RM Rudolf Müller
Nicht nur die Sandburg am Strand, sondern auch reale Gebäude enthalten viel Sand. Foto: Pixabay

Nicht nur die Sandburg am Strand, sondern auch reale Gebäude enthalten viel Sand. Foto: Pixabay

Grundstoffe des Bauens
15. März 2018 | Artikel teilen Artikel teilen

Kies und Sand für die Bauindustrie

Nach Zahlen des Bundesverbandes Mineralische Rohstoffe wurden allein 2016 in Deutschland 247 Millionen Tonnen Kies und Sand abgebaut. Das waren acht Millionen Tonnen mehr als 2015. Der Verbrauch der Rohstoffe ist nicht zuletzt ein Indikator für die Entwicklung der Bautätigkeit, denn Schätzungen zufolge werden über 90 % der abgebauten Kies- und Sandmengen im Bausektor eingesetzt.

Sande und Kiese sind Schüttgüter, die aus vielen unterschiedlichen Gesteinskörnungen bestehen. Der Unterschied betrifft nicht die Materialien selbst, sondern ihre Korngröße. Von Sand spricht man bei Korngrößen zwischen 0,063 mm und 2 mm, von Kies dagegen ab einem Einzelkorn-Durchmesser von 2 mm (bis maximal 63 mm). Bei Sanden unterscheidet man zudem zwei Arten: Quarzsand, der zu über 95 % aus reinen Quarzkörnern besteht, und normaler Bausand, dessen Mineralzusammensetzung weitaus vielfältiger ist.

Sind Kies-Körner (oder „Kieselsteine“) nicht abgerundet, sondern von scharfkantiger Form, dann bezeichnet man die daraus bestehenden Schüttgüter als Splitt. Im Straßenbau verwendet man üblicherweise Splitt mit Korngrößen zwischen 32 und 63 mm. Dieses Material wird auch Schotter genannt. Insgesamt lässt sich sagen, dass Sand und Kies (Splitt) die in Deutschland mengenmäßig am stärksten abgebauten mineralischen Rohstoffe sind.

Verwendung im Baubereich

Kiese und Sande kommen im Baubereich sehr vielfältig zum Einsatz. Sie sind fast in jedem Gebäude enthalten – und das oft in großen Mengen. Um ein Gefühl für die Dimensionen zu bekommen, muss man sich nur vergegenwärtigen, dass Beton zu über zwei Dritteln aus Sand und Kies besteht. Und Beton ist heute der weltweit dominierende Massenbaustoff.

Daneben dienen Kiese und Sande auch massenhaft als Zuschläge für viele andere Baustoffe: zum Beispiel für Mörtel, Putz, Asphalt oder auch für Mauerwerksteine wie Kalksandstein. Aber nicht nur als Zuschläge, sondern auch als Schüttgüter sind die mineralischen Rohstoffe gefragt: etwa als Tragschicht- und Frostschutzmaterial im Verkehrswege- sowie im Garten- und Landschaftsbau beziehungsweise überhaupt in allen Bereichen des Erdbaus.

In den bisher genannten Anwendungsbereichen baut man neben Kies vor allem auf Bausand. Hochwertiger Quarzsand dagegen kommt eher für andere Zwecke zum Einsatz: zum Beispiel für die Herstellung von Glas und von glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK). Da Quarzkristalle das Element Silizium enthalten, denn chemisch betrachtet handelt es sich bei dem Mineral um Siliziumdioxid, spielt Quarzsand heute auch eine große Rolle bei der Herstellung von Computerchips. Nicht nur die moderne Gebäudearchitektur, sondern auch die Computer-Architektur unserer Zeit ist also in hohem Maße auf Sand angewiesen.

Abbau der Rohstoffe

Arbeit in einem Kieswerk. Foto: Pixabay

Arbeit in einem Kieswerk. Foto: Pixabay

Deutschland kann seinen Bedarf an Kiesen und Sanden bisher noch überwiegend aus eigener Produktion decken. Dafür gibt es Sand- und Kiesgruben, wo die Rohstoffe im Tagebau abgebaut werden. Diese erfordern natürlich einen Eingriff in die Natur und stoßen daher bei Umweltschützern und örtlichen Bürgerbewegungen immer wieder auf Widerstand. Dabei ist der Flächenverbrauch für den Abbau in Deutschland eigentlich eher gering.

