RM Rudolf Müller
Ausbreitversuch bei einem selbstverdichtenden Beton mit Verflüssiger-Zusatz.  Foto: BASF

Ausbreitversuch bei einem selbstverdichtenden Beton mit Verflüssiger-Zusatz.  Foto: BASF

Bauchemie
28. September 2021 | Artikel teilen Artikel teilen

Die wichtigsten Betonzusatzmittel

Zement, Wasser und Gesteinskörnungen: So lautet die traditionelle Formel für Beton. Doch im Zeitalter von High-Tech-Baustoffen ist das nicht mehr so einfach. Moderne Hochleistungsbetone enthalten heute in der Regel noch Zusatzmittel wie zum Beispiel Verflüssiger, Verzögerer, Beschleuniger oder Stabilisierer. Solche Substanzen haben die Betoninnovationen der letzten Jahrzehnte überhaupt erst möglich gemacht, und sie verleihen den jeweiligen Betonmischungen ihren ganz individuellen Charakter.

Die europäische Norm DIN EN 934-2:2012 definiert ein Betonzusatzmittel als flüssigen oder pulverförmigen Stoff, „der während des Mischvorgangs des Betons in einer Menge hinzugefügt wird, die einen Massenanteil von 5 % des Zementanteils im Beton nicht übersteigt, um die Eigenschaften der Betonmischung im frischen und/oder erhärteten Zustand zu verändern“.

In Einzelfällen kann der Massenanteil auch über 5 % liegen, insbesondere bei der Herstellung von hochfestem Beton ist das oft notwendig. In solchen Fällen muss der Zusatzmittel-Hersteller aber zuvor in einer eigenen Produktzulassung nachweisen, dass von der höheren Dosierung kein negativer Einfluss auf den Beton ausgeht. Werden einem Beton mehrere unterschiedliche Zusatzmittel beigefügt, darf deren Gesamt-Massenanteil maximal 6 % des Zementanteils ausmachen – es sei denn, es liegen abweichende Zulassungen vor.

Verflüssiger und Fließmittel

Fließmittel sind heute der Hauptverkaufsschlager unter den Betonzusatzmitteln. Grafik: Deutsche Bauchemie

Fließmittel sind heute der Hauptverkaufsschlager unter den Betonzusatzmitteln. Grafik: Deutsche Bauchemie

Zu den „Klassikern“ unter den Zusatzmitteln gehören die Verflüssiger. Sie setzen die Oberflächenspannung des Zugabewassers im Beton herab, sodass insgesamt weniger Wasser benötigt wird, um die gleiche Konsistenz des Frischbetons zu erhalten. Das erleichtert die Herstellung porenärmerer und damit festerer, dichterer Betone. Zugleich kann man mit Verflüssigern aber auch weicheren Frischbeton herstellen – bei gleichbleibendem Wassergehalt. Der ist dann weniger steif beziehungsweise plastisch als normaler Beton und lässt sich daher leichter verarbeiten.

Benötigt man Beton, der nicht nur weich, sondern auch fließfähig sein muss, kommen die so genannten Fließmittel zum Einsatz. Diese wirken im Prinzip ähnlich wie Verflüssiger, allerdings weitaus stärker – und das bei geringerer Dosierung. Man nutzt sie beispielsweise, um bei normalem Wassergehalt besonders fließfähigen Betonestrich zu erhalten. Umgekehrt lassen sich Fließmittel auch verwenden, um zum Beispiel hochfesten Beton mit sehr geringem Wasseranteil zu ermöglichen, der sich trotzdem noch relativ leicht verarbeiten lässt.

Betonverflüssiger und Fließmittel sind die mengenmäßig mit Abstand am häufigsten eingesetzten Zusatzmittel. Während Verflüssiger grundsätzlich immer bereits beim Hauptmischgang im Betonwerk hinzuzufügen sind, dürfen Fließmittel auch später noch beigemischt werden – also zum Beispiel erst auf der Baustelle. Fließmittel der neuesten Generation basieren häufig auf Polycarboxylatether (PCE).

Verzögerer und Beschleuniger

Beim Betonmischen erfolgt die Zugabe der einzelnen Bestandteile meist in dieser Reihenfolge. Grafik: Deutsche Bauchemie

Beim Betonmischen erfolgt die Zugabe der einzelnen Bestandteile meist in dieser Reihenfolge. Grafik: Deutsche Bauchemie

Die Verarbeitbarkeit von Beton wird auch durch Verzögerer und Beschleuniger beeinflusst. Verzögerer sorgen dafür, dass das Material langsamer erstarrt und damit länger verarbeitet werden kann. Das ist etwa notwendig, wenn große Betonbauteile zu gießen sind, aber auch, wenn Frischbeton einen längeren Weg bis zur Baustelle zurücklegen muss. Als Wirkstoffe für Verzögerer setzt die Betonindustrie zum Beispiel auf Phosphate oder verschiedene Zucker. Oft kommen auch Ligninsulfonate oder Hydroxycarbonsäuren zum Einsatz. Die beiden letztgenannten Wirkstoffe haben zugleich einen verflüssigenden Einfluss auf den Beton. Bei diesen Zusatzmitteln handelt es sich also um Mischformen („Verzögerer/Fließmittel“).

