
Spritzbeton auf Stahl-Bewehrungsmatten zur Hangsicherung. Foto: Sika Deutschland GmbH
Was ist Spritzbeton?
Spritzbeton heißt so, weil er mithilfe einer Spritzdüse auf den Untergrund aufgetragen wird. Das Spritzverfahren ermöglicht ein schnelles, dünnschichtiges Einbetonieren auch größerer Flächen ohne Verwendung von Schalungen. Schnell abbindende Betonmischungen garantieren einen schnellen Baufortschritt. Über die wichtigsten Anwendungsgebiete und Verarbeitungsvarianten informiert der folgende Beitrag.
Der verwendete Beton unterscheidet sich im Wesentlichen nicht von Normalbeton. Spritzbeton besteht also aus Zement, Gesteinskörnungen (Schüttgüter von Sand bis Kies, aber auch größere Körner) und Wasser. Hinzu kommen Zusatzmittel wie zum Beispiel Fließmittel (Verflüssiger).
Typisch für Spritzbeton ist vor allem der Einsatz von Beschleunigern, die dafür sorgen, dass der Frischbeton nach dem Auftrag schnell abbindet, also zügig erhärtet. Diese Eigenschaft ist wichtig, weil der Baustoff häufig über Kopf verarbeitet wird – etwa an Decken oder in Tunnelgewölben – und es ja keine Betonschalung gibt, die das Material bis zur Aushärtung an seinem vorgesehen Platz fixiert. Außerdem erlaubt das schnelle Abbinden einen zügigen Auftrag weiterer Betonschichten.
Typische Zusammensetzung
Typisch für Spritzbeton sind ferner relativ kleine Gesteinskörnungen. In der Regel haben sie maximal einen Durchmesser von 8 mm. Dadurch lässt sich das Material problemlos durch Schläuche und die Spritzdüse bewegen. Noch geringer ist die Korngröße bei Spritzmörtel, den man oft als abschließende Oberflächenschicht auf Spritzbeton verwendet.
Abgesehen vom Abbindebeschleuniger und relativ kleinen Korngrößen unterscheidet sich Spritzbeton aber wie gesagt nicht von Normalbeton. Das eigentlich Typische ist die Verarbeitung, also die Tatsache, dass Spritzbeton mithilfe von Schlauch- oder Rohrleitungen zur Einbaustelle gefördert wird und dort mittels einer Spritzdüse aufgetragen wird. Dabei kommt je nach eingesetztem Spritzverfahren mehr oder weniger umfangreiche Maschinentechnik zum Einsatz.
Verdichtung durch Rückprall

Im Tunnelbau beschichtet man die Wände mit einer Sicherungsschale aus Spritzbeton. Foto: Sakret Bausysteme GmbH & Co. KG
Ausgesprochen typisch für die Spritzbetonverarbeitung ist der so genannte Rückprall. Damit ist die Tatsache gemeint, dass ein Teil der Baustoffmischung, die unter hohem Druck durch die Spritzdüse gepresst wird, beim Aufprall an der Wand- oder Deckenoberfläche zurückgeschleudert wird. Das hat den Nachteil, dass der Boden am Verarbeitungsort mit dem Spritzgut übersät ist, das nicht am Untergrund haften geblieben ist. Die Spritzbetonverarbeitung ist zweifellos keine besonders „saubere“ Angelegenheit. Doch der Rückprall hat auch einen großen Vorteil. Er verändert die Betonmischung entscheidend, durch ihn entstehen überhaupt erst weitgehend hohlraumfreie Betonoberflächen mit guter Untergrundhaftung!
Wie ist das möglich? Zum einen wird das Material infolge der hohen Aufprallenergie automatisch verdichtet. Zum anderen ist es von entscheidender Bedeutung, dass der Rückprall vor allem die gröberen Gesteinskörnungen und die flüssigen Bestandteile der Betonmischung erfasst. Am Untergrund haften bleibt daher eine relativ feinkörnige Betonschicht mit erhöhtem Zementgehalt und niedrigem Wasserzementwert (w/z-Wert), die sich durch ein gutes Haftungsvermögen auszeichnet.
Anwendungsgebiete
In der Praxis gibt es vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für die Spritzbetontechnologie. Am häufigsten sind sicher die Verwendung im Tunnelbau und bei Baugruben- oder Hangsicherungen sowie der Einsatz bei der Instandsetzung beschädigter Stahlbeton-Bauteile. Auch für die Fugensanierung von Natursteinmauerwerk an historischen Bauwerken eignet sich die Technik. Dafür kommen in der Regel Spezialprodukte wie Muschelkalkmörtel oder Trass-Zement-Spritzmörtel zum Einsatz.
