RM Rudolf Müller
E-Commerce wird auch für die Großhandelsausbildung immer wichtiger.  Foto: Pixabay

E-Commerce wird auch für die Großhandelsausbildung immer wichtiger.  Foto: Pixabay

Rechte und Pflichten
02. Juni 2020 | Artikel teilen Artikel teilen

Neuordnung der Großhandelsausbildung

Die bisherigen Kaufleute im Groß- und Außenhandel heißen künftig „Kaufleute für Groß- und Außenhandelsmanagement“. Doch das ist nicht die einzige Neuerung. Mit Start des nächsten Ausbildungsjahres gilt ab 1. August auch eine neue Ausbildungsordnung. Die modernisierten Ausbildungsinhalte sind eine Antwort auf Veränderungen in der realen Arbeitswelt und sollen unter anderem für einen umfassenden Digitalisierungsschub sorgen.

Im Baustoff-Fachhandel ist eine kaufmännische Lehre im Bereich Groß- und Außenhandel traditionell die am häufigsten durchgeführte Ausbildung. Während der dreijährigen Lehrzeit spezialisieren sich die Azubis meist auf die Fachrichtung Großhandel. Das wird sicher auch so bleiben, wenn die Berufsbezeichnung künftig etwas anders heißt als bisher: Kaufleute für Groß- und Außenhandelsmanagement.

Der geänderte Name verweist unter anderem auf die zunehmende Bedeutung von Projektmanagement im Arbeitsalltag von Großhandelskaufleuten. Künftig soll es daher auch schon in der Lehrzeit verstärkt projekt- und teamorientierte Aufgabenstellungen geben. Die neue Berufsbezeichnung steht aber auch darüber hinaus für ein gewandeltes Berufsbild. Der überarbeiteten Ausbildungsordnung beigefügt ist ein neuer Ausbildungsrahmenplan. Er enthält die betrieblichen Ausbildungsinhalte, die künftig für alle Ausbildungsbetriebe verpflichtend gelten.

Gestreckte Abschlussprüfung kommt

„Mit der neuen Ausbildungsordnung wird der zentrale Ausbildungsberuf des Groß- und Außenhandels fit für die Zukunft gemacht und erhält einen neuen Namen, neue Inhalte und eine neue Prüfung“, sagt Dr. Holger Bingmann, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). Auf seiner Website informiert der Verband ausführlich über das Update der Ausbildung (www.bga.de/grosshandeln). Auch die neue Ausbildungsordnung (mit Ausbildungsrahmenplan) sowie den Rahmenlehrplan für die Berufsschulen kann man dort kostenlos downloaden.

Was die Prüfung betrifft, so werden Azubis, die ihre Ausbildung im August 2020 beginnen, nicht mehr wie bisher eine Zwischen- und Abschlussprüfung absolvieren, sondern eine zweiteilige, gestreckte Abschlussprüfung. Damit gilt künftig bei den Großhandelskaufleuten, was bei den Kaufleuten im Einzelhandel schon seit ein paar Jahren praktiziert wird. Nach 18-monatiger Ausbildungszeit absolvieren die Azubis künftig bereits den ersten Teil ihrer Abschlussprüfung. Das Ergebnis dieser 90-minütigen, schriftlichen Prüfung fließt – anders als bei der bisherigen Zwischenprüfung – mit einer Gewichtung von 25 % in die Endnote des IHK-Prüfungszeugnisses zum Abschluss der Ausbildung ein.

In Teil 1 der Abschlussprüfung geht es laut Ausbildungsordnung um den Prüfungsbereich „Organisieren des Warensortiments und von Dienstleistungen“. Geprüft werden die diesbezüglichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, die nach Ausbildungsrahmenplan für die ersten 15 Ausbildungsmonate vorgesehen sind.

Digitalisierungsschub

Großhändler entwickeln sich immer mehr von einfachen Warenkaufleuten zu umfassenden Lösungsanbietern. Foto: Baustoffzentrum Harbecke

Großhändler entwickeln sich immer mehr von einfachen Warenkaufleuten zu umfassenden Lösungsanbietern. Foto: Baustoffzentrum Harbecke

„Das Update unseres Kernberufs bringt einen umfassenden Digitalisierungsschub“, betont BGA-Präsident Dr. Holger Bingmann. Die Berufsausbildung reagiert damit auf die veränderten Realitäten im Großhandel. Elektronische Geschäftsprozesse und Onlinehandel werden dort immer alltäglicher. Auch im Baustoff-Fachhandel geht das Fax-Zeitalter allmählich zu Ende und der Vertriebskanal Internet gewinnt zunehmend an Bedeutung. „Auf diese aktuellen und zukünftigen Herausforderungen werden die Auszubildenden mit den neuen Ausbildungsinhalten optimal vorbereitet“, so Bingmann.

Manche Unternehmen im Baustoff-Fachhandel werden künftig sicher auch den einen oder anderen Azubi im 2018 neu eingeführten Beruf „Kaufmann/-frau im E-Commerce“ ausbilden. Für viele mittelständische Familienunternehmen kommt das aber wahrscheinlich schon deshalb nicht infrage, weil ihnen entsprechend qualifiziertes Ausbilder-Personal fehlt. Insofern ist es umso begrüßenswerter, dass nun auch in der Ausbildung der Großhandelskaufleute mehr Gewicht auf das Zukunftsthema E-Commerce gelegt wird.

Damit die künftigen Großhandelskaufleute den Anforderungen der Digitalisierung besser gewachsen sind, werden elektronische Geschäftsprozesse (E-Business), aber auch Themen wie Datenschutz und IT-Sicherheit eine deutlich größere Rolle in der Ausbildung spielen. Auch die Vielfalt der Vertriebskanäle – einschließlich E-Commerce – soll sich künftig im Lehrstoff widerspiegeln. Da es beim E-Commerce wesentlich häufiger als im traditionellen Handel zu Rücklieferungen kommt, muss der Händlernachwuchs zudem auch fit beim Thema Retourenmanagement sein.

Weitere Schwerpunkte der Neuordnung

Nach Angaben des BGA entwickeln sich Großhändler immer mehr von einfachen Warenkaufleuten zu umfassenden Lösungsanbietern. Beratungsleistungen sowie waren- und kundenbezogene Dienstleistungen werden in diesem Zusammenhang immer wichtiger und müssen deshalb auch eine größere Rolle während der Ausbildung spielen.

Das gleiche gilt für die Nachhaltigkeit. Im zweiten Teil der Ausbildung lernen die Azubis künftig auch, wie sie im Rahmen der Beschaffungslogistik die ökonomischen, ökologischen, sozialen und ethischen Aspekte der Nachhaltigkeit von Lieferketten besser berücksichtigen können. Und auch das Thema „Betriebliche Compliance“ (Einhaltung von Gesetzen, Richtlinien und freiwilligen Kodizes) wurde erstmals in den Ausbildungsrahmenplan integriert. Neu in der Fachrichtung Großhandel ist zudem das Thema elektronische Lagerverwaltungssysteme.

Dieser Beitrag ist eine Aktualisierung unseres ursprünglichen Beitrags „Neuordnung der Großhandelsausbildung“ von September 2019.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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