
Dreifach-Isolierglas mit thermisch optimiertem Abstandhalter. Foto: SWISSPACER
Fensterbau: Was ist die „Warme Kante“?
Der Scheibenzwischenraum von Mehrscheibenfenstern muss nach außen hin hermetisch abgeschlossen sein. Dafür sorgen Abstandhalterprofile im Verbund mit zusätzlichen Dichtstoffen. Doch klassische Abstandhalter aus Metall haben sich als Wärmebrücken entpuppt. Deshalb setzt man im Fensterbau heute zunehmend auf thermisch optimierte Profile. Der Scheiben-Randverbund wird dann als „Warme Kante“ bezeichnet.
Bei Zwei- oder Dreischeiben-Isoliergläsern ist es wichtig, dass im Scheibenzwischenraum eine möglichst geringe Luftfeuchtigkeit herrscht und die zur Verbesserung der Wärmedämmung eingesetzten Edelgasfüllungen nicht entweichen können. Außerdem ist natürlich sicherzustellen, dass die Glasscheiben des Bauelements einerseits einen festen Verbund bilden sowie andererseits dauerhaft im korrekten Abstand zueinander bleiben.
Thermisch optimierter Randverbund

Randverbund einer Zwei-Scheiben-Isolierverglasung mit thermisch optimiertem Abstandhalter („Spacer“). Foto: Technoform Glass Insulation GmbH
Für all diese Aufgaben – Dichtheit, Zusammenhalt und definierter Abstand – gibt es bei Zwei- oder Dreischeiben-Isoliergläsern spezielle Abstandhalterprofile (englisch: „Spacer“). Diese werden im Randbereich der Scheiben umlaufend zwischen je zwei Verglasungen verklebt. Die Fugen zwischen Glas und Profil wiederum verschließt man in der Regel mit dem synthetischen Kautschuk Butyl als Primärdichtstoff. Anschließend dichtet man den gesamten Querschnitt des Scheibenzwischenraums von außen noch mit flüssigen Sekundärdichtstoffen auf Basis von zum Beispiel Polysulfid, Polyurethan oder Silikon ab.
Die Gesamtkonstruktion aus Profil und Dichtstoffen wird auch als Randverbund bezeichnet. Von einer warmen Kante im Fensterbau spricht man dann, wenn dieser Randverbund so beschaffen ist, dass er nur eine geringe Wärmeleitfähigkeit hat. Das lässt sich erreichen, indem man auf die früher üblichen Metallprofile verzichtet und stattdessen thermisch optimierte Abstandhalter aus Kunststoff oder Verbundmaterialien einsetzt.
Die bis heute in vielen Gebäuden verbauten Hohlprofile aus Aluminium oder Stahl wirken nämlich als Wärmebrücke zwischen der Innen- und Außenscheibe der Verglasung. Bei kühlen Außentemperaturen fließt an diesen Stellen vermehrt Raumwärme nach draußen, da die Dämmwirkung dort geringer ausfällt als im meist mit Edelgasen wie Argon oder Krypton gefülltem Scheibenzwischenraum beziehungsweise im ebenfalls meist gut isolierten Fensterrahmen. Am größten ist das Problem übrigens bei den bis heute besonders stark verbreiteten Aluminium-Abstandhaltern. Deren Wärmeleitfähigkeit ist rund zehnmal höher als die von Edelstahl-Profilen.
Heizkosten sparen und Schimmelrisiko senken
Um das Wärmebrückenproblem zu überwinden, kamen vor rund 20 Jahren die ersten Warme-Kante-Profile auf den Markt. Mittlerweile haben sie bei neuen Mehrscheibenfenstern einen Marktanteil von etwa 70 % erreicht. Der Rest entfällt auf rein metallische Abstandhalter, die von vielen Isolierglasherstellern weiterhin verarbeitet werden, nicht zuletzt, weil sie in der Anschaffung günstiger sind als die thermisch optimierten Varianten.
Den Mehrkosten für Fenster mit Warmer Kante stehen Einsparungen „im Betrieb“ gegenüber. Schließlich hilft die bessere Wärmedämmung dabei, Heizkosten zu senken. Laut Merkblatt „Kompass Warme Kante“ des Bundesverbandes Flachglas lassen sich die Wärmeverluste im Randbereich einer Isolierglasscheibe mehr als halbieren, wenn Abstandhalter aus anderen Materialien als Aluminium zum Einsatz kommen. Außerdem lässt sich mit der Warmen Kante nicht nur Heizenergie sparen, sondern auch das Risiko minimieren, dass Wasserdampf an den Glasrändern als flüssiges Wasser kondensiert. Hintergrund: Kondenswasser kann zu Schimmelproblemen führen – vor allem bei Holzfenstern.
Starre und flexible Abstandhalter

Der starre Abstandhalter „TGI-Spacer“ besteht aus Polypropylen – umhüllt mit Metallfolie. Foto: Technoform Glass Insulation GmbH
Für Isolierglas-Hersteller, die es gewohnt sind, klassische Metall-Abstandhalter einzusetzen, ist es eigentlich relativ leicht, auf starre Kunststoffprofile umzusteigen. Denn diese Produkte aus festen Polymeren wie zum Beispiel Polypropylen können sie mit denselben Maschinen einbauen. Genauso wie die alten Metall-Abstandhalter handelt es sich übrigens auch bei den starren Warme-Kante-Modellen um Hohlkammerprofile, nur eben aus Kunststoff, die man mit Trockenmitteln befüllt. Das Füllmaterial stabilisiert die innen hohlen Profile und ist zudem in der Lage, Feuchtigkeit aufzunehmen.
Neben den starren Varianten gibt es auch Warme-Kante-Abstandhalter, die aus flexiblen Kunststoffmaterialien bestehen. Auch diese werden direkt vom Isolierglas-Hersteller zwischen den Scheiben aufgebracht, dieser Prozess erfordert allerdings eine andere Technik, funktioniert also nicht mit den alten Maschinen für Metallprofile. Bei den flexiblen Produkten unterscheidet man thermoplastische Flüssigkunststoffe, die in Fässern gelagert und als heiße Masse auf das Glas aufgespritzt werden, sowie vorgefertigte Schaumprofile von der Rolle.
Metallfolie als Diffusionssperre
Starre Warme-Kante-Abstandhalter werden zwar aus thermisch optimiertem Kunststoff hergestellt, sind aber zugleich oft mit einer hauchdünnen Folie aus Edelstahl oder Aluminium umhüllt. Es handelt sich also streng genommen um Hybrid-Abstandhalter beziehungsweise Verbundmaterialien. Die Metallfolie dient als Diffusionssperre gegen das Eindringen von Wasserdampf in den Scheibenzwischenraum und verringert noch einmal deutlich die Gefahr, dass Edelgase entweichen können.
Da die verwendeten Folien sehr dünn sind, haben sie kaum Auswirkungen auf die Wärmeleitfähigkeit des Randverbunds. Durch die Umhüllung des Kunststoffkerns unterscheiden sich die Produkte zudem optisch fast gar nicht von herkömmlichen Metallprofilen – nur dass sie natürlich viel leichter sind und eine bessere Wärmedämmung bieten.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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