Wer sich mit dem Gedanken trägt, ein Haus zu bauen, hat Begriffe wie Effizienzhaus 55 oder 40 vermutlich schon mal gehört. Doch was genau ist das eigentlich? Welche Effizienzhaus-Stufen gibt es? Was bedeuten sie im Detail? Und wie sieht die Zukunft der Effizienzhaus-Förderung aus, nachdem die Bundesregierung die Fördermittel Anfang des Jahres zumindest vorübergehend gestoppt hat? Antworten auf diese Fragen liefert der folgende Beitrag.
Um das Prinzip der Effizienzhäuser nachvollziehbar erklären zu können, müssen wir zunächst einen Exkurs in die Welt des Gebäudeenergiegesetzes ( GEG ) und seine Anforderungen an Neubauten machen. Wer ein Haus bauen möchte, muss heute darauf achten, dass der Neubau nicht den maximal zulässigen Jahres-Primärenergiebedarf für Heizung, Warmwasserbereitung, Lüftung und Kühlung überschreitet. Anleitungen zur Berechnung findet man im GEG, das seit November 2020 unter anderem die frühere Energieeinsparverordnung ( EnEV ) abgelöst hat.
Darüber hinaus darf der Neubau auch bestimmte Obergrenzen für den Transmissionswärmeverlust durch die Gebäudehülle nicht überschreiten. Auch dazu findet man Details im GEG. Den Transmissionswärmeverlust ihrer Immobilie können Bauherren über die Wärmedämmung der Gebäudehülle steuern.
GEG und Referenzgebäude

Jahres-Primärenergiebedarf und Transmissionswärmeverlust definieren zusammen den energetischen Neubau-Standard des GEG. Wie hoch diese beiden Werte bei einem konkreten Bauwerk tatsächlich sein dürfen, hängt natürlich auch von der Nutzfläche sowie von Geometrie und Ausrichtung des geplanten Neubaus ab.
Das GEG definiert nur eine beispielhafte „ technische Ausführung “ sowohl für ein Wohn-Referenzgebäude (Anlage 1) als auch für ein Nichtwohn-Referenzgebäude (Anlage 2). In diesen Gesetzesanlagen werden Wärmedurchgangskoeffizienten ( U-Werte ) für verschiedene Bauteile festgelegt (unter anderem für Außenwände, Fenster, Türen, Decken, Dach), außerdem wird eine standardmäßige Anlagentechnik (Heizung, Warmwasserbereitung, Lüftung/Kühlung) für die jeweiligen Gebäudetypen aufgelistet.
Natürlich fordert das GEG nicht, dass Neubauten exakt so auszuführen sind, wie es die technischen Ausführungen für die Referenzgebäude (Wohngebäude/Nichtwohngebäude) vorgeben. Jahres-Primärenergiebedarf und Transmissionswärmeverlust eines konkreten Neubaus dürfen aber nicht höher sein als bei einem Gebäude gleicher Geometrie, Nutzfläche und Ausrichtung, das über die technische Ausführung des Referenzgebäudes verfügt.
Bezogen auf den Energiebedarf der Anlagentechnik schreibt das aktuelle GEG sogar vor, dass der diesbezügliche Wert für Neubauten nur maximal 75 % des Jahres-Primärenergiebedarfs des Referenzgebäudes betragen darf. Der gesetzliche Neubaustandard für den Energieverbrauch liegt aktuell also bei 75 % des Referenzgebäude-Niveaus.
Effizienzhäuser im Neubau

Was hat all das nun mit den Effizienzhäusern zu tun? Ganz einfach: Die Anforderungen an Effizienzhäuser beziehen sich auf die Referenzgebäude des GEG. Unter einem Effizienzhaus 100 versteht man nämlich ein Gebäude mit einem Jahres-Primärenergiebedarf, der genauso hoch ist wie bei einem Gebäude, das den Standards des entsprechenden Referenzgebäudes entspricht. Entsprechend ist ein Effizienzhaus 40 ein Gebäude, das nur 40 % der Energie des Referenzgebäudes verbraucht. Allgemein gilt: Je kleiner die Kennzahl der Effizienzhaus-Stufe, umso weniger Energie verbraucht die Immobilie.
