
Im Steildachbereich verlegt man Dampfbremsen vollflächig auf Dämmung und Dachsparren. Foto: Saint-Gobain Isover
Dampfbremse oder Dampfsperre?
Sowohl Dampfbremsen als auch Dampfsperren sind Folienwerkstoffe, die Baustoffe – meist Dämmmaterialien – vor Durchfeuchtung schützen. Sie werden vor allem im Dachbereich eingesetzt. Aber was ist eigentlich der Unterschied zwischen Dampfbremse und -sperre?
Die Energieeinsparverordnung (EnEV) fordert ausdrücklich, dass Neubauten eine luftdichte Gebäudehülle haben müssen. Diese Vorschrift zielt einerseits auf die Verhinderung von Wärmeverlusten durch ein unkontrolliertes Entweichen der Raumluft über Löcher und Ritzen in der Gebäudehülle. Andererseits soll aber auch verhindert werden, dass Wasserdampf durch die Baustoffschichten „wandert“ und dort zu Schimmelpilz-Befall führt.
Durch die Ausbildung luftdichter Schichten erreicht man beide Ziele, denn schließlich erfolgen sowohl der Wärmetransport als auch die Wasserdampfausbreitung über die Luft. Während Dachbaustoffe nach außen hin durch die Dacheindeckung sowie eventuelle Zusatzmaßnahmen wie Unterspannungen und Unterdeckungen vor Feuchtigkeit geschützt sind, wird die Luftdichtheit der Gebäudehülle in Richtung Innenraum durch Dampfbremsen oder eben durch Dampfsperren hergestellt.
Woraus bestehen Dampfbremsen?
Viele Dämmstoffe verlieren rapide an Leistungsfähigkeit, wenn sie feucht werden. Geringe Mengen an Wasserdampf stellen kein Problem dar, gefährlich wird es aber, wenn viel Luftfeuchtigkeit ungebremst in den Dämmstoff eindringt und dort zu flüssigem Wasser kondensiert. Das bewirkt nicht nur eine geringere Dämmfähigkeit, sondern auch eine akute Schimmelgefahr im Bauteil.
Bei der Dämmung von Steildächern versucht man größere Feuchtebelastungen durch die Innenraumluft zu verhindern, indem der Dämmstoff raumseitig durch eine Dampfbremse geschützt wird. Diese wird vollflächig auf Dämmung und Dachsparren verlegt. Sie befindet sich also direkt unter der abschließenden Innenraumverkleidung.
Solche Dampfbremsfolien bestehen meist aus Kunststoffen wie Polyethylen, Polyamid oder PVC. Es gibt aber auch Produkte, die aus imprägnierten Kraftpapieren oder Pappen hergestellt werden. Solche Dampfbremsen sind ökologisch nachhaltiger als Kunststofffolien, weil sie nachwachsende Rohstoffe (Pflanzenfasern) enthalten.
Wie ihr Name schon andeutet, bremsen die Folienwerkstoffe die Wasserdampfdiffusion, ohne sie allerdings komplett zu stoppen. Letzteres wäre in den meisten Anwendungsfällen bauphysikalisch auch kein erstrebenswertes Ziel. Denn wenn man Baustoffe in absolut dichte Folien „einpackt“, verhindert man auch eine mögliche Austrocknung der Materialien, falls diese durch irgendwelche Umstände durchfeuchtet sein sollten.
Was sind Dampfsperren?

Aluminium-Dampfsperre „Difu Stop ALU 1500“ vom Hersteller BWK-Dachzubehör GmbH. Foto: Hersteller
Anders als Dampfbremsen, welche die natürliche Wasserdampfdiffusion nicht vollends unterbinden, sind so genannte Dampfsperren tatsächlich weitgehend dicht – selbst für gasförmige Wassermoleküle. Die Folien bestehen meist aus Aluminium, oder es handelt sich um mehrschichtige Werkstoffe, zu denen in der Regel auch eine Aluminiumschicht gehört. Einige Hersteller bieten auch Mineralwolle-Dämmfilze für die Zwischensparrendämmung an, die raumseitig bereits über eine dampfdichte Alukaschierung verfügen.
