RM Rudolf Müller
 Bei ausreichend dicken Lagerfugen kann der Schnitt in der Mörtelfuge erfolgen.  Foto: Arbortech

Bei ausreichend dicken Lagerfugen kann der Schnitt in der Mörtelfuge erfolgen.  Foto: Arbortech

Fassade und Massivbau
24. Februar 2021 | Artikel teilen Artikel teilen

Was ist das Mauersägeverfahren?

Dauerhaft feuchte Gebäudeaußenwände wirken sich nicht nur negativ auf das Innenraumklima aus, es droht langfristig auch eine Zersetzung des Mauerwerks. Das Mauersägeverfahren ist eine gängige Variante zum nachträglichen Einbau einer Horizontalabdichtung. Dabei schneidet man die Außenwand Meter für Meter auf, um in den Schlitz eine wassersperrende Abdichtung einzulegen.

Wenn es bei Bestandsgebäuden zu aufsteigender Feuchtigkeit aus dem Erdreich kommt und die erdberührten Wände zugleich über keine ausreichende Querschnittsabdichtung verfügen, ist der Einbau einer nachträglichen Horizontalsperre dringend zu empfehlen. Die Verfahren, mit denen man feuchtem Mauerwerk den „Wassernachschub“ entzieht, lassen sich grob in zwei Varianten aufteilen: das chemische Injektionsverfahren und das mechanische Mauersägeverfahren.

Zwei Varianten

Beim günstigeren Injektionsverfahren bohrt man etwa alle zehn bis 25 cm ein Loch in den Wandsockel und injiziert in die Öffnungen flüssige Substanzen wie zum Beispiel Kunstharze, Alkalisilikate, Acrylat-Gele oder erhitztes Paraffin. Die Chemikalien sollen die wassersaugenden Kapillare im Mauerwerk verschließen und nach ihrer Austrocknung für eine flüssigkeitsdichte Wand sorgen.

Beim teureren Mauersägeverfahren werden dagegen feste Mauerwerkssperren in die Wand eingelegt. Zum Einsatz kommen meist Platten aus Kunststoff, aber auch Metallbleche. Da diese Abdichtungen vollflächig über den gesamten Wandquerschnitt eingelegt werden und die verwendeten Materialien auch nach langen Zeiträumen nicht verrotten, gilt das Verfahren als besonders sicher und langlebig. Das Aufsteigen von Wasser im Bauwerk lässt sich auf diese Weise effektiv und dauerhaft verhindern.

Anders als beim chemischen Injektionsverfahren kann der Verarbeiter beim mechanischen Mauersägeverfahren zudem unmittelbar überprüfen, ob die Abdichtungsmaßnahme auch tatsächlich funktioniert. Dafür ist die Variante aber aufwändiger. Einzelne Löcher reichen nicht aus, stattdessen muss man die Wand beziehungsweise die Mauerfugen an einer Stelle komplett aufsägen. Das erfordert professionelle Sägewerkzeuge, die dieser Aufgabe gewachsen sind. Außerdem muss der Verarbeiter sicherstellen, dass die statische Stabilität der Wand zu keiner Zeit gefährdet ist, und nach dem Einlegen der Sperrbahn in den Wandschlitz muss er diesen wieder sicher verschließen.

So funktioniert das Sägeverfahren

Diese Stein- und Fugensäge arbeitet mit zwei vibrierenden Klingen. Foto: Arbortech

Diese Stein- und Fugensäge arbeitet mit zwei vibrierenden Klingen. Foto: Arbortech

Der Sägeschnitt erfolgt in der Regel im unteren Bereich der Grundmauern, bei unterkellerten Gebäuden also unterhalb der Geländeoberkante. Die Höhe des aufgesägten Schlitzes liegt üblicherweise bei 8 bis 10 mm. Bei Mauerwerk mit ausreichend dicken Lagerfugen, kann der Schnitt in der Mörtelfuge erfolgen. Bei Plansteinmauerwerk, wo die Dünnbettmörtelschicht nur maximal 3 mm stark ist, muss der Schnitt dagegen durch den Stein erfolgen. Dasselbe gilt zum Beispiel auch für Betonmauern.

Um die Tragfähigkeit der Wand nicht zu gefährden, erfolgt das Aufsägen Stück für Stück. Die Wand wird zunächst nur auf einer Länge von etwa 1 m aufgeschnitten. Nach der Reinigung des Sägeschlitzes legt man die ersten Abdichtungsplatten – mit einigen Zentimetern Überlappung – auf den Boden des Schlitzes. Anschließend werden statisch belastbare Keilplatten aus Kunststoff etwa alle 25 cm in den Schlitz eingeschlagen. Erst nach dieser Sicherung geht es mit dem Aufsägen des nächsten Mauerabschnitts weiter.

Ist die nachträgliche Horizontalsperre in der gesamten Mauer eingesetzt, kann der mit den stabilen Kunststoffkeilen gesicherte Schlitz wieder verschlossen werden. Dafür vermörtelt man die Fuge und verschließt anschließend verbliebene Hohlräume mit einem schrumpffrei aushärtendem Verpressmörtel.

Sägetechnik

Als Sägewerkzeug für das Mauersägeverfahren kommen in der Regel Kettensägen, spezielle Mauersägen oder Diamantseilsägen zum Einsatz. Soll der Schnitt durch eine durchgängige Mörtelfuge erfolgen, genügen bei manchen Anwendungen handgeführte Kettensägen. Alternativ gibt es auch selbstfahrende Mauersägen-Maschinen, die mit Hartmetallsägeketten bestückt sind. Ein Beispiel dafür ist die Maschine PMS 25 des Herstellers Prinz.

Muss dagegen durch Stein gesägt werden, gelangen herkömmliche Hartmetall-Kettensägen schnell an ihre Leistungsgrenze. Das gilt insbesondere bei Wänden aus Beton oder Natursteinen (Bruchsteinmauerwerk). Bei hohen Anforderungen kommen oft so genannte Diamantseilsägen zum Einsatz. Wie diese Spezialmaschinen funktionieren, zeigt dieses Youtube-Video von Prinz. Der kurze Film veranschaulicht zudem auch noch mal die unterschiedlichen Arbeitsschritte beim Mauersägeverfahren.

Die Fotos zu diesem Beitrag stammen vom australischen Werkzeughersteller Arbortech, der auch Mauerwerksägen zum Schneiden von Stein, Beton und Mauerwerkfugen im Programm hat. Die universellen Stein- und Fugensägen des Herstellers verfügen über die so genannte Allsaw-Technologie (AS) und erlauben eine Schnitttiefe von bis zu 17 cm.

Das Besondere: Statt eines rotierenden Sägeblatts kommen bei den AS-Modellen zwei vibrierende Klingen zum Einsatz, die das Mauerwerk zerschlagen und gleichzeitig ausschaben. Durch die spezielle Schneidetechnik werden größere Staubpartikel erzeugt, die zudem mit relativ geringer Geschwindigkeit austreten. Das Ergebnis ist nach Herstellerangaben eine geringere Feinstaubbelastung für Anwender und Umgebung.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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