Der Neubau von Effizienzhäusern wird seit Längerem vom Staat gefördert – in Form von Förderkrediten und Investitionszuschüssen. Seit 2021 geschieht dies im Rahmen des neu geschaffenen Programms „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ ( BEG ). Schon seit 2016 gab es für Neubauten aber nur noch Fördermittel für Effizienzhäuser der Stufen 40 und 55 sowie für die damals neu eingeführte Stufe 40 Plus. Die zuvor noch förderfähige Stufe 70 wurde 2016 für Neubauten abgeschafft.
Das gleiche Schicksal ereilte nun im Januar 2022 auch das Effizienzhaus 55 (EH55). Die Bundesregierung hat die Neubauförderung auf dieser Stufe gestoppt, mit der Begründung, dass es sich um einen energetischen Standard handele, der bei neu errichteten Gebäuden heutzutage ohnehin bereits weitgehend Standard sei. Auf jeden Fall ist EH55 der Standard, der in Deutschland zuletzt am häufigsten gefördert wurde. Nach Angaben des jüngsten Dena-Gebäudereports gab es 2020 insgesamt rund 93.000 Effizienzhausanträge für den Neubau, allein 73.707 davon entfielen auf das EH 55 (siehe Grafik).
Laut Bundeswirtschaftsministerium soll der EH55-Standard nun rasch der gesetzliche Mindeststandard im Neubau werden. Mehr noch: In ihrem Koalitionsvertrag hat die Ampelregierung sogar bereits vereinbart, dass die Neubau-Standards des GEG zum 1. Januar 2025 an den EH-40-Standard angeglichen werden sollen. Aus dieser Perspektive scheint eine weitere Förderung von EH-55-Neubauten tatsächlich nicht mehr zeitgemäß.
So wie es derzeit aussieht, werden in Zukunft also allenfalls noch Neubauten der Stufen 40 und 40 Plus staatlich gefördert. Die Effizienzhaus-Stufe 40 Plus unterscheidet sich in Sachen Energieverbrauch übrigens nicht von der Stufe 40. Ein 40-Plus-Haus muss also ebenfalls mindestens 60 % weniger Energie verbrauchen als das GEG-Referenzgebäude (Neubau-Standard). Darüber hinaus muss ein Effizienzhaus 40 Plus aber auch selbst Strom aus einer erneuerbaren Energiequelle erzeugen und speichern – dafür steht das Plus. Weitere Infos dazu liefert der BaustoffWissen-Beitrag „ Was ist ein Effizienzhaus 40 Plus ?“
Förderzukunft ungewiss
Nach der im November 2021 erfolgten Ankündigung der Bundesregierung, die Förderung des EH55 zu beenden, kam es noch mal zu einer regelrechten Antragsflut. Viele Bauherren zogen offenbar ohnehin geplante Anträge kurzfristig vor, um doch noch in den Genuss der Finanzierung zu kommen. Das Bundeswirtschaftsministerium zog daraufhin am 24. Januar 2022 – eine Woche vor dem ursprünglich geplanten Ende der Antragsfrist – die Notbremse und stellte die Förderung mit sofortiger Wirkung ein. Kurzzeitig entstand dadurch der Eindruck, dass nun sogar die bereits gestellten, aber noch nicht bearbeiteten Anträge keine Berücksichtigung mehr finden würden. Entsprechend groß war die Empörung.
Das Ministerium stellte dann aber klar, dass alle förderfähigen Altanträge für Effizienzhäuser 55, die bis zum neuen Antragsstopp 24.01.2022 eingegangen sind, doch noch nach den bisherigen Programmkriterien genehmigt werden. Es blieben aber allgemeine Unsicherheiten bezüglich der Zukunft der Effizienzhausförderung. Am 24. Januar hat die Bundesregierung nämlich nicht nur die Förderung des Effizienzhauses 55 vorzeitig eingestellt, sondern – zumindest vorübergehend – einen generellen Antrags- und Zusagestopp für die komplette BEG-Förderung verkündet!
