RM Rudolf Müller
Geeignet für die Schwammstadt: Wasserdurchlässiger Stuttgarter Sickerstein. Fotos (2): Adolf Blatt GmbH + Co. KG

Geeignet für die Schwammstadt: Wasserdurchlässiger Stuttgarter Sickerstein. Fotos (2): Adolf Blatt GmbH + Co. KG

Forschung, Technik und Trends
28. April 2022 | Artikel teilen Artikel teilen

Sickersteine für die Schwammstadt

Das Schwammstadt-Prinzip zielt darauf ab, dass in Städten anfallendes Regenwasser vor Ort versickern kann, anstatt die Kanalisation zusätzlich zu belasten. Was viele nicht wissen: Eine solche Versickerung lässt sich auch auf befestigten Flächen sicherstellen. Der Betonsteinhersteller Adolf Blatt empfiehlt in diesem Zusammenhang den haufwerksporigen „Stuttgarter Sickerstein“.

Spätestens bei den Starkregenereignissen des letzten Sommers zeigte sich, dass die städtischen Kanalisationsnetze vielerorts nicht mehr im Stande sind, die anfallenden Wassermengen abzuleiten. Verstärkte Oberflächenabflüsse über unkontrollierte Fließwege können dann zu lokalen Überflutungen mit teils verheerenden Schäden an Infrastruktur und Gebäuden führen. Neben der Überschwemmungsgefahr ist in urban geprägten Gebieten aber auch die zunehmende sommerliche Hitze ein Problem. Beide Auswirkungen des Klimawandels erfordern angepasste Entwässerungs- und Klimatisierungskonzepte.

Konzept der Schwammstadt

Ein Infiltrometer-Test bestätigt die hohe Sickerleistung des Betonsteinbelages.

Ein Infiltrometer-Test bestätigt die hohe Sickerleistung des Betonsteinbelages.

Im Bericht „Überflutungs- und Hitzevorsorge durch die Stadtentwicklung“ des Bundesinstituts für Bau-, Stadt-, und Raumforschung (BBSR) werden die erforderlichen Maßnahmen als Schwammstadt-Prinzip bezeichnet. Dahinter steht das Ziel, dass Städte anfallendes Regenwasser wie ein Schwamm lokal aufnehmen und speichern können, anstatt es lediglich zu kanalisieren und abzuleiten. Dadurch sollen Überflutungen bei Starkregenereignissen vermieden, das Stadtklima verbessert und die Gesundheit von Stadtbäumen gefördert werden.

Das Konzept der Schwammstadt beinhaltet Maßnahmen zur Klimaanpassung in Großstädten und umfasst eine Kombination aus Rückhaltung (Retention), Entsiegelung, Abkopplung, Versickerung und Verdunstung von Regenwasser. „Die Retention von Niederschlägen gilt als übliche Maßnahme, um Spitzenabflüsse zu reduzieren“, erläutert Dipl.-Ing. Heider Auner vom gleichnamigen Ingenieurbüro für Tiefbau aus Winnenden. „Auch bei der konventionellen Entwässerung von urbanen Gebieten werden Regenrückhaltebecken als so genannte End-of-pipe-Lösung gebaut, die sowohl die Gewässer als auch die Kanalisation entlasten. In jedem Fall ist ein dezentraler Rückhalt direkt am Ort des Niederschlagswasseranfalls erforderlich. Nur so ist eine Minimierung der Risiken von Stark- und Extremereignissen möglich.“

Bei Einsatz des Sickersteins des Herstellers Adolf Blatt aus Kirchheim am Neckar versickern Niederschläge in die darunterliegenden Tragschichten. „Die DIN fordert lediglich eine Versickerungsleistung von 270 Litern pro Sekunde und Hektar“, sagt Auner. Der Stuttgarter Sickerstein aus haufwerksporigem Beton schafft dagegen mindestens 540 Litern pro Sekunde und Hektar. Laut Hersteller erfüllt er diese Leistung nachweislich über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren. Heider Auner: „Dies entspricht dem doppelten Bemessungsregen und bedeutet, dass es auch bei einem stärkeren Regenereignis kaum zu einem Oberflächenabfluss kommen wird.“

