
Praktische Sackware: Alija Velovic (l.), Verkaufsleiter Quick-Mix, überreicht hier ein Trockenmörtel-Gebinde an einen Maurer, der ein Gewinnspiel auf der Nordbau gewonnen hatte. Foto: Quick-Mix
Geschichte des Trockenmörtels
Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein hat man Mörtel komplett auf der Baustelle gemischt. Bauarbeiter mixten die Zutaten, rührten sie frisch an und verarbeiteten den Mörtel danach sofort. Die genaue Rezeptur solcher Baustellengemische war natürlich nicht genormt, entsprechend schwankend konnte die Qualität sein. Das änderte sich erst mit der Erfindung des Trockenmörtels in den 1930er-Jahren. Nun wurde erstmals eine weitgehende Standardisierung der Mörtelqualitäten möglich.
Mörtel besteht aus Sand, Wasser und einem Bindemittel wie Zement oder Kalk. Trockenmörtel ist dasselbe, nur dass er zunächst ohne Wasser hergestellt wird. Die Trockenbestandteile – also Sand und Bindemittel – werden nach einer festen Herstellerrezeptur bereits im Werk gemischt. Man spricht daher auch von Werktrockenmörtel. Vertrieben wird das pulverförmige Material als Sackware in Gebinden oder als lose Siloware. Auf der Baustelle muss der Verarbeiter dann nur noch eine vorgeschriebene Menge Wasser hinzufügen sowie das Ganze verrühren, und schon hat er einen gebrauchsfertigen Mörtel mit vom Hersteller garantierter, gleich bleibender Qualität zur Hand. Das Prinzip funktioniert also im Grunde genauso wie bei einem Fertigsoßen-Pulver.
Erfindung aus Amerika
Es war der amerikanische Bauingenieur Arthur C. Avril, der 1936 als erster die Idee hatte, die Trockenbestandteile von Mörtel bereits im Werk nach exakten Rezepturen zusammenzumischen und diese Fertiggemische dann abgefüllt in Säcke an Bauhandwerker zu vertreiben. Das war die Geburtsstunde des industriell hergestellten Werktrockenmörtels, den man auf der Baustelle nur noch mit Wasser anrühren musste. Seine Erfindung nannte Avril „Sakrete“ – ein Kunstwort, das er aus den englischen Worten „sack“ und „concrete“ ableitete. Zu deutsch: Sack und Beton. Auf dem europäischen Markt wurde daraus später die nach wie vor existierende Baustoffmarke „Sakret“ (ohne „e“ am Ende).
Mit seinem neuartigen Mörtelprodukt landete Avril einen Volltreffer: ein revolutionäres Produkt, auf das der Markt wirklich gewartet hatte. In kurzer Zeit verbreitete sich der vorkonfektionierte Trockenmörtel überall auf der Welt und wurde schon bald auch von vielen anderen Herstellern produziert. Wo immer heute Mörtelprodukte zum Einsatz kommen, ob für Mauerwerk, als Fliesenkleber, für Estrichflächen oder für die unterschiedlichen Putzanwendungen, sind die pulverförmigen Gemische zum Standard geworden. Für viele Anwendungsbereiche ist Werktrockenmörtel sogar ausdrücklich vorgeschrieben.
Effektiver und sicherer

Die fertig gemischten Trockenbestandteile sind auf der Baustelle nur noch mit Wasser anzurühren. Foto: Xella
Werktrockenmörtel haben den Arbeitsprozess auf der Baustelle standardisiert und effektiver gemacht, man kann auch sagen: Sie haben ihn industrialisiert. Für den Verarbeiter hat das den Vorteil, dass er nicht mehr alle Mörtelbestandteile selbst zusammenmischen muss. Das hat das Bauen einfacher und schneller gemacht.
Zugleich wurde die Mörtelherstellung sicherer und zuverlässiger. Die klassischen Baustellengemische waren ja im Prinzip eine „Wundertüte“, ihre Qualität hing stark davon ab, ob der Verarbeiter „ein Händchen“ für das Mischen hatte. Außerdem waren die Rohstoffe – Sand und Bindemittel – auf der Baustelle oft Wind und Wetter ausgesetzt, sodass immer die Gefahr der Verunreinigung bestand. Einer klar definierten, gleichbleibenden Mörtelqualität war all das abträglich. Wenn man bedenkt, dass zum Beispiel die Beschaffenheit von Mauermörtel auch die Statik von Gebäudewänden beeinflusst, kann man sich vorstellen, dass ein „schlecht“ gemischter Mörtel durchaus ein Sicherheitsrisiko darstellen kann.
Geprüfte Qualität
Im Werk der Hersteller lassen sich die Trockenbestandteile des Mörtels dagegen besser prüfen und entsprechend der jeweils gewünschten Mörteleigenschaften in exakten Mengenverhältnissen zusammenmischen. Der Hersteller Sakret spricht in diesem Zusammenhang vom „Ende des Zufallsprinzips“. Das trockene Gemisch ist zudem in der Sackverpackung beziehungsweise im Silo sicher vor äußeren Einflüssen geschützt. Die Fehlerquellen auf der Baustelle sind somit deutlich reduziert.
Eigentlich kann nun nur noch beim Anrühren etwas schiefgehen – etwa weil nicht die richtige Wassermenge zum Einsatz kommt. Wer auch das ausschließen möchte, muss Werk-Frischmörtel statt Werk-Trockenmörtel verwenden. Bei diesem Produkt findet auch das Anrühren bereits im Herstellerwerk statt. Der verarbeitungsfertige Mörtel wird in Betonmisch-Fahrzeugen auf die Baustelle transportiert.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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