Wie das Bundeswirtschaftsministerium in einer Pressemitteilung zum Förderstopp mitteilte, soll die Förderung wieder aufgenommen werden, „ sobald entsprechende Haushaltsmittel bereitgestellt sind “. Über die Förderung für EH40-Neubauten solle „ vor dem Hintergrund der zur Verfügung stehenden Mittel im Energie- und Klimafonds und der Mittelbedarfe anderer Programme durch die Bundesregierung zügig entschieden “ werden. Das klingt erstmal so, als ob im Augenblick noch nichts klar ist.
Könnte es also sein, dass es künftig selbst für EH40-Neubauten keine Gelder mehr aus dem Topf der Bundesförderung für effiziente Gebäude geben wird? Ausgeschlossen scheint das nicht. Laut Pressemitteilung vom 24.01.22 wünscht sich das Bundeswirtschaftsministerium „ eine klimapolitisch ambitionierte, ganzheitlich orientierte Förderung für neue Gebäude, wie sie auch im Koalitionsvertrag vereinbart wurde “. Wie gesagt: Der Koalitionsvertrag sieht EH40 ab 2025 als GEG-Neubau-Standard vor. Spätestens dann könnte man die Förderung mit den gleichen Argumenten streichen wie heute die des EH55.
Standards für Altbauten
Während hinter der künftigen Neubau-Förderung also einige Fragezeichen stehen, hat die Bundesregierung bereits klargemacht, dass bei der künftigen BEG-Förderung die energetische Sanierung von Altbauten verstärkt im Fokus stehen soll. Die BEG-Sanierungsförderung, die im Rahmen der „Notbremse“ vom 24. Januar ebenfalls kurzfristig gestoppt wurde, lief folgerichtig bereits am 22. Februar bei gleichen Förderbedingungen wieder an. Kurz zuvor hatte die Bundesregierung neue Fördermittel in Höhe von rund 9,5 Mrd. Euro bereitgestellt.
Vor dem Hintergrund der Klimaziele der Politik macht der neue Fokus auf die Altbausanierung durchaus Sinn. Laut Klimaschutzgesetz muss Deutschland seine Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor bis 2030 um 65 % senken – bezogen auf das Vergleichsjahr 1990. Und bei der Modernisierung von Altbauten lassen sich nun mal am meisten Treibhausgase einsparen.
Was viele nicht wissen: Man kann auch Altbauten durch Modernisierung auf Effizienzhaus-Niveau bringen. Auch das wurde bisher aus dem BEG-Topf gefördert. Für diese Art der Altbausanierung gab es zuletzt die förderfähigen Effizienzhaus-Stufen 55, 70, 85 und 100. Eine Sanierung zum EH100 bedeutet, dass der Energiebedarf des Altbaus auf den Neubau-Standard des GEG gesenkt wird. Sogar für die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude gibt es eine EH-Stufe. Man spricht hier vom „Effizienzhaus Denkmal“, es könnte aber auch EH160 heißen. Am Ende der Sanierung darf der Energiebedarf nämlich maximal 60 % höher sein als bei einem vergleichbaren Neubau.
Bis vor Kurzem wurde auch der Standard EH115 gefördert. Hier darf der Energiebedarf des sanierten Altbaus bis zu 15 % über dem Neubau-Standard liegen. Natürlich wird das Bauwerk dadurch nicht zum Energiesparhaus . Aber zweifellos lassen sich durch solche Modernisierungen in vielen Fällen große Mengen an Treibhausgasemissionen einsparen. Trotzdem wird die EH-Stufe 115 seit Juli 2021 nicht mehr gefördert. Die energetisch ambitionierteste Variante bei der Sanierung zum Effizienzhaus ist übrigens der Standard EH55 – also genau die Stufe, die nun im Neubau nicht mehr gefördert wird.
Dieser Text ist eine Aktualisierung unseres ursprünglichen Beitrags „Was ist ein KfW-Effizienzhaus?“ von März 2015.