Mit Beschleunigern erreicht man das Gegenteil: eine besonders schnelle Betonerhärtung. Das ist zum Beispiel wichtig, wenn durch Wassereinbrüche beschädigte Bauwerke schnell wieder abgedichtet werden müssen, oder beim Einbetonieren von Ankerschienen und Stahlschrauben. Die DIN EN 934-2 unterscheidet übrigens Erhärtungsbeschleuniger und Erstarrungsbeschleuniger. Erstere sorgen dafür, dass bereits die Anfangsfestigkeit des Frischbetons höher ist als bei Normalbeton. Erstarrungsbeschleuniger dagegen verringern die Übergangszeit vom plastischen zum festen Zustand des Betons. Für Spritzbeton gibt es spezielle Spritzbeton-Beschleuniger.

Stabilisierer und Luftporenbildner

Zu den Betonzusatzmitteln gehören auch die Stabilisierer, die vor allem bei Betonböden zum Einsatz kommen. Sie sorgen dafür, dass der Betonestrich nach der Verarbeitung kein Überschusswasser „ausblutet“. Das führt zu einer schnelleren Belegereife des Bodens und erhöht die Haftzugfestigkeit für die verschiedenen Oberbodenbeläge.

Luftporenbildner wiederum sind Betonzusatzmittel, deren Wirkung ein wenig „aus der Reihe fällt“. Luftporen im Beton will man ja normalerweise möglichst minimieren. Luftporenbildner bewirken das Gegenteil: Sie sorgen dafür, dass beim Mischvorgang sehr viele kleine, gleichmäßig verteilte Poren mit Durchmessern unter 0,3 mm entstehen, die auch nach dem Erhärten im Zementstein verbleiben. Als Wirkstoffe für solche Luftporenbildner kommen heute entweder natürliche Wurzelharze zum Einsatz, gewonnen aus der Brasilkiefer, oder aber synthetische Tenside.

Die Luftporen verringern zwar die Festigkeit des Materials, erhöhen aber dafür den Frostwiderstand. Wie das? Wenn die normalen Kapillarporen von Beton Wasser aufsaugen und dieses im Winter gefriert, besteht die Gefahr, dass der Kunststein aufplatzt. Dies kann durch die Mikroporen verhindert werden, weil diese einen Teil der entstehenden Druckkräfte aufnehmen. Ganz wichtig: Die per Zusatzmittel erzeugten Luftporen sind so klein, dass sie sich bei Durchfeuchtung nicht mit Wasser füllen.

Kostenlose Vortragspräsentation

Die Deutsche Bauchemie bietet umfangreiches Lehrmaterial zu Betonzusatzmitteln als kostenlosen Download an.

Die Deutsche Bauchemie bietet umfangreiches Lehrmaterial zu Betonzusatzmitteln als kostenlosen Download an.

Wir können in diesem Beitrag nicht alle Betonzusatzmittel vorstellen, die es gibt. In der DIN EN 934-2 werden zum Beispiel auch noch Dichtungsmittel genannt, die die kapillare Wasseraufnahme von Festbeton verringern, sowie Viskositätsmodifizierer, die das Sedimentieren von Betonbestandteilen im Frischbeton reduzieren.

Weitergehendes Wissen über Betonzusatzmittel bietet eine knapp 160 Seiten lange Vortragspräsentation, die der Industrieverband Deutsche Bauchemie unter diesem Direktlink zum kostenlosen Download anbietet. Bei der Zusammenstellung handelt es sich um den kompletten Unterrichtsinhalt zum Thema Betonzusatzmittel für die „Erweiterte betontechnologische Ausbildung“ (E-Schein). Dieses Material war bislang nur den in der E-Schein-Ausbildung tätigen Lehrenden sowie Referenten aus Mitgliedsunternehmen der Deutschen Bauchemie zugänglich. Seit ein paar Monaten steht es nun allen Interessierten zur Verfügung.

Unterschied zu Betonzusatzstoffen

Wie oben bereits erwähnt, sind Betonzusatzmittel Flüssigkeiten oder Pulver, die die Eigenschaften des Betons verändern, zugleich aber maximal einen Massenanteil von 5 % des Zementanteils im Beton ausmachen. Damit haben sie keinen nennenswerten Einfluss auf das Volumen des Betons. Es gibt aber auch noch eine andere Kategorie von Betonzusätzen, die in diesem Beitrag zwar keine größere Rolle spielen sollen, der Vollständigkeit aber zumindest erwähnt werden müssen: die so genannten Betonzusatzstoffe.

Beispiele für solche Zusatzstoffe sind etwa Stahl- oder Glasfasern, die man Faserbetonen beimischt, um deren Zugfestigkeit zu erhöhen, oder auch Silikastaub zur Herstellung von hochfestem Beton. Weitere Beispiele sind Gesteinsmehle, die das Betongemisch verdichten, Steinkohleflugasche als Zementersatz oder auch Pigmente zum Einfärben des Betons. Auch solche Zusatzstoffe beeinflussen natürlich die Betoneigenschaften. Anders als die Zusatzmittel beeinflussen sie aber auch das Volumen des Betons, da man sie meist in relativ großen Mengen beifügt. Die „5-%-Schranke“ gilt für diese Zusatzstoffe also nicht.

Dieser Text ist eine Überarbeitung/Aktualisierung unseres Beitrags „Übersicht: Die wichtigsten Betonzusatzmittel- und -stoffe“ von Februar 2014.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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