RM Rudolf Müller
Trockenbauweise: Innere Brandwand bei einem Gewerbeobjekt.  Foto: Knauf

Trockenbauweise: Innere Brandwand bei einem Gewerbeobjekt.  Foto: Knauf

Boden und Wand
16. November 2022 | Artikel teilen Artikel teilen

Was sind Brandwände?

Die deutsche Musterbauordnung definiert Brandwände als raumabschließende Bauteile, die bei einem Gebäudebrand die Brandausbreitung auf andere Gebäude oder andere Räume „ausreichend lang“ verhindern. Was das bedeutet und wie es funktioniert, erklärt der folgende Beitrag.

Um den Brandübersprung von einem Gebäude auf ein benachbartes Gebäude zu vermeiden, sind gemäß §30 der Musterbauordnung (MBO) unter bestimmten Bedingungen Gebäudeabschlusswände in Brandwandqualität vorgeschrieben. Bei größeren Immobilien kann darüber hinaus der Einzug weiterer innerer Brandwände notwendig sein. Letztere unterteilen große Gebäude beziehungsweise ohne Abstand aneinandergereihte Einzelgebäude – zum Beispiel im mehrgeschossigen Wohnungsbau – in mehrere Brandabschnitte.

Feuerbeständige Bauteile

Brandwände für den Gebäudeabschluss bestehen häufig aus Mauerwerk oder Beton, also aus mineralischen, nichtbrennbaren Baustoffen. Vor allem innere Brandwände werden auch häufig in Trockenbauweise gebaut (mehr dazu im BaustoffWissen-Beitrag „Brandwände in Trockenbauweise“). Doch unabhängig von der Materialauswahl legt §30 MBO unmissverständlich fest, dass Brandwände stets aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen (Baustoffklasse A) sowie als komplettes Bauteil feuerbeständig sein müssen.

Das gilt nicht nur für die Brandwand selbst, sondern auch für weitere Baustoffschichten, die daran befestigt sind. So müssen zum Beispiel nicht nur Gebäudeabschlusswände selbst, sondern auch daran anschließende Außenwandbekleidungen „einschließlich der Dämmstoffe und Unterkonstruktionen nichtbrennbar sein“ (MBO §30, Absatz 7). „Feuerbeständig“ bedeutet übrigens, dass das Bauteil mindestens 90 Minuten lang verhindern muss, dass ein Brand, der auf der einen Wandseite ausbricht, sich auf der gegenüberliegenden Seite fortsetzt. Für Brandwände muss daher mindestens die Feuerwiderstandsklasse F90 gelten.

Während der 90 Minuten darf die Tragfähigkeit der Wand nicht beeinträchtigt sein, außerdem dürfen Flammen und heiße Gase nicht durch das Bauteil durchdringen. Mehr noch: Nicht einmal die Oberflächentemperatur auf der vom Feuer abgewandten Bauteilseite darf innerhalb dieser Zeit stark steigen! Brandwände müssen zudem auch bei mechanischer Beanspruchung stabil bleiben. Ihre Tragfähigkeit darf beispielsweise nicht durch herabfallende Bauteile erschüttert werden.

Abstand zur Grundstücksgrenze

Gebäudeabschlusswände in Brandschutzqualität schreibt die MBO für die meisten Gebäudetypen vor, wenn ihr Abstand zur Grundstücksgrenze weniger als 2,50 m beträgt. Nur wenn das Nachbargebäude mindestes 5 m entfernt ist und dieser Abstand auch durch künftig zulässige Gebäude nicht unterschritten werden kann, ist es erlaubt, ein Gebäude auf einer der beiden Grundstücksseiten auch näher als 2,50 m an der Grundstücksgrenze zu bauen, ohne dass dadurch eine Brandwand notwendig wird.

Feuerbeständige Gebäudeabschlusswände dürfen grundsätzlich keine Öffnungen (Fenster, Türen) haben. Bei inneren Brandwänden sind Öffnungen dagegen eingeschränkt zulässig. Diese müssen dann aber ebenfalls feuerbeständig sein und über dichte, selbstschließende Abschlüsse verfügen (MBO §30, Absatz 8). Innere Brandwände sind laut MBO nur in „ausgedehnten Gebäuden“ notwendig. Was darunter genau zu verstehen ist, wird in der Musterbauordnung nicht näher definiert. Es heißt dort nur, dass die Abstände zwischen mehreren Brandwänden in einem Gebäude maximal 40 m betragen dürfen.

