
Das Indach-System Braas PV Premium lässt sich sehr harmonisch ins Dach integrieren. Foto: Braas
Was ist Indach-Photovoltaik?
Ein typisches Argument von Architekten gegen Photovoltaik (PV) lautet: „Die Module zerstören die optische Harmonie traditioneller Steildachflächen“. Mit Indach-PV lässt sich dieser Vorwurf allerdings weitgehend entkräften. Die in die Dachhaut integrierten Module produzieren nicht nur Solarstrom, sondern bewahren auch die Dachästhetik. Sie übernehmen zudem die Schutzfunktion der Dachpfannen, die sie ersetzen.
Die grundsätzliche technische Funktionsweise von PV-Modulen wurde auf BaustoffWissen bereits im Beitrag „Wie funktioniert eine Photovoltaikanlage?“ detailliert erklärt. An dieser Stelle geht es nun um eine spezielle Variante: so genannte Indach-Anlagen, die zusammen mit den umliegenden Dachpfannen eine durchgehend ebene Fläche bilden und die im Bereich der Teildachfläche, auf der sie zum Einsatz kommen, die traditionelle Eindeckung (Dachziegel, Dachsteine) komplett ersetzen. Diese Module werden auf Befestigungsschienen montiert, aber eben nicht oberhalb der Dachebene, sondern integriert in diese. Man fixiert die Schienen also direkt auf den Traglatten des Daches.
Harmonische Optik
Im Gegensatz zu einer klassischen Aufdach-Anlage, bei der die blau-schwarz schimmernden kristallinen Module in der Regel fünf bis 15 cm über der vorhandenen Dacheindeckung montiert sind, fügt sich die Indach-Technik optisch viel unauffälliger in die Gesamtdachfläche ein. Mit dunklen Dachpfannen lässt sich sogar eine weitgehende farbliche Harmonie zwischen Solarmodulen und sonstiger Eindeckung erzeugen.
Die farbliche Abstimmung mit der Eindeckung kann man sogar noch weitertreiben. Denn PV-Module müssen nicht zwangsläufig dunkelblau bis schwarz sein. Sie sind prinzipiell auch dachziegelrot „einfärbbar“. Auch viele weitere Farben sind möglich und werden von einigen Herstellern auch angeboten. Allerdings muss der Käufer bei diesen Produkten in der Regel einen geringeren Wirkungsgrad der Module hinnehmen – also eine geringere Solarstromausbeute.
Die Farbe der Module wird nämlich durch deren hauchdünne Antireflexschicht erzeugt. Diese entspiegelt das Modul und sorgt somit dafür, dass die Solarzellen möglichst viel Sonnenlicht absorbieren und möglichst wenig reflektieren. Als optimal hat sich hier eine Dicke der Antireflexschicht erwiesen, bei der diese eben dunkelblau bis schwarz schimmert. Farbänderungen erfordern dagegen Änderungen der optimalen Schichtstärke, was die Lichtausbeute des Moduls verringert.
Für Neubau und Sanierung

Mit den 1,70 m hohen Indax-Modulen lassen sich mehrere Eindeckungsreihen gleichzeitig abdecken. Foto: Braas
Indach-PV eignet sich besonders für Neubauten, weil man dann von vorneherein einen Teil der Dachpfannen einsparen kann. Wer seinen Neubau dagegen mit einem dachparallelen Aufdach-System schmückt, leistet sich im Bereich der Module im Grunde unnötigerweise eine doppelte wasserführende Dachhaut. Bei Indach-Anlagen entfällt dagegen ein Teil der Kosten für Material und Verlegung der traditionellen Dacheindeckung.
Dem kann man gegenüber halten, dass die Indach-Module selbst meist teurer als herkömmliche Aufdach-Produkte sind. Wobei sich auch das nicht verallgemeinern lässt. Der PV-Hersteller Entegro etwa wirbt damit, dass sein Indach-System „kostengünstig wie ein Aufdach-System“ sei. Letztlich hängt die Kostenfrage vom Einzelfall ab, schließlich gibt es – je nach Qualität und Angebot – sehr unterschiedliche Preise für PV-Module, Eindeckungsmaterialien und Handwerkerleistungen. Jedenfalls ist es keinesfalls ausgeschlossen, dass eine Indach-Anlage im Neubau unterm Strich kostengünstiger ist als die Montage eines Aufdach-Moduls auf einem neu eingedeckten Dach.
