RM Rudolf Müller
Infostand beim „Forum Zukunft Ausbau und Trockenbau“ 2019 in Berlin.  Foto: WIR e.V.

Infostand beim „Forum Zukunft Ausbau und Trockenbau“ 2019 in Berlin.  Foto: WIR e.V.

Trockenbau
16. Juli 2020 | Artikel teilen Artikel teilen

Was sind offene Trockenbausysteme?

Der Verein WIR für Ausbau und Trockenbau e.V. setzt sich seit 2016 für den Fortbestand offener Systeme im Aus- und Trockenbau ein. Erklärtes Ziel: Handwerker sollen für Standardlösungen im trockenen Innenausbau auch künftig freie Wahl bei den einzelnen Systemkomponenten haben. Sie sollen also Produkte verschiedener Hersteller frei kombinieren dürfen. In diesem Sinne engagiert sich der Verein bei der Normungsarbeit für Trockenbauprodukte – mit ersten Erfolgen.

Nichttragende Trockenbauwände oder -decken für den Innenausbau sind Systemprodukte, die vom Handwerker aus verschiedenen Komponenten zusammengesetzt werden. In der Regel handelt es sich dabei um eine Unterkonstruktion (meist Trockenbauprofile aus Stahlblech), das Beplankungsmaterial (meist Gipskartonplatten) sowie Dämmstoffe für den Wand- oder Deckenhohlraum (meist Mineralwolle).

Standard- und Sonderkonstruktionen

Katharina Metzger, die geschäftsführende Gesellschafterin der Dortmunder Metzger-Gruppe (Baustoff-Fachhandel), agiert als Vorstandsvorsitzende von WIR. Foto: WIR e.V.

Katharina Metzger, die geschäftsführende Gesellschafterin der Dortmunder Metzger-Gruppe (Baustoff-Fachhandel), agiert als Vorstandsvorsitzende von WIR. Foto: WIR e.V.

Nun ist Trockenbau aber nicht gleich Trockenbau. Neben Standardlösungen gibt es auch Sonderkonstruktionen. „Insbesondere in Einsatzbereichen mit hohen Anforderungen an Brandschutz, Schallschutz oder Statik haben natürlich auch zukünftig die geschlossenen Systeme der Hersteller ihre Bedeutung im Markt“, betont Katharina Metzger, Vorstandsvorsitzende von WIR für Ausbau und Trockenbau. Dem Verein gehören verschiedene Verbände und Organisationen aus Fachhandel, Handwerk, Industrie und Wissenschaft an.

Geschlossene Systeme im Trockenbau sind Sonderkonstruktionen, für die ein Hersteller oder eine Herstellergruppe eine Systemzulassung beim Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) beantragt hat. Eine solche Zulassung hat natürlich nur dann Gültigkeit, wenn der Handwerker bei der Errichtung der Konstruktion exakt diejenigen Einzelkomponenten einsetzt, die in der Zulassung festgelegt sind. Schließlich hat das DIBt das Leistungsversprechen der Sonderkonstruktion – zum Beispiel ein besonders hoher Brand- oder Schallschutz – mit eben diesen Einzelkomponenten geprüft.

Da bei solchen Sonderkonstruktionen die Einzelkomponenten strikt festgelegt sind, spricht man von geschlossenen Systemen. Dem Handwerker steht es hier nicht offen, alternativ auch Komponenten anderer Hersteller einzusetzen. Bei Sonderkonstruktionen hat WIR e.V. gegen diese Praxis auch gar nichts einzuwenden. Nach Angaben des Vereins sind aber mindestens 80 % der Konstruktionen im Aus- und Trockenbau Standardlösungen. Für diese Systeme fordert WIR auch künftig eine freie Produktwahl – also offene Systeme.

Einsatz für offene Systeme

Der Kampf für offene Systeme war aus Sicht von WIR notwendig geworden, weil in den DIN-Normungsausschüssen in den letzten Jahren zunehmend Vertreter von Systemlieferanten dominierten, die alle Trockenbau-Basiskomponenten (Platte, Dämmstoff, Profil) aus einer Hand anbieten. Der Verein engagiert sich daher nun ebenfalls in der Normungsarbeit für Trockenbauprodukte – als Repräsentant für die Hersteller von Einzelkomponenten.

Mit seiner Arbeit versucht WIR nachzuweisen, dass bei Standardkonstruktionen keine technischen Nachteile durch den Einsatz kombinierter Markenprodukte in offenen Systemen entstehen. Letztlich will man so die Basis dafür schaffen, dass Handwerker Standardlösungen, die sie oft seit Jahrzehnten einbauen, auch künftig verwenden können. Fachunternehmer sowie natürlich auch Fachhändler sollen aus dem Komponenten-Angebot am Markt frei wählen dürfen.

Erste Prüfzeugnisse liegen vor

Um belastbare Argumente für die technische Gleichwertigkeit frei kombinierter Trockenbau-Standardlösungen zu erhalten, hat WIR zwei nichttragende Wandkonstruktionen und eine abgehängte Decke auf die erforderlichen Anforderungen an die Feuerwiderstandsklasse (EI90 nach DIN EN 13501) sowie an den Schallschutz und die Statik prüfen lassen. Die Produkte wurden aus einem Händlerlager in beliebiger Kombination zusammengestellt und dann beim IBS in Linz (Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung) sowie bei der akkreditierten und notifizierten Prüfstelle gbd Lab in der Nähe von Salzburg untersucht.

Wie der Verein im Mai 2020 mitteilte, wurden bei den Prüfungen alle erforderlichen Werte problemlos erreicht. Die allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisse (abP) für den deutschen Markt stünden ab sofort zur Verfügung.

Weitere Prüfungen geplant

Die ersten vorliegenden Prüfzeugnisse sollen nun eine Basis bilden, um häufig verwendete Trockenbau-Konstruktionen in Normen abbilden zu lassen. Zudem plant WIR in diesem Jahr weitere Prüfungen. So soll zum Beispiel eine freigespannte Decke in einer üblichen, am Markt eingesetzten Bauweise untersucht werden. Darüber hinaus will man aber auch eine anspruchsvollere Deckenbauweise testen, um im Bereich der offenen Systeme die „Grenzen des Machbaren“ auszuloten – heißt es in einer Pressemitteilung von WIR.


Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt: freierjournalist@rolandgrimm.com

 

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