
Diese drei Modelle sind die deutschlandweit ersten klimaneutralen Ziegel. Grafik: Schlagmann Poroton
Was sind klimaneutrale Ziegel?
Der Hersteller Schlagmann Poroton hat 2019 nach eigenen Angaben die deutschlandweit ersten „klimaneutralen Ziegel“ auf den Markt gebracht. Produkte gelten als klimaneutral, wenn sich durch ihre Existenz die Menge klimaschädlicher Treibhausgase in der Atmosphäre unterm Strich nicht erhöht. Doch wie kann so etwas mit Mauerziegeln funktionieren?
Bei den als klimaneutral zertifizierten Produkten „Poroton-T7“, „Poroton-S8“ und „Poroton-S9“ handelt es sich um porosierte Lochziegel für das Hintermauerwerk mit integrierter Dämmstofffüllung aus Perlit. Porosierte Ziegel werden bereits seit Ende der 1960er-Jahre unter dem Markennamen „Poroton“ verkauft. Anfangs waren es noch durchweg „echte“ Lochziegel. Die ersten Produkte mit Dämmstofffüllung kamen erst im Jahr 2000 auf den Markt.
Dem Markenverband „Deutsche Poroton“ gehören heute die beiden Hersteller Wienerberger und Schlagmann Poroton an. Aber auch andere Mauerwerkhersteller haben porosierte Ziegel im Programm – zum Beispiel die mittelständischen Ziegelunternehmen, die sich in der Unipor-Ziegel-Gruppe zusammengeschlossen haben.
Zwei Seiten der Medaille
Auf der einen Seite sind porosierte Ziegel zweifellos gut fürs Klima. Mit den leichten, mikroporosierten und oft dämmstoffgefüllten Steinen lassen sich Gebäudehüllen errichten, die auch ohne zusätzliche Fassadendämmstoffe die energetischen Anforderungen der Energieeinsparungsverordnung (EnEV) erfüllen. Dieses wärmedämmende Mauerwerk ermöglicht Hausbesitzern über Jahrzehnte niedrige Heizkosten und trägt damit zur Einsparung von CO2-Emissionen während der Nutzungsphase des Gebäudes bei.
Die andere Seite der Medaille ist allerdings, dass die Herstellung der Ziegel viel Energie verschlingt. Die aus Ton, Lehm, Sand, Luftporenbildnern und Wasser geformten Steine werden bei hohen Temperaturen im Ziegelofen gebrannt. Dieser Prozess setzt viel klimaschädliches CO2 und andere Treibhausgase frei. Doch auch andere Herstellungsschritte – von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Bereitstellung ab Werkstor – sind trotz vielfältiger Einsparungsbemühungen der Ziegelindustrie weiterhin relativ energieintensiv.
Regenerativer Strom und Energieeinsparungen

Johannes Edmüller von Schlagmann Poroton (l.) und Clemens Kuhlemann von der Deutschen Poroton präsentieren den T7 und das Zertifikat des TÜV-Nord. Foto: Deutsche Poroton, Christoph Große
Genau an diesem Punkt setzt Schlagmann Poroton mit seinen klimaneutralen Ziegeln an. Bei den neuen Premiumprodukten hat der Hersteller die produktionsbedingten Treibhausgase noch einmal deutlich gesenkt. Das geschah unter anderem dadurch, dass am Produktionsstandort im niederbayerischen Zeilarn mittlerweile ausschließlich Strom aus Wasserkraft und den eigenen Photovoltaik-Anlagen zum Einsatz kommt. Auf ehemaligen Tongruben sowie auf mehreren Hallendächern der Ziegelwerke produzieren tausende Solarmodule mit einer jährlichen Gesamtleistung von bis zu 3,2 Megawatt klimaschonenden Sonnenstrom. Der auf Wasserkraft basierende Ökostrom wird dagegen vom Energieversorger Uniper bezogen.
In Zeilarn realisierte man zudem Energieeinsparungen – unter anderem durch Investitionen in einen neuen Ofen-Trockner-Verbund und in Kraft-Wärme-Kopplung. Doch nicht nur diese Großinvestitionen der letzten Jahre, sondern auch viele kleine Maßnahmen im täglichen Betrieb haben dafür gesorgt, dass Schlagmann Poroton überall im Unternehmen energieeffizientere Prozesse etablieren konnte. Basis all dessen ist die Einführung eines Energiemanagementsystems nach ISO 50001, das der Hersteller bereits 2012 an seinen vier Produktionsstandorten umgesetzt hat. Das bedeutet, dass Energieströme überall systematisch erfasst, kontrolliert und fortlaufend verbessert werden.
Kompensation durch Klimaschutzmaßnahmen
Die restlichen Treibhausgase, die bei der Herstellung der klimaneutralen Ziegel trotz aller Einsparungsbemühungen weiterhin anfallen, kompensiert das Unternehmen durch Unterstützung registrierter Klimaschutzmaßnahmen der vereinten Nationen (UNFCC). Diese wurden vom TÜV-Nord geprüft und in Form von Zertifikaten anerkannt. Deshalb darf Schlagmann Poroton alle Ziegel der drei genannten Sorten mit dem Prüfzeichen „Klimaneutraler Ziegel“ vermarkten.
Bei den unterstützen Klimaschutzmaßnahmen handelt es sich um vier internationale Projekte: die Wiederaufforstung von jährlich 1.000 Hektar Regenwäldern pro Jahr in Ghana, ein Windkraftprojekt im indischen Maharashtra, ein Photovoltaikprojekt im ebenfalls indischen Madhy Pradesh und ein Waldprojekt in Brasilien, bei dem es nach Angaben von Schlagmann Poroton darum geht, illegale Abholzung zu verringern sowie die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bevölkerung zu verbessern.
Durch den Einsatz von Ökostrom, Energieeinsparungen und die beschriebenen Kompensationsmaßnahmen kann Schlagmann sagen, dass seine klimaneutralen Ziegel während ihres Entstehungsprozesses von der Rohstoffgewinnung bis zur Auslieferung am Werkstor unterm Strich die Menge an klimaschädlichen Treibhausgasen in der Atmosphäre nicht erhöhen. Natürlich gilt das nur rein rechnerisch und mit Bezug auf die weltweite CO2-Bilanz. An den deutschen Produktionsstandorten fallen schließlich auch weiterhin Treibhausgase an. Da der Klimawandel ein weltweites Problem ist, das sich auch nur global lösen lässt, handelt es sich gleichwohl um eine nachahmenswerte Initiative.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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