RM Rudolf Müller
Die Dämmung wird mit Mörtel direkt auf die Außenwand geklebt. Foto: Knauf

Die Dämmung wird mit Mörtel direkt auf die Außenwand geklebt. Foto: Knauf

 
Dämmstoffe
11. April 2017 | Artikel teilen Artikel teilen

WDVS: Aufbau von Wärmedämm-Verbundsystemen

Das Wärmedämm-Verbundsystem wird dieses Jahr 60 Jahre alt. Trotz dieser noch jungen Geschichte prägen WDVS heute bereits maßgeblich die Fassadenoptik im Wohnungsbau unserer Städte. In unserem Beitrag schauen wir hinter die Oberfläche und erklären, wie das Dämmsystem typischerweise aufgebaut wird.

Ungeachtet der Unterschiede, die sich bei WDVS verschiedener Hersteller im Detail finden lassen, bestehen die Systeme immer aus drei Hauptschichten: dem Dämmstoff, der Armierungsschicht und der Außenbeschichtung. In Deutschland dürfen nur solche WDVS zum Einsatz kommen, für die es eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) oder eine europäische technische Bewertung gibt. Letzteres ist vereinfacht ausgedrückt eine abZ auf europäischer Ebene. Beide Arten von Zulassungen müssen die Hersteller beim Deutschen Institut für Bautechnik beantragen.

Daraus folgt zweierlei: Es dürfen nur zugelassene Systeme verbaut werden und die Verarbeiter dürfen auch nur die Materialien einsetzen, die zum jeweiligen Systemprodukt gehören. Ein Austausch einzelner Komponenten (Dämmstoff, Armierung, Außenbeschichtung) durch systemfremde Materialien ist nicht erlaubt, denn das WDVS ist eben nur als Komplettsystem zugelassen.

Dämmstoffe und Untergrund

Aufbau eines WDVS mit EPS-Dämmplatten. Foto: Knauf

Aufbau eines WDVS mit EPS-Dämmplatten. Foto: Knauf

Als Dämmstoff für WDVS-Fassaden kommt in der Praxis überwiegend EPS (Styropor) zum Einsatz, gefolgt von Steinwolle. Andere Dämmstoffe, wie etwa Polyurethan-Hartschaum, Holzfaserplatten, Kork oder Schaumglasplatten spielen bei der Außendämmung von Fassaden bisher nur eine untergeordnete Rolle. Werden EPS-Dämmplatten verwendet, sind brandschutztechnische Zusatzmaßnahmen in Form von Brandriegeln aus nicht brennbaren Dämmstoffen notwendig, damit das WDVS als schwer entflammbar eingestuft werden kann. Weitere Infos zu diesem Thema gibt es hier.

Die Dämmstoffplatten können bei Neubauten direkt auf die unverputzte Rohbau-Außenwand (Mauerwerk, Beton) geklebt werden. Auch manche Holzwerkstoffe und mineralische Bauplatten eigenen sich als Untergrund. Näheres ist den Zulassungen der jeweiligen WDVS zu entnehmen. Als Kleber kommen – je nach System – mineralische und organische Mörtel oder auch PU-Schaum zum Einsatz. Bei Altbauten, deren Fassade energetisch saniert werden soll, ist es auch möglich, die Dämmung auf den vorhandenen Außenputz zu kleben. Dadurch lassen sich Kosten und Arbeitszeit für das Abschlagen und Entsorgen des Altputzes sparen. Voraussetzung ist aber, dass der Untergrund fest und tragfähig genug ist, um die Last des WDVS aufnehmen zu können.

In der Regel kommen WDVS bei Gebäuden mit einschaligen Außenwänden zum Einsatz. Grundsätzlich ist es aber auch möglich, zweischalige Wandsysteme mit Vormauerschale auf diese Weise zu dämmen. Allerdings wird bei derartigen Bauweisen meist eine Kerndämmung zwischen den beiden Mauerschalen bevorzugt.

In bestimmten Fällen reicht es nicht aus, die Dämmstoffschicht nur auf den Untergrund zu kleben, dann müssen die Platten zusätzlich auch in die Außenwand gedübelt werden. Neben der Tragfähigkeit des vorhandenen Untergrunds spielt hier auch die Art des verwendeten Dämmstoffs eine Rolle. Während bei EPS in vielen Fällen ein einfaches Kleben ausreicht, ist etwa bei normalen Steinwolle-Platten grundsätzlich auch eine Verdübelung notwendig. Auch die zu erwartenden regionalen Windlasten beeinflussen die Antwort auf die Frage, ob zu dübeln ist oder nicht. Näheres zum Thema Spezialdübel für WDVS erfahrt ihr hier.

Armierungsschicht

Auf die Dämmstoffschicht folgt beim WDVS eine Armierungsschicht. Diese hat die Aufgabe, Dehnungsspannungen im System aufzunehmen und schafft zugleich einen ebenen Untergrund sowie bessere Haftungsbedingungen für die abschließende Außenbeschichtung. Die Armierung besteht in der Regel aus einer Schicht Mörtel, in die ein kunststoffummanteltes Glasfasergewebe eingebettet wird. Das Armierungsgewebe erhöht als Bewehrung die Stabilität der Mörtelschicht und verringert das Rissrisiko. Die Armierungsschicht aus Mörtel und Gewebe wird in den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen für WDVS als Unterputz bezeichnet.

Außenbeschichtung

Für eine zusätzliche Verdübelung gibt es spezielle Tellerdübel. Foto: Rockwool

Für eine zusätzliche Verdübelung gibt es spezielle Tellerdübel. Foto: Rockwool

Auf diesen Unterputz trägt man schließlich den Oberputz auf. Alternativ ist auch der Einsatz von Flachverblendern oder keramischen Klinkerriemchen möglich, die man mit dünnschichtigem Mörtel auf die Armierungsschicht klebt. Am häufigsten besteht die abschließende Außenbeschichtung aber aus mineralischem Putz beziehungswiese aus Kunstharzputz, Silikatputz oder Silikonharzputz. Zur Verbesserung der Haftung trägt man auf die Armierungsschicht häufig noch eine Grundierung auf.

In Verbund mit dem Unterputz schützt der Oberputz den Dämmstoff vor der äußeren Witterung. Außerdem prägt er entscheidend die Optik des WDVS. Typisch für diese Art von  Fassaden ist keine glatte Putzoberfläche, sondern ein Strukturputz mit plastischer Gestaltung (Scheiben-, Rau-, Filz-, Kratzputz). Die Optik lässt sich zudem durch verschieden große Gesteinskörnungen und Farbpigmente im Oberputz beeinflussen.


Mehr zum Thema Dämmung finden Sie in der Übersicht


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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