RM Rudolf Müller
Auch mit Pflasterklinkern sind vielfältige Farben möglich.  Foto: Arbeitsgemeinschaft Pflasterklinker / Heike Skamper

Auch mit Pflasterklinkern sind vielfältige Farben möglich.  Foto: Arbeitsgemeinschaft Pflasterklinker / Heike Skamper

GaLabau und Tiefbau
12. Mai 2021 | Artikel teilen Artikel teilen

Klinker: Unverwüstlicher Pflasterbelag

Klinker sind besonders hart gebrannte Ziegel. Durch den Herstellungsprozess entsteht ein sehr dichtes Material ohne Luftporen. Das eignet sich bestens als Pflasterbelag für Wege, Straßen und Plätze, denn Klinker sind nicht nur pflegeleicht, sondern punkten auch durch ihre zeitlose Optik und vor allem durch ihre Unverwüstlichkeit. Nicht zuletzt bietet der Baustoff auch eine überzeugende Ökobilanz – trotz der hohen Brenntemperaturen.

In Norddeutschland sind Klinker das am weitesten verbreitete Baumaterial für Pflasterflächen, aber auch für Gebäudefassaden. Im Flachland, wo es relativ wenig Natursteinvorkommen gibt, mussten sich die Menschen eben schon seit jeher nach alternativen Baumaterialien umsehen und entdeckten so früh das Potenzial tonhaltiger Lehmböden. Denn alle Ziegelbaustoffe – und damit auch Klinker – basieren ja auf gebranntem Ton.

Klassisch norddeutsch

Klassisch rote, kombiniert mit blauglasierten Pflasterklinkern. Foto: AG Pflasterklinker / Espendiller + Gnegel

Klassisch rote, kombiniert mit blauglasierten Pflasterklinkern. Foto: AG Pflasterklinker / Espendiller + Gnegel

Der klassische Pflasterklinker ist rot wie gebrannter Ton. Bunte Klinker, die das Rot mit einem blau-violetten Schimmer kombinieren, entstehen durch Sauerstoff-Reduzierung während des Brennens. Doch diese typisch-kräftigen Klinkerfarben eignen sich natürlich nicht für jede Umgebung. Wo bereits überall rote Klinkerhäuser stehen – wie in Norddeutschland – passen die klassischen Pflasterklinker für Wege und Straßen meist ideal. Mit einer knallgelben Putzfassade harmonisieren sie dagegen nicht so gut.

In Sachen Farbvielfalt ist die Klinkerindustrie zwar nicht so breit aufgestellt wie die Hersteller von Betonwerksteinen. Gleichwohl hat sich auf diesem Gebiet in den letzten Jahrzehnten viel getan. Durch Hinzumischung verschiedener Zuschlagstoffe wurde das Farbspektrum erweitert, sodass es heute zum Beispiel auch Klinker in Braun- und Gelbtönen gibt. Darüber hinaus lässt sich der Baustoff – ähnlich wie Dachziegel – auch glasieren, wodurch viele weitere Farben möglich sind.

Überzeugende Eigenschaften

Aufgrund ihrer geschlossenen Poren nehmen Klinker kaum Wasser auf, sind ausgesprochen hart, frost- und abriebfest sowie widerstandsfähig gegen Schmutz und Chemikalien. Natürliche Verschmutzungen werden in der Regel vom Regen wieder ausgewaschen, eine besondere Pflege ist nicht notwendig. Das Material ist zudem säurefest und bleicht nicht aus.

Als industriell hergestellte Kunststeine sind Klinker zudem sehr maßhaltig und erlauben daher die Erstellung ebener Oberflächen. Die Glattheit der Oberfläche birgt natürlich die Gefahr, dass der Pflasterbelag rutschig wird – zumal das Material ja auch kaum Wasser aufsaugt. Doch auch dafür bietet die Industrie Lösungen, indem sie die Steinoberflächen beispielweise rumpelt oder riffelt. Mithilfe solcher Nachbehandlungen entstehen trittsichere Klinker.

Brennen bis zum Sintern

Aus rückgebauten Ziegeln gewonnene technische Gesteinskörnungen werden unter anderem für den Sport- und Tennisplatzbau verwendet. Foto: AG Pflasterklinker / Dieter Rosen

Aus rückgebauten Ziegeln gewonnene technische Gesteinskörnungen werden unter anderem für den Sport- und Tennisplatzbau verwendet. Foto: AG Pflasterklinker / Dieter Rosen

Brennt man tonhaltigen Lehm bei hohen Temperaturen – aber noch unterhalb von 1.200 °C – dann entstehen normale Ziegel wie sie beispielsweise in Form von Dachziegeln oder Mauerziegeln bekannt sind. Diese Produkte enthalten noch relativ viele Luftporen und sind daher auch entsprechend leicht. Erst ab einer Brenntemperatur von 1.200 °C beginnt das so genannte Sintern des Materials. Die Rohstoffmasse wird dabei zunehmend dichter, vorhandene Luftporen schließen sich. Das Ergebnis sind sehr feste Steine, die einen hellen Klang erzeugen, wenn man sie aneinander schlägt. Daher haben sie auch ihren „klangvollen“ Namen: Klinker.