Nach Daten des Statistischen Bundesamtes wurden 2016 nur auf knapp 0,5 % der Landesfläche Deutschlands Rohstoffe abgebaut. Und diese Zahl umfasst nicht nur Kies und Sand, sondern gilt für alle abgebauten Rohstoffe. Inbegriffen sind also zum Beispiel auch Natursteine, Braunkohle, Steinkohle, Erdöl, Erdgas und Kalisalz. Man kann den Tagebau hierzulande also sicher nicht als einen Hauptverursacher für die Zerstörung von Naturräumen bezeichnen. Durch Straßenbau oder die Ausweisung neuer Gewerbe- und Wohngebiete werden jedenfalls weitaus größere Flächen verbraucht.

Die Flächen von Kies- und Sandgruben werden in Deutschland zudem nach ein paar Jahrzehnten des Abbaus üblicherweise wieder renaturiert. Dabei entstehen neue Flächen, oft mit Tagebauseen und Magerrasenbereichen, die insbesondere für viele Insektenarten attraktive Lebensräume sind. Manch eine ehemalige Sand- oder Kiesgrube ist in Deutschland mittlerweile zum Naturschutzgebiet ernannt worden.

Droht Sandknappheit?

Wüstensand ist zwar massenhaft vorhanden, eignet sich aber nicht für den Baustoffbereich. Foto: Pixabay

Wüstensand ist zwar massenhaft vorhanden, eignet sich aber nicht für den Baustoffbereich. Foto: Pixabay

Kiese und Sande zählen zu den nicht erneuerbaren Rohstoffen. Zumindest wachsen sie nicht – wie pflanzliche Rohstoffe – in überschaubaren Zeiträumen nach. Die Entstehung von neuem Sand und Kies durch natürliche Zersetzung von massivem Felsgestein ist ein Prozess, der Jahrtausende dauert. Nach menschlichem Maßstab macht es daher keinen Sinn, von einem erneuerbaren Rohstoff zu sprechen.

Daher stellt sich durchaus die Frage, ob der „Sandhunger“ der Baubranche langfristig gestillt werden kann oder ob die Rohstoffe irgendwann knapp werden. In Deutschland gibt es zwar grundsätzlich noch riesige Sand- und Kiesvorkommen, doch vielerorts sind sie schlecht erreichbar. Vor allem in dicht besiedelten Ballungsräumen ist die Flächenversiegelung weit fortgeschritten. Die begehrten mineralischen Rohstoffe liegen hier also unter Straßen und Städten.

Im Ruhrgebiet kommt es deshalb bei größeren Bauobjekten bereits heute zu Sandimporten aus dem benachbarten Ausland. Und auch in manch anderen, dicht besiedelten Regionen ist der verfügbare Sand bereits knapp.

Gleichwohl gilt, dass Deutschland eigentlich über große Sand- und Kiesvorkommen verfügt, die noch für Jahrhunderte reichen müssten. Es sind mehr die Eigentumsverhältnisse an Grund und Boden, strenge Auflagen in Natur- und Wasserschutzgebieten sowie die allgemein geringe Akzeptanz für neue Tagebau-Projekte, die für eine relative Knappheit der Rohstoffe sorgen. In anderen Teilen der Welt sieht das ganz anders aus. Es gibt Regionen, in denen Sand schon heute ein so rares Gut geworden ist, dass viele Baupläne dadurch gefährdet sind.

Extrembeispiel Dubai

Das wohl bekannteste Beispiel für Sandknappheit ist die arabische Boomtown Dubai, die mit ihren gigantischen Neubauprojekten jahrelang auch im Westen Schlagzeilen gemacht hat. Die Vereinigten Arabischen Emirate importieren heute große Mengen Sand vor allem aus Australien, damit das Wachstum ihrer Hauptstadt weitergehen kann.

Aber sind die Emirate nicht ein Wüstenstaat, und hat Dubai nicht unermesslich viel Sand direkt vor seiner Haustür? Wie passt das zusammen? Ganz einfach: Wüstensandkörner sind durch den Wind rund geschliffen und verfügen daher über keinerlei Kanten. Deshalb können sich die Körner nicht untereinander verhaken. Das macht den Rohstoff Wüstensand weitgehend unbrauchbar für den Einsatz als stabiles Schüttgut im Erdbereich ebenso wie für die Verwendung als Zuschlagstoff in Baustoffen wie Beton, Asphalt oder Mörtel.


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Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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