Für einen rundum nachhaltigen Holzbau bedarf es biobasierter, emissionsfreier Klebstoffe. (Quelle: FNR/petereichler.com)

Forschung 2023-06-28T07:00:53Z Holzbau: Biobasierte Klebstoffe gesucht

Der Forschungsverbund TANIPU ist auf der Suche nach emissionsfreien, gesundheitlich unbedenklichen Klebstoffen für tragende Holzwerkstoffe. Ziel ist die Synthese pflanzlicher Gerbstoffe mit biobasierten Carbonaten und Diaminen zu einem neuartigen Polyurethan-Kleber. Dieser soll wasserbasiert und frei von Isocyanaten sein sowie keine VOC-Emissionen ausdünsten.

„100 % emissionsfreie und biobasierte Klebstoffe für tragende Holzwerkstoffe gibt es bislang nicht“, erläutert Professorin Marie-Pierre Laborie von der Universität Freiburg, Koordinatorin des Forschungsverbundes TANIPU . „Wären sie kostengünstig verfügbar, hätten wir so etwas wie den heiligen Gral der Holzwerkstoff- und Klebstoffindustrie gefunden.“ Genau nach diesem heiligen Gral fahnden die Forschenden nun in einem zunächst bis 2025 laufenden Projekt, das über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unterstützt wird.

Zum TANIPU-Team gehören neben der Universität Freiburg (Grundlagenarbeiten) auch das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT), der Kunstharzproduzent Synthopol Chemie, der Klebstoffhersteller Jowat SE und der Brettsperrholz -Experte Lignotrend. Die im TANIPU-Projekt entstehenden Klebstofflösungen wird das Nova-Institut zudem in einer begleitenden Studie analysieren – sowohl bezüglich ihres Marktpotenzials als auch im Rahmen einer „Cradle-to-Gate“- Ökobilanz des Herstellungsprozesses.

Tannine schon länger im Fokus

Zum TANIPU-Team gehört auch der Hersteller Lignotrend, der unter anderem Brettsperrholz-Rippenelemente für Geschossdecken produziert. (Quelle: Lignotrend)

Die Suche der Holzwerkstoff -Industrie nach emissionsfreien, gesundheitlich unbedenklichen Klebstoffen wird durch Gesetze wie die europäische Chemikalien-Verordnung REACH angetrieben. Gesucht werden Bindemittel , die keine schädlichen VOC -Substanzen mehr ausdünsten und möglichst auch keine toxischen Isocyanate enthalten. Das Gefahrenpotenzial von Isocyanaten tritt vor allem während der Verarbeitung der Produkte zutage, spielt aber auch im Brandfall eine Rolle.

Die Idee, biobasierte Klebstoffe auf Basis pflanzlicher Gerbstoffe zu entwickeln, ist nicht neu. Vor allem die so gennannten Tannine spielen hier eine Rolle. Schon seit den 1970er-Jahren existieren tanninbasierte Klebstoffe. Diese weisen hochinteressante technische Eigenschaften auf: Sie sind sehr wasserbeständig, haften auf Holz und eignen sich zur Herstellung tragender Holzverbundwerkstoffe im Innen- und Außenbereich. Zudem besitzen sie sowohl biozide als auch feuerbeständige Eigenschaften.

Auch das TANIPU-Team setzt bei seiner Forschung auf diese natürlichen Gerbstoffe. Tannin als Rohstoff ist kommerziell leicht erhältlich, es wird in Südamerika und Südafrika industriell aus Quebracho- und Mimosa-Bäumen extrahiert. Die Kosten liegen etwa auf dem Niveau konventioneller Klebstoff-Chemikalien wie Phenole. Weiterer Pluspunkt: Tannine lassen sich auch aus Rinden extrahieren und sind dann ein Nebenprodukt der Zellstoff- und Sägeindustrie, ohne Konkurrenz zur sonstigen Holznutzung oder gar zum Lebensmittelsektor.

Tanninbasierte „Non-Isocyanate Polyurethane“

Warum also weiter nach emissionsfreien, gesundheitlich unbedenklichen Klebstoffen suchen, wenn es doch schon tanninbasierte Klebstoffe gibt und diese so viele Vorteile aufweisen? Ganz einfach: Die bisherigen Tannin-Produkte sind zwar natürlichen Ursprungs, jedoch gleichwohl nicht frei von unter Umständen gesundheitsschädlichen VOC-Emissionen.

Um dies zu ändern, verfolgt das TANIPU-Team den Ansatz, eine Polyurethan-Verbindung zu entwickeln, die sich neben Tanninen auch aus biobasierten Carbonaten und Diaminen zusammensetzen soll. Von einem derart synthetisierten Polyurethan -Kleber erwarten die Forschenden, dass er frei von Formaldehyd-Ausdünstungen oder anderen kritischen VOC-Emissionen wäre und zugleich keine Isocyanate enthalten würde. Das Ergebnis wäre also tanninbasiertes „Non-Isocyanate Polyurethane“ (NIPU). So erklärt sich im Übrigen der Projektname TANIPU.

Das TANIPU-Team verschweigt nicht, dass ähnliche Arbeiten bereits in früheren Forschungsprojekten durchgeführt wurden. Eine systematische Untersuchung der auf Basis von kommerziell verfügbarem Tannin gewonnenen, emissionsfreien NIPU-Klebstoffe – inklusive der Herleitung der Struktur-Eigenschafts-Beziehungen auf chemischer Ebene – stehe jedoch noch aus. Dies will das TANIPU-Team nun nachholen mit dem Ziel, durch ein grundlegenderes Verständnis den Syntheseweg und die Produkte zu optimieren.

zuletzt editiert am 17. Mai 2024