme-Kopplung arbeiten, als auch von den kleineren Blockheizkraftwerken (BHKW), die Industrieunternehmen und Wohngebiete oder auch einzelne Ein- und Zweifamilienhäuser (Mikro-BHKW) mit Energie versorgen. Solche Anlagen arbeiten allerdings in der Regel mit fossilen Brennstoffen – vor allem mit Erdgas.

Doch Kraft-Wärme-Koppelung funktioniert auch mit Solarenergie. Dafür benötigt man spezielle Solarmodule, die in der Lage sind, ihre eigene Abwärme „einzusammeln“ und für Heizzwecke zur Verfügung zu stellen. Die ersten solcher PVT-Kollektoren kamen bereits in den Nullerjahren auf den Markt. Seitdem sind einige Neuentwicklungen dazugekommen, doch der große Marktdurchbruch blieb bisher aus.

Dabei hat die Hybridtechnik im Vergleich zur getrennten Installation von Photovoltaik und Solarthermie unabweisbare Vorteile. Schließlich erlaubt sie, wertvolle Solarflächen auf dem Dach doppelt zu nutzen. Außerdem sorgt das Einsammeln der Abwärme für eine Abkühlung der PV-Zellen, was wiederum deren Leistungsfähigkeit erhöht. Eine Win-win-Situation sozusagen.

Mithilfe von Modellrechnungen bei einem Demonstrationsgebäude hat das Fraunhofer ISE im Rahmen seines 2016 abgeschlossenen Projekts „PVTgen2“ herausgefunden, dass sich mit PVT-Kollektoren auf einer bestimmten zur Verfügung stehenden Dachfläche bis zu 130 % mehr Strom bei gleichem thermischem Ertrag gewinnen lässt als auf einer Vergleichsfläche mit getrennter Installation von PV und Solarthermie (siehe Grafik). Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass Hybridkollektoren ein einheitlicheres Dach-Erscheinungsbild erlauben.

Markterfolg bisher gering

Die bisher noch schleppende Marktdurchdringung spricht nicht gegen das grundsätzliche Potenzial von PVT-Kollektoren. Neue Technik hat es anfangs oft schwer, auch weil sie zwangläufig noch relativ teuer ist, solange es keine Massenproduktion gibt.

Wenn es für Hausbesitzer günstiger ist, getrennte Systeme zu installieren anstatt die platzsparenden Hybridmodule, werden sich die meisten wohl für die preiswertere Variante entscheiden, zumindest solange sie kein Platzproblem auf dem Dach haben. Allerdings könnte das Argument der Flächenersparnis durch PVT-Technik künftig an Bedeutung gewinnen, wenn Deutschland im Zuge der angestrebten Energiewende stärker auf Solartechnik setzen würde als bisher.

Viele PVT-Kollektoren der Vergangenheit waren aber nicht nur relativ teuer, sondern boten auch eine unbefriedigende solarthermische Effizienz. Die Nutzung der Modulabwärme funktionierte in der Praxis oft nicht wie erhofft. In der Regel reichte die Leistung der Anlagen allenfalls zur Trinkwassererwärmung. Mittlerweile gibt es aber offenbar deutlich effizientere Produkte am Markt.

Bei vielen neuen Systemen wird die Technik der PVT-Kollektoren übrigens zusammen mit Wärmepumpen verwendet. Auf diese Weise lässt sich die Nachhaltigkeit der Wärmepumpe weiter verbessern, indem man sie mit regenerativem Strom aus PVT-Kollektoren betreibt. Umgekehrt heben Wärmepumpen die Solarwärme auf ein höheres Temperaturlevel, wie man sie zum Heizen benötigt.

System Solink

Der PVT-Kollektor Solink wird direkt an eine Wärmepumpe angeschlossen. Grafik: Consolar

Der PVT-Kollektor Solink wird direkt an eine Wärmepumpe angeschlossen. Grafik: Consolar

Einen viel beachteten neuen PVT-Kollektor hat 2018 das deutsche Unternehmen Consolar auf den Markt gebracht. Das Produkt „Solink“ besteht aus einem 2 m2 großen Kollektor mit Photovoltaikzellen auf der Oberseite und Wärmeübertrager-Technik auf der Unterseite. Die produzierte thermische Energie wird bei diesem System nicht direkt in einen Warmwasserspeicher geleitet, sondern fließt zunächst in eine Wärmepumpe, die sich mit Strom aus dem PVT-Kollektor betreiben lässt. Zum System gehört eine handelsübliche Erdwärmepumpe. Diese muss man allerdings gar nicht mehr an Erdsonden anschließen. Als Wärmequelle genügt der PVT-Kollektor.

Die Wärme wird beim Solink-Modul zudem auf zweifache Weise gewonnen: Ein Kupferrohr dient zur Abführung der von den PV-Zellen produzierten Abwärme (siehe Foto ganz oben). Darüber hinaus befindet sich auf der Modulunterseite ein Luft-Wärmetauscher, der mit seiner 20 m2 großen Lamellenfläche zusätzlich thermische Energie aus der Umgebungsluft „anzapft“.

Nach Angaben von Consolar produzieren die PV-Zellen des Systems etwa 7 bis 10 % mehr Strom als konventionelle PV-Module, da sie aufgrund des Wärmeentzugs kühler bleiben. Und der PVT-Kollektor kann offenbar mehr als nur Trinkwassererwärmung. In einem Beitrag des Solarthermie-Jahrbuchs 2019 wird auf ein Neubauprojekt aus Dresden verwiesen, wo die Familie Salzmann mit insgesamt 15 Solink-Kollektoren auf dem Dach den größten Teil des Wärme- und Strombedarfs ihres Einfamilienhauses abdeckt.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

Photovoltaik für Elektro-Lkw

Nutzfahrzeuge zur Güterbeförderung wie Lastkraftwagen und Zugmaschinen werden bisher noch selten mit Elektromotoren betrieben. Laut Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes waren Anfang...

mehr »
 

Photovoltaik für die Steckdose

Nach Angaben des Bundesverbandes Solarwirtschaft produzierten in Deutschland im ersten Halbjahr 2019 rund 1,7 Millionen Photovoltaikanlagen insgesamt 24,5 Milliarden Kilowattstunden...

mehr »
 

Solarthermie: Was tun gegen Überhitzung?

Wer als Hausbesitzer Solarthermie-Module auf dem Dach installiert, will eigentlich die Wärme der Sonneneinstrahlung einfangen, um damit Brauchwasser für den...

mehr »
Nach oben
nach oben