RM Rudolf Müller
Das Polyurethan (schwarz) wird in einer Schichtdicke von 3–6 mm auf die Türblattkante aufgebracht. Foto: www.herholz.de

Das Polyurethan (schwarz) wird in einer Schichtdicke von 3–6 mm auf die Türblattkante aufgebracht. Foto: www.herholz.de

Bauelemente
10. Dezember 2019 | Artikel teilen Artikel teilen

Innentüren: Was sind PU-Kanten?

Türblattkanten sind empfindliche Bereiche. Schon leichte Stöße – zum Beispiel beim Transport größerer Gegenstände – können hier zu Beschädigungen beziehungsweise Lack-Absplitterungen führen. Deshalb ist ein guter Kantenschutz wichtig. Das gilt vor allem für stark beanspruchte Bauelemente in öffentlichen Gebäuden. Als besonders hochwertige Lösung hat sich in den letzten Jahren die so genannte PU-Kante etabliert.

Türen mit PU-Kanten kommen vor allem in öffentlichen Bauten und Büros mit viel Publikumsverkehr zum Einsatz. Neben Kindergärten, Schulen und Universitäten trifft das etwa auch auf Krankenhäuser, Arztpraxen, Senioren- und Pflegeheime zu. Wo beispielsweise häufig Betten oder Rollstühle durch die Gegend geschoben werden, besteht eine hohe Gefahr, dass es zur Beschädigung von Türblattkanten kommt. Mit einer widerstandsfähigen PU-Kante lassen sich viele solcher Schäden vermeiden. Die Spezialbeschichtung hat zwar ihren Preis, dafür lassen sich jedoch spätere Reparaturkosten deutlich eindämmen.

Was ist PU?

Die Abkürzung PU steht für Polyurethan. Dieser im Dämmstoffbereich häufig als Hartschaum verwendete Kunststoff wird auch häufig mit „PUR“ abgekürzt. Im Prinzip stehen beide Bezeichnungen gleichwertig nebeneinander. Viele Hersteller verwenden den Ausdruck PUR, im Anwendungsbereich Türblattkanten hat sich dagegen der Name „PU-Kante“ etabliert. Auch in der europäischen DIN EN 13165:2016-09 („Wärmedämmstoffe für Gebäude“) sowie in der deutschen DIN 4108-10 („Anwendungsbezogene Anforderungen an Wärmedämmstoffe“) wird der Werkstoff mit PU abgekürzt.

Grundsätzlich bleibt festzuhalten: PU und PUR sind ein- und dasselbe – nämlich Polyurethan. Daneben gibt es auch noch Polyisocyanurat, das mit dem Kürzel PIR benannt wird. PIR besteht wie PU/PUR vor allem aus Methylendiisocyanat (MDI) und Polyol – nur dass bei PIR der MDI-Anteil deutlich höher ist. In aufgeschäumter Form entsteht dadurch ein noch stabilerer Kunststoffschaum.

Vorteile des Materials

Polyurethan wird im Gebäudebereich oft als Hartschaum-Dämmstoff eingesetzt – vor allem für Aufsparrendämmungen, aber zum Beispiel auch in den Bereichen WDVS-Fassade und Innendämmung. Das Material überzeugt durch eine Reihe positiver Eigenschaften, die es auch für den Einsatz im Kantenbereich von Innentüren prädestinieren. Es ist verglichen mit dem Massendämmstoff EPS deutlich druckfester und damit formstabiler. Außerdem ist PU besonders feuchteresistent, sehr langlebig und lichtbeständig.

Wie alle erdölbasierten Kunststoff-Hartschäume ist Polyurethan-Hartschaum zwar grundsätzlich brennbar, doch das Material zeigt trotzdem ein deutlich besseres Brandverhalten als etwa EPS. Der Dämmstoff PU schmilzt und glimmt nämlich nicht und tropft auch nicht brennend ab. Bei Flammeneinwirkung bildet das Material stattdessen ähnlich wie Holz eine äußere Verkohlungsschicht aus, die ein weiteres Vordringen des Feuers verzögert. PU-Dämmplatten sind daher sogar für den Einsatz als Brandschutzriegel bauaufsichtlich zugelassen.

PU für Türblätterkanten

Diese Tür verfügt auch über eine zusätzliche PU-Kante im Bereich der Faltstockzarge. Foto: Schörghuber

Diese Tür verfügt auch über eine zusätzliche PU-Kante im Bereich der Faltstockzarge. Foto: Schörghuber

PU-Kanten für Türblätter werden im Spritz-Gussverfahren hergestellt. Dabei bringt man den erhitzten, verflüssigten Kunststoff in einer Schicht von 3–6 mm Dicke auf die Kantenbereiche auf. Standarddicke ist 4 mm. Die „angegossene PU-Kante“ bildet nach dem Austrocknen eine unlösbare Verbindung mit den darunter liegenden Türkanten. Die Polyurethanbeschichtung erfolgt meist dreiseitig – auf der Schließseite, auf der Bandseite und im Bereich der oberen Türkante. Viele Hersteller bieten aber auch einseitige (nur auf der Schließseite) und zweiseitige (auf Schließ- und Bandseite) Beschichtungen an.

Durch die Kunststoffschutzschicht werden die Kantenbereiche deutlich widerstandsfähiger gegen Stöße und Schläge und zudem sehr abriebfest. Außerdem ist das Material ausgesprochen temperatur- sowie chemikalienbeständig und nimmt keine Feuchtigkeit auf. Die Oberfläche der Polyurethanschicht ist absolut dicht und porenfrei und lässt sich daher auch sehr leicht reinigen. Mehr noch: Tiefgründige Verunreinigungen sind von vorneherein ausgeschlossen. Das ist wichtig in Bereichen, in denen eine hohe Hygiene erforderlich ist, zum Beispiel in Krankenhäusern und Reinräumen.

Variantenreiches Angebot

Der Kantenschutz schließt bündig mit den beiden Oberflächenseiten des Türblatts ab und bildet so einen nahtlosen Übergang von der Kante zur Oberfläche aus. Dadurch ist auch die Schnittkante des Oberflächenmaterials vor mechanischen Beschädigungen geschützt, und es sinkt das Risiko, dass Menschen sich an den Ecken der Tür verletzen. Die meisten Türenhersteller haben zudem neben eckigen auch abgerundete PU-Kanten im Programm.

Die PU-Beschichtung ist zudem in unterschiedlichsten Farbtönen erhältlich. Sie lässt sich also in vielen Fällen an die Farbe der Tür anpassen, wahlweise kann man mit der PU-Kante aber auch einen reizvollen farblichen Kontrast setzen.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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