Was aber heißt nun eigentlich wasserdampfdicht oder anders gefragt: Wann wird die „Bremse“ zur „Sperre“? Nach der DIN 4108-3 sind Dampfsperren Baufolien mit einem sd-Wert von mindestens 1.500 m. Bei geringeren Werten stuft man die Folien als Dampfbremsen ein. Was theoretisch eindeutig definiert scheint, läuft in der Verkaufspraxis allerdings ziemlich durcheinander. Viele Hersteller vermarkten nämlich auch Folien als Dampfsperren, bei denen der sd-Wert deutlich unterhalb von 1.500 m liegt. Man muss festhalten, dass die Begriffe Dampfbremse und Dampfsperre am Markt alles andere als einheitlich verwendet werden. Wer gezielt eine wirklich dampfdichte Folie sucht, sollte daher auf einen sd-Wert ≥ 1.500 m achten.
In der Baupraxis hat sich mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt, dass absolut dichte Folien für die meisten Anwendungsfälle gar nicht notwendig und oft sogar schädlich sind. Wie Dampfsperren im Dachbereich schlimmstenfalls zu schweren Schimmelschäden führen können, weil feuchte Dämmstoffe und Holzbauteile auch im Sommer nicht mehr austrocknen, haben wir auf baustoffwissen.de bereits im Beitrag „Folien gegen Feuchtigkeit“ erläutert.
Wann benötigt man eine Dampfsperre?
Bei Steildächern in normalen Wohnhäusern werden Dampfsperren auf der Innenraumseite allenfalls noch dann eingesetzt, wenn sichergestellt ist, dass Wasserdampf zumindest nach außen diffundieren kann. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn oberhalb der Dämmstoffebene – also unterhalb der Dacheindeckung – eine wasserdampfdurchlässige Unterspannbahn verlegt wurde. Im Prinzip lässt sich aber sagen, dass das Standardprodukt im Wohnungsbau heute die Dampfbremse ist. Auch die Europäische Gesellschaft für gesundes Bauen und Innenraumhygiene (EGGBI) empfiehlt, wann immer möglich, den Einsatz von Dampfbremsen, da damit das Wohnraumklima positiv beeinflusst werde.
Dampfsperren haben sich dagegen zu einem Nischenprodukt entwickelt, das fast nur noch für Spezialanwendungen gebraucht wird. In der Regel sind das Fälle, bei denen Feuchtigkeit dauerhaft nur von einer Seite in ein Bauteil einzudringen droht – und zwar durch Wasserdampfdiffusion von einem dauerhaft warmen in einen dauerhaft kälteren Bereich. Das gilt zum Beispiel für ein Dampfbad, bei dem die warme-feuchte Luft „ins Freie drängt“. Umgekehrt verhält es sich bei einem Kühlraum, in dem die Luft stets extrem kalt und trocken ist. Hier hat die Luftfeuchtigkeit von draußen die Neigung, in den Kühlraumbereich zu fließen – notfalls in Form von Wasserdampfdiffusion durch Bauteile.
In solchen Extremfällen ist die Verlegung von Dampfsperren auf der warmen Wandseite in der Regel unumgänglich. Es gilt hier einfach zu verhindern, dass große Mengen Wasserdampf durch die Baustoffschichten wandern und dann in den kälteren Wandbereichen als flüssiges Wasser kondensieren. In normalen Wohnbereichen sind solche extremen klimatischen Verhältnisse aber nicht üblich. Deshalb ist dort die Dampfbremse eindeutig die bessere Wahl.
Über den Autor
Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für
BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin
BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift
baustoffpraxis.
Kontakt:
freierjournalist@rolandgrimm.com
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