Die hohe Brenntemperatur hat allerdings den Nachteil, dass bei der Klinkerproduktion viel Energie verbraucht wird und somit auch viele CO2-Emissionen entstehen. Wenn man die Ökobilanz von Klinkern einzig und allein auf Grundlage dieses Herstellungsprozesses bewertet, fällt das Ergebnis zwangsläufig ziemlich negativ aus. Zwar weist die Industrie mit Recht darauf hin, dass in der jüngeren Vergangenheit viel Geld in moderne Öfen mit weniger Energieverbrauch und CO2-Emissionen investiert und zudem verstärkt auf regenerative Energien gesetzt wurde. Trotzdem wird für das Brennen (und Trocknen) von Pflasterklinkern auch weiterhin viel Energie benötigt.

Wenn man unter der Ökobilanz eines Produkts allerdings sämtliche Umweltwirkungen über dessen gesamte Lebensdauer versteht – von der Rohstoffgewinnung über die Herstellung und Nutzungsphase bis hin zur Entsorgung beziehungsweise Wiederverwendung – dann fällt die Bilanz deutlich besser aus. So argumentiert zum Beispiel die Arbeitsgemeinschaft Pflasterklinker im Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie, dass Pflasterklinker in der Regel aus heimischem Ton ohne Zusatz von Chemikalien gebrannt würden. Die Tongruben befänden sich meist in der Nähe der Produktionsstätten, sodass lange Transportwege entfielen.

Langlebig und recycelfähig

Die Arbeitsgemeinschaft verweist zudem auf die außerordentliche Langlebigkeit der Produkte. Die durchschnittliche Nutzungsdauer von Pflasterklinkern läge bei mehr als 100 Jahren. Verschmutzte oder defekte Klinker ließen sich zudem leicht reinigen, austauschen oder auch einfach umdrehen – zumindest wenn die Flächen in der ungebundenen Regelbauweise verlegt würden – also lose auf Splittbett.

Die Arbeitsgemeinschaft Pflasterklinker weist ferner darauf hin, dass auch gebrauchte Pflasterklinker als Baumaterial gerne wiederverwendet werden. Das Material altere in Würde und erhalte mit den Jahren eine charmante Patina, die bei Kennern beliebt sei. Der niederländische Hersteller Vandersanden hat bei seinen Pflasterklinkern sogar eine Wiederverwendungsrate von etwa 90 % beobachtet und attestiert ihnen eine durchschnittliche Lebensdauer von 125 Jahren.

Wenn die Wiederverwendung der Steine doch nicht mehr möglich ist, bleibt immer noch die Option, sortenrein rückbaubare Klinker in Form von Gesteinskörnungen für den Straßen-, Wege- und Sportplatzbau oder als Vegetationssubstrat zu recyceln. Darüber hinaus – so die Arbeitsgemeinschaft – könne man Klinkerbruch auch in die Produktion neuer Ziegelbaustoffe einfließen lassen oder das Material als rezyklierte Gesteinskörnungen für die Herstellung von ressourcenschonendem Beton verwenden – so genanntem R-Beton.

Dieser Beitrag ist eine Überarbeitung unseres Textes „Pflasterklinker: Pflegeleicht und unverwüstlich“ vom Juni 2013.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

Der Unterschied zwischen Dachziegel und Dachsteinen

Die meisten Steildächer in Deutschland sind auch heute noch mit Dachziegeln gedeckt. Auf Platz zwei folgen dann aber gleich die...

mehr »
 

Betonstein: Vielfältige Pflasteroptiken

Pflastersteine und -platten aus Beton sind heute allgegenwärtig: auf öffentlichen Straßen und Plätzen, aber zunehmend auch im privaten Garten. Natürlich...

mehr »
 

Verbundwerkstoffe: WPC und andere Holzersatzmaterialien für den Garten

Holz wird im Außenbereich besonders gerne für Terrassen, Zäune und Fassaden eingesetzt. Die Menschen lieben einfach die warme Optik und...

mehr »
Nach oben
nach oben