Regeln im Dachbereich

§ 30 MBO (Absatz 4) sieht ferner vor, dass Brandwände bis zur Bedachung des Gebäudes durchgehen und in allen Geschossen übereinander angeordnet sein müssen. Für Gebäudeabschlusswände gilt das grundsätzlich, innerhalb von Gebäuden dagegen darf man klassische Brandwände unter bestimmten Bedingungen (siehe dazu § 30 MBO, Absatz 3) auch durch hochfeuerhemmende Wände der Feuerwiderstandsklasse F60 ersetzen und geschossweise versetzt anordnen. Zu den Bedingungen zählt unter anderem, dass dann auch die mit den Wänden in Verbindung stehenden Decken feuerbeständig sein sowie komplett aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen müssen.

Ob nun direkt übereinander oder geschossweise versetzt: In jedem Falle müssen Brandwände „bis zur Bedachung des Gebäudes durchgehen“. In Absatz 5 des § 30 MBO wird das noch weiter konkretisiert: Demnach sind Brandwände „in Höhe der Dachhaut mit einer beiderseits 0,50 m auskragenden feuerbeständigen Platte aus nichtbrennbaren Baustoffen abzuschließen; darüber dürfen brennbare Teile des Daches nicht hinweggeführt werden“. Alternativ kann man die Brandwand aber auch 0,30 m über die Bedachung führen.

Garagen an der Grundstückgrenze

Mit dieser Systemlösung ist der Garagenbau an der Grundstücksgrenze auch brandschutztechnisch kein Problem.

Mit dieser Systemlösung ist der Garagenbau an der Grundstücksgrenze auch brandschutztechnisch kein Problem.

Wie oben bereits erwähnt, sind feuerbeständige Gebäudeabschlusswände vorgeschrieben, wenn das Gebäude weniger als 2,50 m von der Grundstücksgrenze entfernt ist beziehungsweise weniger als 5 m vom Nachbargebäude. Ausgenommen von dieser Vorschrift sind allerdings Außenwände von Gebäuden „ohne Aufenthaltsräume und ohne Feuerstätten mit nicht mehr als 50 m³ Brutto-Rauminhalt“ (§ 30 MBO). Das gilt in der Regel auch für Garagen. Diese werden, um eine optimale Grundstücksausnutzung zu gewährleisten, häufig nahe an der Grenze zum Nachbargrundstück angeordnet. Die speziellen Brandschutzanforderungen an diese Bauwerke sind in der Muster-Garagen- und Stellplatzverordnung (M-GarStVO) festgehalten.

Für geschlossene Kleingaragen sieht die M-GarStVO vor, dass diese im Bereich der Grundstücksgrenze keine feuerbeständige Gebäudeabschlusswand haben müssen. Stattdessen genügt es, wenn die Wand nur die Feuerwiderstandsklasse F30 erreicht. Solange dieses Schutzziel für das gesamte Bauteil garantiert ist, dürfen einzelne der verwendeten Baustoffe sogar brennbar sein – nicht aber die Außenwandbekleidung! Eine Garage mit Holzfassade ist an der Grundstückgrenze also nicht erlaubt.

Eine wirtschaftliche Lösung für die Garagenwand-Anforderung „F30 mit nichtbrennbarer Außenwandbekleidung“ hat kürzlich Hersteller James Hardie vorgestellt. Das System „1HA17-790 Hardie VL Plank Garagenwand“ besteht raumseitig aus einer Lage nichtbrennbarer Gipsfaserplatten, die an einer Holzunterkonstruktion befestigt sind. Auf der Außenseite ist die Wand mit ebenfalls nicht brennbaren Faserzementplatten beplankt. Da die Fassadenplatten mit nachgebildeter Holzstruktur lieferbar sind, müssen Hausbesitzer bei dieser Lösung nicht einmal auf diese beliebte Oberflächenoptik verzichten.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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