In diesem Sinn kann sich die Indach-Variante natürlich auch bei Dachsanierungen im Bestand finanziell lohnen. Jedenfalls dann, wenn die Dacheindeckung ohnehin komplett erneuert werden soll. Neben der harmonischeren Optik hat Indach-PV zudem den Vorteil, dass Elektroanschlüsse und Verkabelung besser vor Niederschlägen geschützt sind. Außerdem bietet sie weitaus weniger Angriffsfläche für Windböen als Aufdach-Module.
Beispiel Braas
Einige wichtige Eigenschaften moderner Indach-Module wollen wir anhand des Produktsortiments der Braas GmbH erläutern, die nach eigenen Angaben Deutschlands führender Anbieter kompletter Dachsysteme fürs Steildach ist (u. a. Dachsteine, Dachziegel, Dachdämmung). Im Bereich PV-Systeme bietet der Hersteller zwei verschiedene Varianten: die Produkte „PV Indax“ und „PV Premium“ (siehe Fotos). Bei beiden handelt es sich um Indach-Systeme, die nicht zum Begehen geeignet sind.
Das System PV Indax besteht aus rund 1,70 m hohen und knapp 1 m breiten, kristallinen Dickschichtmodulen. Sie werden in der Ebene der Dach-Traglatten auf Hilfsbohlen befestigt und ersetzen als „harte Bedachung“ im Sinne der deutschen Landesbauordnungen die sonst üblichen Dachpfannen. Die 20 kg schweren und 7,5 cm dicken Module ersetzen nicht nur in der Breite mehrere Dachpfannen, sondern decken aufgrund ihrer Höhe (1,70 m) auch immer mehrere Eindeckungsreihen gleichzeitig ab.
Regensicherheit

Die Premium-Module ersetzen in der Breite etwa sechs typische Dachsteine. Foto: Braas
Die Indax-Einzelmodule werden nebeneinander befestigt, wobei in den Fugen zwischen den Modulen metallische Drainageschienen und weitere Abdichtungsmaterialien dafür sorgen, dass der Fugenbereich wasserdicht ist und Niederschläge sicher zur Dachrinne abfließen. Das gesamte Modulfeld wird im Prinzip ähnlich wie ein Dachfenster mit Anschlussschürze und Eindeckrahmen in das Dach integriert und ist daher auch genauso regensicher wie ein solches Fenster. Gleichwohl ist für die Regensicherheit des gesamten Dachaufbaus nach Herstellerangaben mindestens eine Unterspannbahn als Zusatzmaßnahme erforderlich.
Auch die Module des Indach-Systems Braas PV Premium montiert man anstelle von Dachpfannen direkt auf der Traglattung. Die nur 10 kg schweren Module sind allerdings nur knapp 35 cm hoch und decken damit genau die typische Höhe einer Dachpfannenreihe ab. Aufgrund der Breite von 180 cm deckt ein Modul aber stets den Raum mehrerer Pfannen einer Reihe ab – zum Beispiel sechs Pfannen des Braas-Dachsteins Tegalit.
Im Vergleich zum Indax-System ergeben die Premium-Module ein noch geradlinigeres, harmonischeres Deckbild mit den umliegenden Dachpfannen. Sie ähneln diesen auch optisch stärker, da man sie überlappend verlegt. Diese Verlegung der Einzelmodule im Versatz sichert die Regensicherheit innerhalb des gesamten Modulfeldes. Für einen regensicheren Anschluss ist das Modulfeld an allen vier Seiten in die Dachdeckung einzubinden, mindestens mit jeweils einer Dachpfannen-Reihe beziehungsweise -Spalte.
Geprüfte Hinterlüftung
Beide Braas-Systeme verfügen über eine geprüfte Hinterlüftung. Das ist wichtig, denn wenn die Hinterlüftung nicht gesichert ist, können die Module schnell überhitzen. In der Folge sinken Wirkungsgrad und Solarstromertrag. Das ist überhaupt ein allgemeiner Nachteil der Indach-Technik gegenüber Aufdach-Modulen. Letztere sind zwangsläufig immer etwas besser hinterlüftet. Hersteller von Indach-Produkten weisen allerdings darauf hin, dass ihre Produkte dank technisch ausgereifter Hinterlüftung ebenfalls stabil laufen und ein Absinken des Wirkungsgrades nur an sehr heißen Sommertagen von praktischer Relevanz sei.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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