Im Tunnelbau ist Spritzbeton heute das entscheidende Mittel zur Vortriebssicherung. So muss man die Wände frisch ausgehöhlter Tunnelprofile nicht mehr aufwändig ausmauern, sondern kann sie in kürzester Zeit mit einer Sicherungsschale aus Spritzbeton beschichten. Auch im Minenbau kommt diese Bauweise heute zum Einsatz. Bei Bedarf sorgen Stahlbewehrungen für zusätzliche Stabilität. Dafür befestigt man zunächst Bewehrungsmatten am Untergrund, die anschließend mit Spritzbeton überdeckt werden, oder man verwendet eine Spritzbetonmischung, die feine Stahlfasern enthält (Faserbeton).
Beim zweiten großen Einsatzgebiet von Spritzbeton – der Instandsetzung bestehender Stahlbeton-Bausteile – geht es vor allem darum, freigelegte Bewehrungsstähle durch eine neue Spritzbetonüberdeckung punktuell zu erneuern. Außerdem wird das Material auch verwendet, um Betonbauteile mithilfe zusätzlicher Auftragsschichten zu verstärken.
Trockenspritzverfahren

Inhaltsstoffe von Spritzbeton (v.l.): Kies, Wasser, Zement, Betonverflüssiger und Sand. Hinzu kommen Beschleuniger. Foto: Sika Deutschland GmbH
Grundsätzlich unterscheidet man bei der Verarbeitung von Spritzmörtel das Trockenspritz- und das Nassspritzverfahren. Historisch älter ist das Trockenspritzverfahren, das bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt wurde. Bei dieser Variante wird eine trockene, pulverförmige Betonmischung per Druckluft durch die Schläuche oder Rohre zur Spritzdüse gefördert. Erst dort werden Wasser und Zusatzmittel hinzugegeben. Typische Anwendungsbeispiele für Trockenspritzbeton sind heute Instandsetzungsarbeiten an Stahlbeton-Bauteilen, Fugensanierung von Natursteinmauerwerk oder Hang- und Baugrubensicherungsmaßnahmen bei kritischen Platzverhältnissen.
Das Trockenspritzverfahren hat den Vorteil, dass es weniger Maschinen-Equipment sowie geringere Schlauchdurchmesser erfordert. Der Reinigungsaufwand für die Schläuche ist zudem gering. Außerdem härtet der Spritzbetonbewurf besonders schnell aus. Allerdings ist das Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelte Nassspritzverfahren insgesamt leistungsfähiger und erlaubt ein schnelleres Betonieren. Das bedeutet aber nicht, dass das alte Trockenspritzverfahren nicht mehr gebraucht würde. Vor allem bei beengten Platzverhältnissen, bei der Verarbeitung geringer Mengen oder wenn der Beton schnell fest werden muss, ist die Trockenvariante noch immer gefragt.
Nassspritzverfahren
Trockenspritzbeton hat aber auch Nachteile. Die Trockenmischung führt zu einem erhöhten Verschleiß an Spritzmaschine, Förderschläuchen und Spritzdüse. Rückprall und Staubentwicklung sind vergleichsweise stark und wirken sich negativ auf die Arbeitsbedingungen aus. Bei all diesen Punkten hat das Nassspritzverfahren Vorteile. Außerdem ermöglicht es eine höhere Betonierungsleistung pro Stunde.
Beim Nassspritzverfahren fördert man eine bereits mit Wasser angemachte und mit flüssigem Erstarrungsbeschleuniger versetzte Betonmischung per Druckluft oder Pumpe zur Spritzdüse. Dort werden nur noch Treibluft zum Spritzen und gegebenenfalls Betonzusätze hinzugefügt. Das Verfahren ist leistungsfähiger und überzeugt durch eine um das doppelte bis vierfache
verminderte Rückprallmenge sowie eine geringere Staubbelastung.
Nachteil ist, neben dem höheren Reinigungsaufwand für die Schläuche, insbesondere der größere Platzbedarf für die Maschinentechnik. Im Tunnelbau – einem heutigen Haupteinsatzfeld für Spritzbeton – ist das Nassspritzverfahren mittlerweile Standard.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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