Wasserdurchlässige Tragschichten notwendig

Regelquerschnitt für einen wasserdurchlässigen Aufbau. Grafik: Landeshauptstadt Stuttgart

Regelquerschnitt für einen wasserdurchlässigen Aufbau. Grafik: Landeshauptstadt Stuttgart

Flächen, die mit dem Sickerstein befestigt werden, gelten als entsiegelt und müssen nur in seltenen Fällen an die Kanalisation angeschlossen werden. „In Verbindung mit einem System aus Mulden und Rigolen gelingt die Abflussreduzierung in der Regel so gut, dass sogar bei schlecht durchlässigen Böden auf einen Anschluss der Flächen an den Kanal verzichtet werden kann“, erläutert Heider Auner.

Bleiben derart befestigte Flächen aber auch dauerhaft wasserdurchlässig? Kritiker behaupten, dass durch Verschmutzungen schon nach kurzer Zeit keine Versickerung mehr möglich sei. Hierzu Heider Auner: „Selbst bei etwaig stärkeren Verschmutzungen der Oberfläche kann die Wasserdurchlässigkeit der Pflastersteine durch ein Spül-Saugverfahren komplett wiederhergestellt werden. Eine wichtige Voraussetzung für eine dauerhafte Versickerungsleistung ist aber, dass der Oberbau unter dem Pflaster wasserdurchlässig ist.“

Hier werde oft der Fehler gemacht, dass in die Tragschichten zu viele Feinanteile eingebracht werden. So führe zum Beispiel ein hoher Kalkanteil dazu, dass sich die Tragschichten schnell verdichten und Wasser kaum noch versickern kann. „Statt der oft realisierten Schottertragschicht in einer Korngröße von 0/45 mm sollte daher besser auf ein Material in einer Körnung von 2/45 mm gesetzt werden, was nach ZTV SoB-StB 20 auch zulässig ist“, empfiehlt Auner. „Je nach Belastungssituation und Untergrund bietet es sich an, darüber eine Tragschicht aus Dränbeton oder Dränasphalt aufzubringen.“

Darüber hinaus hat auch das Bettungs- und Fugenmaterial einen wichtigen Einfluss auf die dauerhafte Wasserdurchlässigkeit derartig befestigter Pflasterflächen. „Wir empfehlen einen kalkfreien 2/5er oder 2/8er Porphyr- oder Basaltsplitt mit einem SZ-Wert unter 18“, erklärt Auner. „Damit sich die Fugen auch gut füllen, sollte die Fuge stets doppelt so breit ausgeprägt sein, wie das größte Korn des Fugenmaterials.“

Hohe Verdunstung

Auch den letzten Vorteil des Schwammstadt-Konzepts – die Verdunstung – soll der Stuttgarter Sickerstein begünstigen. „Dadurch, dass Flächen, die mit diesem Pflastersystem befestigt sind, Regenwasser aufnehmen und wie in einem Rückhaltebecken speichern, werden hier auch erhebliche Mengen an Wasser wieder verdunstet, bevor diese in untere Schichten versickern oder abgeleitet werden“, erklärt Heider Auner. „Unsere Erfahrung zeigt, dass dies sogar bei den nur bedingt wasserdurchlässigen Löslehmböden, wie wir sie im Stuttgarter Raum häufig vorfinden, gut funktioniert.“

Die Verdunstung führe zu einem weiteren positiven Effekt: Dort, wo Wasser gespeichert und im Nachgang verdunstet wird, heizen sich Flächen unter Sonneneinstrahlung nicht ganz so schnell auf wie auf herkömmlichen Pflaster- oder Asphaltflächen.


 

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